2009-03-05 10:49:27

Schweizer Bischöfe: „Befremden und Sorgen“


Die Bischöfe haben dem Päpstlichen Nuntius in der Schweiz „ihr Befremden und die Sorgen der Gläubigen“ im Zusammenhang mit dem Skandal um die Piusbruderschaft vorgetragen. Das wurde nach Abschluß ihrer Frühjahrs-Vollversammlung in Chur bekannt. „Offensichtlich war die Aufhebung der Exkommunikation der vier Bischöfe zu wenig sorgfältig vorbereitet, und es gab auch schwerwiegende Mängel bei der Information der Bischöfe, der Gläubigen und der Öffentlichkeit durch die vatikanische Kurie“, so die Schweizer Bischöfe. „Die Ereignisse der vergangenen Wochen haben erneut zu Polarisierungen geführt.“ Daher laden sie für Pfingstmontag zu einer Wallfahrt nach Einsiedeln ein, „um das Anliegen der Einheit der Kirche im Gebet vor Gott zu tragen“. Ab 2011 wollen die Schweizer Bischöfe einen „Dies Iudaicus“ einführen – „als besonderen Tag der Erinnerung an unsere jüdischen Wurzeln“.

Hier dokumentieren wir das Schluß-Statement der Schweizer Bischofskonferenz im vollen Wortlaut.

 
Die Schweizer Bischofskonferenz (SBK) hat sich in Chur vom 2. bis 4. März 2009 im Priesterseminar St. Luzi zur 283. Ordentlichen Versammlung getroffen.

Folgende Hauptthemen sind behandelt worden:

Aufhebung der Exkommunikation der Lefebvre-Bischöfe
Die Bischöfe und Territorialäbte erörterten die schwierige Situation, die sich aus der Aufhebung der Exkommunikation der vier Bischöfe der Priesterbruderschaft St. Pius X. ergeben hat. Zahlreiche Reaktionen zeigten die grosse Besorgnis vieler Menschen in- und ausserhalb der Kirche über diesen Schritt, namentlich angesichts der Leugnung der Schoa durch Bischof Richard Williamson.
Papst Benedikt XVI. hat einen öffentlichen und eindeutigen Widerruf verlangt, der bisher nicht geschehen ist. Die Bischofskonferenz erinnert daran, dass die Aufhebung der Exkommunikation noch nicht die Rehabilitierung oder Wiedereingliederung in die Gemeinschaft der katholischen Kirche bedeutet, sondern erst die Eröffnung eines Weges zur Versöhnung. Die vier Bischöfe bleiben weiterhin suspendiert. Deshalb bleibt ihnen untersagt, das Bischofs- und Priesteramt auszuüben. Der Vatikan hat in mehreren Stellungnahmen betont, dass für eine künftige Anerkennung der Bruderschaft St. Pius X. die volle Anerkennung des Zweiten Vatikanischen Konzils und des Lehramtes der Päpste Johannes XXIII., Paul VI., Johannes Paul I., Johannes Paul II. sowie Benedikt XVI. eine unerlässliche Bedingung ist. Im Sinne dieser Päpste ist das Leben der Kirche vor und nach dem Konzil als Erneuerung in der Kontinuität und nicht als Bruch zu verstehen.
Die Bischöfe trugen dem Apostolischen Nuntius in der Schweiz, Erzbischof Francesco Canalini, ihr Befremden und die Sorgen der Gläubigen vor. Offensichtlich war die Aufhebung der Exkommunikation der vier Bischöfe zu wenig sorgfältig vorbereitet, und es gab auch schwerwiegende Mängel bei der Information der Bischöfe, der Gläubigen und der Öffentlichkeit durch die vatikanische Kurie. Die Bischöfe und der Nuntius bedauern diese Fehler.
Die Ereignisse der vergangenen Wochen haben erneut zu Polarisierungen geführt. Die Bischöfe laden die Gläubigen zu einer Wallfahrt am Pfingstmontag, 1. Juni nach Einsiedeln ein, um das Anliegen der Einheit der Kirche im Gebet vor Gott zu tragen.

Ablehnung der Minarett-Initiative
Die Minarett-Initiative ist nicht geeignet, die Probleme des Zusammenlebens der Schweizer Bevölkerung und der Muslime zu lösen; sie kann diese Probleme nur verschärfen und immer unlösbarer machen. Am besten wäre es, dass die Initiative zurückgezogen würde, sonst bleibt nur die Ablehnung.

„Businessplan“ für die katholische Medienarbeit
Die SBK stimmte dem „Businessplan für die Weiterentwicklung der Kommunikations- und Medienarbeit der katholischen Kirche in der Schweiz“ zu. Das Dokument ist im Auftrag der Bischofskonferenz von Dr. Jean-Paul Rüttimann, unterstützt von weiteren Kommunikationsexperten, ausgearbeitet worden. Zielsetzung des Plans ist, die geeigneten Voraussetzungen zu schaffen, damit sich die katholische Kirche in der Schweiz in der modernen Kommunikationsgesellschaft behaupten kann. Die Finanzierung der darin genannten Vorhaben ist noch nicht gesichert. Eine Konsultation im Kreis der Mitglieder der Römisch-katholischen Zentralkonferenz, auf deren Unterstützung die Bischofskonferenz baut, ist derzeit im Gang.

