Tibet brauche endlich
eine „echte Autonomie“. Mit diesem Appell hat sich der Dalai Lama am Dienstag an die
chinesische Regierung gewandt. Anlass seiner Forderung war der Gedenktag zum Tibet-Aufstand
vor 50 Jahren. Seit die Volksrepublik China das tibetische Hochland in den fünfziger
Jahren annektiert habe, seien Tausende Tibeter getötet worden; die Überlebenden fänden
sich in einer „Hölle auf Erden“, so der Dalai Lama im indischen Dharamsala. Über die
Lage in Tibet sprach Radio Vatikan mit Eva Pföstl. Die Tibet-Expertin ist Politikwissenschaftlerin
an der katholischen Universität Pius V. in Rom. Damit es zu einem freundschaftlichen
Zusammenleben beider Völker in der Region kommen kann, müsse sich vor allem China
dem Dialog öffnen, so Pföstl. „Die nackten Zahlen sprechen von
einer fast hoffnungslosen Sache der Tibeter. Denn den sechs Millionen Tibetern stehen
heute in Tibet nach Angaben der Exilregierung bereits siebeneinhalb Millionen Chinesen
gegenüber. …Außerdem ist China eine aufsteigende Weltmacht und zugleich Nuklearmacht,
ständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat…und trotzdem vermag China die Tibetfrage nicht
zu seinen Gunsten zu lösen.“
Der Dalai Lama sei in der schwierigen Lage,
nicht nur religiöses Oberhaupt der Tibeter zu sein, erklärt Pföstl. Ihm falle zugleich
auch eine politische Rolle zu, und zwar, weil die tibetische Exilregierung international
kaum anerkannt sei. Diese Doppelrolle des Dalai Lama führe immer wieder zu Spannungen
mit der Volksrepublik China – etwa wenn er sich mit Staatsoberhäupten anderer Nationen
treffe. Mögliche Wege aus dem Konflikt seien erstens deutliche Zeichen der internationalen
Gemeinschaft und zweitens Verhandlungsbereitschaft bei China, meint Pföstl. Mit Blick
auf westliche Staaten sagt sie:
„Man könnte auf jeden
Fall den Premierminister einladen - und man könnte versuchen, mit den Chinesen einen
konstruktiven Dialog zu beginnen. Und ein solcher konstruktiver Dialog kann nur begonnen
werden, indem von Seiten der internationalen Gemeinschaft Druck auf die Chinesen ausgeübt
wird... und wenn dann auch von China eine Öffnung erfolgt.“