2009-02-19 13:34:02

Vatikan/Israel: „Papstbesuch als weiterer Schritt der Annäherung"


RealAudioMP3 Voraussichtlich im Mai reist Papst Benedikt ins Heilige Land - die offizielle Bestätigung durch den Vatikan kommt voraussichtlich im März, doch der Papst selbst hatte diese Visite im Gespräch mit jüdischen Repräsentanten aus den USA bereits angekündigt. Nach dieser Audienz hatte Israels Regierung in einer Sondersitzung beschlossen, Benedikts Besuch "höchste Priorität" einzuräumen. All die jüngsten Querelen, Stichwort: Affäre Williamson, hatten die Reisevorbereitungen nicht zum Erliegen gebracht. Gudrun Sailer hat über die bevorstehende Visite mit Mordechay Lewy gesprochen, Israels Botschafter beim Heiligen Stuhl, und wollte zunächst von ihm wissen, wie er die Bedeutung der Papstvisite in Israel einordnen würde.

„Man muss sich an die vorherigen Besuche der Päpste erinnern – es gab ja schon zwei. Übrigens jeder mit einem eigenen Vorzeichen. Wenn man das vergleicht, kann man eine sehr interessante Entwicklung sehen, die ich als „politisches Upgrading“ bezeichnen würde.1964 machte Papst Paul VI. eine Pilgerreise in einer Gegend, in der er, politisch gesehen, überhaupt keine Kontakte hatte – weder mit Jordanien noch mit Israel. Der Besuch war auf ein minimales Zusammentreffen mit den offiziellen Stellen beschränkt. Das galt nicht mehr beim zweiten Besuch, jenem von Johannes Paul II. Dieser hat seinen Besuch in den großen Rahmen der Millenniumsfeiern eingebettet, sodass das auch ein Megaereignis war. Der dritte im Bunde ist der jetzige Heilige Vater, Benedikt XVI., der sowohl als Pilger ins Land kommt wie auch als Oberhaupt des Staates Vatikan. Sodass auch hier ein offizielle Einladung von einem Staatsoberhaupt, nämlich Präsident Perez, an den Papst als Staatsoberhaupt und nicht nur als Kirchenoberhaupt erging. Diese beiden Dimensionen werden diesen Besuch gestalten und begleiten. Die Tatsache, dass das auch eine politische Dimension hat, würde ich unterstreichen."

Wie wird sich diese politische Dimension äußern?

„Der Papst wird natürlich vom Präsidenten empfangen werden, und zwar nicht nur am Flughafen, sondern auch im Präsidentenpalast in Jerusalem. Das etwa sind Sachen, die es zwar auch bei Johannes Paul II. gegeben hat, aber damals glaube ich nicht, dass es einen Einladungsbrief des Staatspräsidenten an das Staatsoberhaupt gegeben hat. Zumindest habe ich gesucht und keinen gefunden!“

Einige Stimmen sagen, Israel wünscht sich ein besseres Außenbild in der Weltöffentlichkeit und ist deshalb daran interessiert, dass die Reise des Papstes ins Heilige Land erstens stattfindet und zweitens glückt. Wie schätzen Sie das ein?

„Nein, ich würde das nicht so sehen. Ich sehe aber wohl, dass wir seit längerer Zeit ein gutes Verhältnis zur christlichen und katholischen Welt suchen. Trotz der Missverständnisse und der Schwierigkeiten, von denen wir alle wissen in den letzten Wochen. Ich denke, das spricht für das gemeinsame Interesse sowohl der katholischen Kirche als auch Israels, dass man trotz der Unwegsamkeiten, die ausgeglichen worden sind, immer im Auge gehabt hat, dass man ein gemeinsames Interesse hat, vielleicht im selben Boot sitzt, und dass man immer daran denken muss, wie man aus solchen Krisen auch herauskommt. Und ich glaube, das ist durchaus ein diplomatischer Erfolg, dass trotz aller Unkenrufe die Sachen auf beiden Seiten geglättet worden sind, und dass wir diesen Besuch als weiteren Schritt der Annäherung sehen. Deswegen sehe ich da keinen zusätzlichen Aspekt, der irgendwie mit den vorherigen kriegerischen Auseinandersetzungen in Gaza zu tun hätte – das hat damit überhaupt nichts zu tun.“

Was denken eigentlich die Israelis über den Papst?

