2009-02-26 11:22:03

Kardinal Sodano antwortet auf Hans Küng – „Fühle mich innerlich verletzt“


RealAudioMP3 Das ist ungewöhnlich für den Vatikan: Der Dekan des Kardinalskollegiums antwortet auf Kritik von Hans Küng am Papst. In einem Gespräch mit Radio Vatikan reagiert Kardinal Angelo Sodano, langjähriger Kardinalstaatssekretär unter Johannes Paul II. und Benedikt XVI., auf ein Interview des bekannten Tübinger Theologen und Religionswissenschaftlers. Küng, dem vor etwa dreißig Jahren die kirchliche Lehrerlaubnis entzogen wurde, hatte unter anderem geäußert: „Viele Katholiken erwarten nichts mehr von diesem Papst.“ Dazu Sodano:

„Mich hat das heute Morgen innerlich verletzt, als ich das Interview gelesen habe. Professor Küng hat es offenbar der französischen Tageszeitung „Le Monde“ gegeben, und in Italien wurde es dann von „La Stampa“ wiederabgedruckt. Wenn der Text exakt ist, dann fühle ich mich in der Pflicht, zu sagen, dass es da um unbestimmte und nicht belegte Behauptungen geht. Ich persönlich bin ein Zeuge des Einsatzes des Heiligen Vaters, um aus der Kirche eine Familie zu machen – eine Familie der Kinder Gottes.“

Küng, der im Tübingen der sechziger Jahre eine Weile Kollege des damaligen Professors Joseph Ratzingers, heute Papst Benedikt, war, hatte in der Mittwochsausgabe von „Le Monde“ u.a. zum Fall Richard Williamson Stellung bezogen. Dabei kritisierte er die Entscheidung des Papstes, die Exkommunikation des britischen Bischofs und Holocaust-Leugners aufzuheben: „Auch wenn der Papst von der Holocaust-Leugnung nichts wusste und sicher auch selbst nicht antisemitisch ist, so wusste doch jeder, dass die vier betroffenen Bischöfe antisemitisch eingestellt sind“, so Küng. Gerade als Deutscher hätte Benedikt XVI. die Reaktionen voraussehen müssen. Er habe jedoch die Gefahr nicht in Betracht gezogen. Kardinal Sodano:

„Eine brüderliche Kritik ist in der Kirche immer möglich, schon seit den Zeiten der heiligen Petrus und Paulus. Aber eine bittere Kritik, noch dazu so unbestimmt, trägt nicht zur Einheit der Kirche bei, für die Papst Benedikt XVI. sich so sehr einsetzt. Der Heilige Geist hat ihn dazu bestimmt, in diesem wichtigen Moment ihrer Geschichte die heilige Kirche Gottes zu lenken.“

Küng hatte außerdem kritisiert, dass Benedikt XVI. immer in kirchlichem Umfeld gelebt habe und wenig gereist sei. „Er ist im Vatikan eingeschlossen geblieben (...), wo er vor Kritikern geschützt ist.“ In diesem Punkt sei der Vatikan wie der Kreml, so Küng weiter. Die Kirche drohe „sich in Richtung einer Sekte zu entwickeln“. Kardinal Angelo Sodano reagiert allerdings auch empfindlich darauf, wie begierig internationale Medien derzeit jede Kritik am Papst aufgreifen und weitertragen.

„Ich begreife nicht, wie eine bekannte italienische Tageszeitung, die das Werk des Papstes eigentlich gut kennt, diesem Interview so breiten Raum geben konnte. Sie hat ihm außerdem einen Titel gegeben, der dem französischen Original nicht entspricht und in dem vom Ökumenischen Konzil von Nizäa von 325 in der heutigen Türkei irrtümlich so gesprochen wird, als gehe es da um ein Konzil in Nizza!“

Schon kurz nach seiner Wahl zum Papst hatte sich Papst Benedikt im Sommer 2005 mit Küng in Castel Gandolfo zu einem ausführlichen Meinungsaustausch getroffen. Der gebürtige Schweizer Theologe hat sich im Einsatz für ein „Weltethos“ und das interreligiöse Gespräch einen Namen gemacht. Um eine erneute kirchliche Lehrerlaubnis hat Küng nicht gebeten. Sodano hat in den neunziger Jahren als Kardinalstaatssekretär von Papst Johannes Paul II. öffentlich aus Schriften Küngs zitiert.

(rv 26.02.2009 sk)







All the contents on this site are copyrighted ©.