Bericht über die Restrukturierung der Seelsorge in den Schweizer Diözesen
Die Bischöfe und Territorialäbte genehmigten den Bericht der Pastoralplanungskommission (PPK) „Restrukturierung der (Pfarrei-)Seelsorge in den Schweizer Diözesen – Bestandsaufnahme und pastorale Perspektiven“. Er dient den Diözesen dazu, die realisierten Schritte zu prüfen und weitere zu planen. Die Bischofskonferenz erteilte der PPK den Auftrag, den Bericht zu veröffentlichen.

Gebetstag für die Kirche in China
Die Bischöfe setzten sich mit der Lage der Kirche in China auseinander. Auf Anregung von Papst Benedikt XVI. wird der 24. Mai alljährlich als Gebetstag für die Kirche in China begangen. Die Bischöfe rufen die Gläubigen auf, an diesem Tag besonders für die Kirche in China zu beten. In Einsiedeln findet am 24. Mai ein Wallfahrtstag statt, der besonders von Christinnen und Christen aus China mitgetragen ist.

Begegnungen
- Wie üblich hat der Apostolische Nuntius in der Schweiz, Erzbischof Francesco Canalini, der Versammlung der Bischofskonferenz einen freundschaftlichen Besuch abgestattet, begleitet von seinem ersten Sekretär, Msgr. Seamus Patrick Horgan (siehe oben).

- Der kürzlich zum Weihbischof von Köslin-Kolberg ernannte Msgr. Krzysztof Zadarko sowie der Nationalkoordinator für die Polenseelsorge, Msgr. Dr. Slawomir Darius Kawecki, dankten den Bischöfen für ihr Wohlwollen. Msgr. Zadarko ist noch bis Ostern in der Polenseelsorge in Zürich tätig und wird am 25. April zum Bischof geweiht. Er zeigte sich von der Mitarbeit der Laien in den schweizerischen Kirchenstrukturen beeindruckt.

- Professor Dr. Martin Klöckener, Freiburg i. Ü., informierte die Bischofskonferenz über den Stand der Arbeiten an der neuen deutschsprachigen Ausgabe des Messbuchs. Der Liturgiewissenschaftler ist im Auftrag der SBK Mitglied des „Forums Liturgie im deutschsprachigen Sprachgebiet“ und Mitglied der Übersetzergruppe „Orationen“ der internationalen bischöflichen Kommission „Ecclesia celebrans“.

In Kürze
- Die Bischöfe legten das Motto zum Sonntag der Völker vom 8. November 2009 fest. Es lautet: „Migranten, eine Chance für die Evangelisation.“

- Schon vor längerer Zeit wurde der Wunsch geäussert, einen besonderen Tag der Erinnerung an unsere jüdischen Wurzeln zu begehen. Die SBK stimmte zu, ab 2011 einen „Dies Iudaicus“ einzuführen. Datum und Ausgestaltung dieses Tages werden von der Jüdisch/Römisch-katholischen Gesprächskommission beraten.

- Der Jahresbericht 2008 der Bischöflichen Nationalkommission Justitia et Pax wurde zustimmend zur Kenntnis genommen.

Ernennungen
- Abbé Jean Jacques Theurillat, Delsberg, und Dr. Christian Cebulj, Professor für Religionspädagogik und Katechetik an der Theologischen Hochschule Chur, wurden zu Mitgliedern der Evangelisch/Römisch-katholischen Gesprächskommission der Schweiz (ERGK) ernannt.

- Die SBK berief Dr. Christine Lienemann, Professorin für Ökumene, Mission und interkulturelle Gegenwartsfragen, Basel, zum Mitglied der Arbeitsgruppe „Asiatische und afrikanische Religionen“.

- Zu Mitgliedern der Medienkommission ernannt wurden Patrizio Tito Malaguerra, Cureglia TI, Bernard Litzler, Lausanne VD, und Werner De Schepper, Olten SO.

- Mitglieder der Expertenkommission Kirche-Staat sind Professor Dr. Libero Gerosa (Präsident), Lugano, Professor Dr. Yvo Hangartner, Gossau SG, Dr. Philippe Gardaz, Lausanne, Urs-Viktor Berger, Triengen LU, Georgio Prestele, Zürich, Bischofsvikar Dr. Martin Grichting, Chur, und Dr. Claudius Luterbacher, St. Gallen.

- Die Bischofskonferenz bestätigte die Wahl von Dr. Arnd Bünker, Münster/Westfalen, zum Leiter des Schweizerischen Pastoralsoziologischen Instituts (spi) und zum Geschäftsführer der Pastoralplanungskommission (PPK).

- Zum Nationaldelegierten für die Eucharistischen Kongresse ernannte die Schweizer Bischofskonferenz Pfarrer Martin Camenzind, Cazis GR.

- Zu Mitgliedern des Schweizerischen katholischen Missionsrates berufen wurden Schwester Wilhelma Kaspers, Ilanz GR, und Mathieu Moggi, Bellinzona.

- Die Bischofskonferenz bestätigte die Wahl von Pfarrer Andreas Gschwind, Utzensdorf BE, zum Mitglied der Kommission Bischöfe-Priester.

(pm/rv 05.02.2009 sk)








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