„Ich glaube, dass das Gesamtverhältnis zwischen Juden und Katholiken nicht einfach ist. Es ist ein großer Teil, der sich gar nicht am Dialog beteiligt. Da dürfen wir keine Illusionen hegen. Nur ein Bruchteil der Juden ist aktiv im Dialog. Ich hoffe, dass diese Kreise sich weiter ausbreiten. Ich glaube, vor allem gibt es eine Gleichgültigkeit. Es ist nicht in deren Prioritäten. Eines der Indizien dafür ist meiner Meinung nach: Die Wogen der Entrüstung nach der Affäre Williamson waren in der jüdischen Welt – spezifisch in Israel - relativ milde, wenn man das mit Deutschland vergleicht. Ich glaube, der Grund dafür war, dass wir wirklich mit anderen Dingen beschäftigt waren. Ich möchte daraus nicht schließen, dass die Sache weniger ernst beurteilt worden ist oder nicht – die Schlagzeilen galten vielmehr der Wahl in Israel und vielleicht der Berichterstattung über Gaza und deren Ausläufer, sodass für diese Sache weniger Platz eingeräumt worden ist.

In den vergangenen Monaten und Jahren des Benedikt-Pontifikates gab es also Dinge, die in Israel für mehr Aufsehen gesorgt haben als die Affäre rund um den Holocaust-Leugner Williamson – ich denke an die Karfreitagsfürbitte und die mögliche Seligsprechung für Papst Pius XII. – hat man das in Israel tatsächlich als verletzender empfunden als die unerträglichen Äußerungen Williamsons?

„Ich glaube, die Karfreitagssache war eine Sache von Insidern. Um das zu verstehen, muss man einiges mitbringen, um die verschiedenen Formulierungen und deren Implikationen zu verstehen. Innerhalb derjenigen, die Dialog geführt haben, gab es eine Welle von Entrüstung. Darum konnte man durchaus differenzieren, dass die liberaleren Kreise, die vielleicht den Dialog auch mit einem größeren Erwartungshorizont hatten, viel enttäuschter waren als die orthodoxen, die sowieso sehr bescheiden in ihren Erwartungen sind.“

Und die mögliche Seligsprechung für den Weltkriegspapst Pius XII.?

„Da muss ich sagen, dass wir diplomatisch die Differenzierung zwischen internen Angelegenheiten und eigentlichen bilateralen Problemen unterscheiden konnten, und das wurde mehr oder weniger auch angenommen außer einem berühmten Fall, vom Minister Herzog, der das fast als eine persönliche Sache angesehen hat, weil seine Familie betroffen war – sein Großvater war ja der Großrabbiner Herzog, also da gab es einen persönlichen Couleur, sodass er es sich nicht nehmen lassen konnte, sich dazu zu äußern. Aber grosso modo war das kein Thema.“

Nichtsdestotrotz meinen viele, diese Papstreise ins Heilige Land sei eine besonders heikle Visite. Ihrer Einschätzung nach, Herr Botschafter: Was könnte man dem Papst raten, zu tun oder nicht zu tun, wenn er ins Heilige Land kommt, damit diese Visite gute Frucht bringt?

„Oh, ich glaube, wir würden den Heiligen Vater unterschätzen, wenn wir ihm da Ratschläge geben. Wir haben ihn jetzt beim letzten Treffen mit US-jüdischen Repräsentanten gesehen, und die Verlautbarung, die er formuliert hat, lässt nichts zu wünschen übrig. Ich glaube nicht, dass er arm an Ratschläge ist, er weiß ganz genau, wie er das handhaben wird, und er weiß auch, wie sich sein Vorgänger da sehr gut bewährt hat – ich habe da keine Zweifel.“

Nun, zwischen dem Jahr 2000, als Johannes Paul II. im Heiligen Land war, gab es ganz konkret in Israel nochmals die diplomatische Verstimmung rund um die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem und die kritische Bildunterschrift zu einem Foto von Papst Pius XII. Papst Benedikt wird in Yad Vashem wohl auch Station machen, wie lösen Sie diese Aufgabe?

„Das ist kein Thema, weil wir wahrscheinlich eine Lösung anbieten werden, die wahrscheinlich auch akzeptiert wird, die dieses Problem umgeht.“

Und wie sieht diese Lösung aus, können Sie uns das verraten?

„Nein, das werden Sie dann selber sehen...!“


(rv 18.02.2009 gs)







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