Die Audienz für jüdische Vertreter - ein Durchbruch
Zur Papstaudienz von diesem Donnerstag eine Einschätzung von Stefan Kempis.
Das
Treffen im Palazzo Apostolico dauerte genau 29 Minuten und 40 Sekunden. Diese Zeit
hat genügt, um einen ersten Schlußstrich unter den Skandal Williamson zu ziehen. Die
Audienz war in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert: Selten sprechen Papst-Gäste eine
so deutliche Sprache. Wohl noch nie außer in Auschwitz hat Benedikt XVI. so klare
Worte zum Holocaust und zum Judentum gefunden – die Worte und auch die Emotion, auf
die viele in den letzten Wochen gewartet haben. Noch nie hat sich der Papst so unmißverständlich,
so ohne Wenn und Aber, hinter die Vergebungsbitte von Johannes Paul gestellt. Das
war ein „Mea Culpa“ im Benedetto-Stil. Und die Tür zur Papstreise nach Israel ist
weit aufgesprungen. Wann es zum letzten Mal eine Audienz von solcher Eindringlichkeit
gegeben hat? Kein Zweifel: Das war der Empfang für Botschafter aus mehrheitlich islamischen
Ländern, nach der Regensburger Rede des Papstes. Was die Audienz damals für die Beziehungen
zum Islam bedeutete, das bedeutet die Audienz von diesem Donnerstag für die Beziehungen
zum Judentum. Ein Durchbruch. Willkommen in Jerusalem, Heiliger Vater.