2009-02-18 14:38:55

Exklusiv-Interview mit Kardinal Walter Kasper zur Ökumene nach dem Lefebvre-Fall


RealAudioMP3 Hier lesen und hören Sie das Exklusiv-Interview mit Kardinal Walter Kasper, Präsident des Päpstlichen Rates für die Einheit der Christen. Das Gespräch führte Mario Galgano.

Herr Kardinal, der evangelische Bischof Wolfgang Huber von Berlin hat sich ja besorgt geäußert über die negativen ökumenischen Auswirkungen der Aufhebung der Exkommunikation dieser vier Bischöfe der Bruderschaft Pius X. Was sagen Sie dazu?

„Die Position der katholischen Kirche zur Ökumene ist seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil völlig klar. Ökumene ist für uns nicht eine Option, sondern eine Pflicht, die in der Botschaft Jesu begründet ist. Das gilt auch für den Papst. Genau an demselben Wochenende, wo dieses Dekret über die Aufhebung der Exkommunikation der vier Bischöfe der Bruderschaft Pius X. bekannt gegeben worden ist, hat der Papst in einer Predigt in St. Paul vor den Mauern zum Abschluss der Gebetswoche für die Einheit der Christen sich ausdrücklich, mit aller Deutlichkeit zur ökumenischen Bewegung bekannt. Ich kenne gar keinen anderen Kirchenführer, der so oft, so eindringlich und so klar über die Ökumene spricht und sich zur Ökumene bekennt. Dem Papst das Gegenteil zu unterstellen, ist ungerecht und geht an der Sache vorbei.“

Viele Gläubige, also Katholiken, befürchten, dass das Zweite Vatikanische Konzil zur Diskussion steht, wenn es um dieses Thema geht und sie an die Pius-Bruderschaft denken. Was sagen Sie dazu, auch im Bezug auf die Pius-Bruderschaft und deren Haltung zum Zweiten Vatikanischen Konzil?

„Auch die Haltung zum Zweiten Vatikanischen Konzil ist für uns Katholiken und insbesondere für den Papst völlig klar. Der Papst hat sich schon oft auf das Zweite Vatikanum bezogen und hat gesagt: Das ist die Basis, auf der wir stehen. Ein Zurück ist, auch wenn es der Papst wollte, für ihn ja gar nicht möglich. Darüber kann überhaupt keine Diskussion sein, jetzt ist die Bruderschaft Pius X. am Zug. Der Papst hat die Exkommunikation aufgehoben mit dem Ziel, einen Dialog über das Zweite Vatikanische Konzil zu eröffnen. Man hat der katholischen Kirche schon oft vorgeworfen, dass sie im 16. jahrhundert mit Luther nicht den Dialog gesucht hat, und Luther sehr schnell gebannt hat. Dadurch erst sei es zur Kirchenspaltung gekommen. Ich will diese These jetzt nicht diskutieren, aber der Papst möchte sich das nicht noch einmal vorwerfen lassen. Er möchte von seiner Seite her alles tun, um einen Dialog zu ermöglichen. Allerdings bin ich besorgt über das Interview, das ich gestern gelesen habe, von dem Leiter der Pius-Bruderschaft, Bischof Fellay, das mir doch den Eindruck gibt, dass die Bereitschaft zu einer ehrlichen Diskussion dort nicht gegeben ist. So bin über den Ausgang sehr besorgt. Man wird der Pius-Bruderschaft sagen müssen: Ihr müsst jetzt auch vom Hohen Ross herunter. Ihr könnt nicht als Gruppe bestimmen wollen, was am Konzil gültig ist und was nicht gültig ist. Das ist nicht eine katholische Einstellung, das ist im Grunde ein protestantisches Prinzip, von dem ihr euch leiten lasst. Ihr müsst euch jetzt in der Kirche und mit der Kirche einfügen in die Diskussion, die es ja auch in der Kirche über das Zweite Vatikanische Konzil gibt. Also: Die Pius-Bruderschaft ist jetzt am Zug und sie sollte positiv reagieren.“

Zurück zu Deutschland: Wenn man die Diskussionen verfolgt, war es ja ein großes Thema, vielleicht mehr als in anderen Ländern. Diese Ängste, Befürchtungen, die es in Deutschland gab, auch die Diskussionen in den Medien, wie beurteilen Sie das?

„Man wird zugeben und einräumen müssen: Am Anfang sind dort Versäumnisse und Fehler in der Kommunikation gemacht worden. Das ist eindeutig, das ist klar. Aber die Diskussion, wie sie jetzt in Deutschland läuft, sprengt ja alle Maßstäbe. Was da zum Vorschein kommt, ist nicht nur Kritik an diesem oder jenem Verhalten der Kurie, sondern das ist einfach anti-römischer Affekt und zum teil einfach blanker Kirchenhass. Man macht den Papst lächerlich, nach dem Prinzip: Man schlägt den Sack und meint den Esel. Wenn man den Papst in dieser Weise heruntersetzt, und völlig ungerecht heruntersetzt, dann richtet sich das nicht nur gegen den Papst, dann richtet sich das gegen die katholische Kirche. Ich meine, die Katholiken müssten jetzt aufstehen, müssten sagen: das lassen wir uns nicht gefallen, das ist Intoleranz. Man stelle sich mal vor, man würde in dieser Weise über den Dalai Lama reden, dann wäre die Empörung sehr groß. Über den Papst ist das scheinbar möglich. Das geht nicht, das können wir uns nicht bieten lassen und das sollten wir auch deutlich sagen.“

Gibt es da einen Hintergrund, wieso es in Deutschland jetzt so einen Anti-Rom-Affekt gibt? Ist das etwas Historisches, weil Deutschland das in den Genen hat?

„Dafür gibt es schon Hintergründe. Anti-römische Affekte gibt es in Deutschland schon im späten Mittelalter und gibt es eigentlich schon die ganze Zeit. Die kann man dann bei solchen Fällen abrufen und lostreten. Gewisse Kritik an Rom kann man ja zum teil, wenn sie sachlich bleibt, verstehen, aber das zeigen, was jetzt geschieht, dass man in Deutschland nach wie vor emotional verführbar ist und sich da mitreißen lässt von einer Stimmung und dann einfach die sachlichen Argumentationen übergeht. Das stimmt mich persönlich sehr kritisch und macht mich sehr nachdenklich und auch traurig.“

(rv 18.02.2009 km/mg)
 







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