Wie funktioniert eigentlich
eine Bischofsernennung in Österreich? Wir sprachen mit einem in Rom lehrenden Kirchenrechtler,
P. Markus Graulich SDB.
In letzter Instanz befindet über jeden Bischof der
katholischen Weltkirche der Papst. Normalerweise folgt man dem allgemeinen Kirchenrecht,
in bestimmten Ländern ist die Ernennung von Bischöfen in Konkordaten geregelt – so
auch in Österreich. Allerdings: die Bestimmungen im Konkordat beziehen sich nicht
auf Weihbischöfe, sondern ausschließlich auf Diözesanbischöfe. Das heißt, sagt Pater
Markus Graulich, …
„Ausnahmen gibt es nur im Hinblick auf die Diözesanbischöfe,
und für die Weihbischöfe gilt – in Österreich – das allgemeine Kirchenrecht.“
Im
allgemeinen Kirchenrecht heißt es zur Ernennung von Weihbischöfen,
„dass
der Diözesanbischof, der der Meinung ist, seine Diözese braucht einen Weihbischof,
dem Heiligen Stuhl drei Priester vorschlägt, die er dafür als geeignet empfindet,
und der Heilige Stuhl kann aus dieser Liste auswählen, er kann aber auch aus anderen
Listen auswählen, die ihm schon vorliegen.“
Auch diese „anderen Listen“,
auf denen Namen möglicher zukünftiger Weih- oder Diözesanbischöfe stehen, sind vom
Gesetzbuch der Kirche geregelt.
„Es gibt im Kirchenrecht die Vorschrift,
dass jede Bischofskonferenz alle drei Jahre unabhängig von einem konkreten Amt – Diözesan-
oder Weihbischof – dem Heiligen Stuhl Namen nennt von Priestern, die grundsätzlich
geeignet sind, Bischof zu werden. Es kann aber auch jeder einzelne Diözesanbischof
dem Heiligen Stuhl nochmals Listen einreichen, die nicht identisch sein müssen.“
Diese
Kandidaten bleiben dann mitunter lange in Evidenz. Eine Regel, wonach ein Kandidat
fürs Bischofsamt ausscheidet, wenn beispielsweise der ihn vorschlagende Diözesanbischof
sein Amt nicht mehr innehat, gibt es nicht.
„Nein, diese Listen bleiben
zunächst da, und es kommt drauf an, wie oft diese Namen auftauchen. Es kann ja sein,
dass eine Bischofskonferenz Namen immer wieder vorschlägt oder einzelne Bischöfe Namen
immer wieder ins Gespräch bringen. Solange diese Namen auf Listen stehen, die aktuell
sind, können sie in Erwägung gezogen werden, unabhängig davon, ob die Kandidaten des
konkreten Diözesanbischofs, der nach reiflicher Überlegung zu dem Entschluss gekommen
ist, dass seine Diözese einen Weihbischof braucht, nun auf dieser Liste auch draufstehen.“
Eine besondere Rolle kommt beim Vorgang der Bischofsernennung dem Nuntius
zu, erinnert P. Graulich. Der päpstliche Diplomat hat den so genannten Informativprozess
zu führen. Auch dieser ist im Kirchenrecht geregelt.
„Der Nuntius muss
bestimmte Gremien hören, z.B. die Bischöfe oder einen Teil des Priesterrates, der
aber in Deutschland und Österreich aus geschichtlichen Gründen durch das Domkapitel
ersetzt ist. Der Nuntius kann andere Priester aus dem Welt- und Ordensklerus sowie
auch Laien hören. Ihnen allen legt er eine Fragenliste über den Kandidaten vor, über
seine Lebensumstände und seine Lebensführung, seine Haltung im Hinblick auf das Lehramt
des Papstes, auf Fragen von Moral, von Lehre, von Disziplin, ob er z.B. Priesterkleidung
trägt. Insofern als der Heilige Stuhl das nicht direkt machen kann, kommt dem Nuntius
da eine bedeutende Rolle zu, denn er wählt diese Personen ja aus, die er befragt.“
Um
das Bild von einem Bischofskandidaten abzurunden, kann der Nuntius auch etwa Zeitungsinterviews
des Betreffenden studieren, meint P. Graulich.
„Sagen wir so, wenn ich
Nuntius wäre, würde ich das tun. Denn ich vergleiche es mit unseren Ernennungen hier
in Rom. Wenn wir zum Professor ernannt werden, werden wir ja auch geprüft vom Heiligen
Stuhl, ob wir an einer päpstlichen Universität unterrichten können, und es wird jede
Zeile, die wir geschrieben haben, vorgelegt. Und ich denke, dass das Amt des Bischofs
nochmals anders gewichtet ist als das Amt eines Universitätsprofessors. Zu Publikationen
gehören auch öffentliche Äußerungen.“
Im Fall einer Bischofsernennung laufen
die Informationen – sofern es sich nicht um ein Missionsland handelt – zwischen der
Nuntiatur und der römischen Bischofskongregation, die solche Ernennungen für den Papst
aufbereitet. Das Staatssekretariat ist nicht zwischengeschaltet. Die letzte Entscheidung
liegt beim Papst selbst.
Der Fall des Auxiliars in Linz ist besonders. Benedikt
XVI. hatte Gerhard Wagner ernannt und dieser hatte davor zugesagt, doch nun bittet
er den Papst, seine Ernennung zurückzunehmen. Kirchenrechtlich ist das einzigartig,
sagt der Salesianerpater:
„Heute haben Studenten mich gefragt, ob es jemals
schon so etwas gegeben hat, und meines Wissens gab es diese Situation noch nicht.
Ich kenne Mitbrüder, die eine Ernennung abgelehnt haben; das ist ein Vorgang den es
häufiger gibt. Aber dass jemand darum bittet, seine Ernennung zurückzunehmen, wüsste
ich nicht, dass es schon mal passiert ist. Und es ist rechtlich schwer fassbar, denn
ich kann nicht von einem Amt zurücktreten, das ich noch nicht habe. In dem Fall ist
es auch kein Rücktritt, sondern er bittet den Papst, von der Ernennung Abstand zu
nehmen. Und dazu haben wir bisher keine Reaktion des Papstes, die uns bekannt ist.
Aus den Reaktionen von Bischof Schwarz können wir schließen, dass man damit rechnet,
dass es so genehmigt wird, aber der Papst ist frei in diesen Dingen.“
Graulich
erinnert daran, dass ein Diözesanbischof, der Unterstützung in der Ausübung seines
Amtes braucht, mehrere Möglichkeiten hat. Es muss nicht unbedingt ein Weihbischof
sein.
„Wenn Sie im Direktorium für den Hirtendienst der Bischöfe lesen,
Nr. 71, wo es auch um Weihbischöfe geht: Da heißt es, man muss genau prüfen, ob man
wirklich einen Weihbischof braucht. Oder kann man das auch durch die Ernennung von
Bischofsvikaren regeln: Braucht der Diözesanbischof einfach jemanden, der ihn generell
unterstützt in seinen Pontifikathandlungen für Firmungen, Kirchweihen, und wo man
eben einen Bischof braucht, oder will er ihm eine bestimmte Gruppe übertragen. Wenn
er sagt, ich muss unbedingt jemanden haben, der sich um die Medien kümmert, kann man
dafür auch einen Priester als so genannten Bischofsvikar ernennen. Der muss nicht
die Bischofsweihe haben – der sollte kompetent sein.“
Graulich interpretiert
– so wie andere Kirchenrechtler – die entsprechende Passage des Direktoriums so,
„dass
der Hl. Stuhl sagt, wenn man es vermeiden kann, Weihbischöfe zu ernennen, soll man
es auch tun. Es scheint die Tendenz zu geben, lieber wenige Weihbischöfe. Zum Beispiel
haben wir in der Deutschen Bischofskonferenz ungefähr zwei Drittel Weihbischöfe und
ein Drittel Diözesanbischöfe. Das heißt, die Weihbischöfe können die Diözesanbischöfe
bei Entscheidungen überstimmen. Und es sind aber eigentlich die Diözesanbischöfe,
die sozusagen bestimmen sollten, wo es langgeht.“