2009-02-06 13:49:15

Die Debatte geht weiter


Der Wiener Kardinal Christoph Schönborn hat am Freitag neuerlich betont, dass die Haltung der katholischen Kirche zum jüdischen Volk in der Konzilserklärung „Nostra Aetate“ eindeutig und verbindlich festgelegt ist. Diese Festlegung sei auch im Katholischen Weltkatechismus noch einmal in aller Deutlichkeit wiederholt worden. Wie Kardinal Schönborn betonte, ist die „vollinhaltliche Annahme“ des Zweiten Vatikanischen Konzils einschließlich von „Nostra Aetate“ und der Erklärung über die Religionsfreiheit „Dignitatis humanae“ unabdingbare Voraussetzung für eine Eingliederung der Pius-Bruderschaft in die Kirche. Die Konzilserklärung entziehe jedem Antisemitismus den Boden, wenn es wörtlich heißt: „Obgleich die jüdischen Obrigkeiten mit ihren Anhängern auf den Tod Christi gedrungen haben, kann man dennoch die Ereignisse seines Leidens weder allen damals lebenden Juden ohne Unterschied noch den heutigen Juden zur Last legen.“

Eine stärkere Betonung des Zweiten Vatikanischen Konzils in der Kirche wünscht sich der Innsbrucker Bischof Manfred Scheuer. In einem ORF-Interview am Freitag räumte Scheuer Fehler in der jüngeren Entwicklung in der Kirche ein, aus denen man jetzt dringend lernen müsse. Die Vatikan-Entscheidung zur Pius-Bruderschaft wolle er nicht in Zusammenhang mit der Ernennung des Linzer Weihbischofs Gerhard Maria Wagner sehen. Scheuer wörtlich: „Da würde man Wagner nicht gerecht. Lefebvrianer ist er keiner, konservativ ist er sicher.“

„Vieles, was in den letzten Tagen über Papst Benedikt in der Öffentlichkeit gesagt worden ist, war bösartig“. Das schreibt der Basler Bischof Kurt Koch, Präsident der Schweizer Bischofskonferenz, in einem ausführlichen persönlichen „Brief an die Gläubigen“. Der Papst habe in seinem bald vierjährigen Pontifikat sehr deutlich gezeigt, „dass Antisemitismus mit dem christlichen Glauben schlechterdings nichts zu tun haben kann“. Das Konzil stehe in der Kirche nicht zur Disposition, betont Koch. "Ist der Preis für die Bemühungen um Einheit nicht zu gross?", fragt er dann und kommt zum Schluss: „Ich bin überzeugt, dass die Geschichte Papst Benedikt darin Recht geben wird, bis zum Äussersten gegangen zu sein, um die Spaltung, die nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil eingetreten ist, zu heilen.“ Gleichzeitig meint Koch, dass mit dem Zusammenbruch des kommunistischen Systems nach der Wende von 1989 die Zeit für eine neue Verständigung mit den Befreiungstheologen reif sein könnte. Der Papst habe mit seiner Brasilienreise im Mai 2007 dafür "einen guten Anfang" gesetzt, "auf dem man weiterbauen könnte".

Die Katholische Fakultät der Universität Wien kritisiert die Aufhebung der Exkommunikation der Lefebvrianer sowie die Ernennung des Linzer Weihbischofs Gerhard Maria Wagner. In einer Erklärung vom Freitag ruft sie die Katholiken zu Verantwortungsbewußtsein auf. Es handle sich bei den derzeitigen Konflikten „keineswegs um bloße 'Nebenschauplätze', sondern um wesentliche - gesellschaftlich höchst relevante - Konsequenzen des christlichen Glaubens, die an das Selbstverständnis der Kirche rühren“. Was die Pius-Bruderschaft betrifft, sehen die Theologen keine Grundlage für ihre institutionelle Eingliederung in die Kirche. Das Zweite Vatikanische Konzil sei ein „unverzichtbarer Teil“ der kirchlichen Tradition. Die Fakultät begrüßt die „klaren Aussagen“ von Kardinal Schönborn zur „Ungeheuerlichkeit einer Leugnung der Shoah“ und die Aufforderung des Papstes, Williamson müsse widerrufen und sich entschuldigen.

Die deutsche „Edith-Stein-Gesellschaft“ betont in einer Erklärung die enge Verbindung zwischen Katholiken und Juden. Williamsons Äußerung „verhöhnt das Leiden der Opfer, insbesondere der jüdischen, und das Zeugnis der Leidenssolidarität von Edith Stein mit dem jüdischen Volk. Die Äußerungen von Bischof Williamson sind ein unerträglicher Affront, der absolut nicht hingenommen werden kann.“ Es dürfe „nicht nur in Worten, sondern auch im Handeln der Kirche“ nicht der geringste Zweifel daran aufkommen, dass die Kirche keine Holocaust-Leugner in ihren Reihen duldet. Der Verband regt an, Holocaust-Leugnung als Straftatbestand mit Exkommunikation in das kirchliche Gesetzbuch aufzunehmen.
Die Kirche Großbritanniens versichert der jüdischen Gemeinschaft ihre Solidarität. Der Primas von England und Wales, Kardinal Cormack Murphy-O'Connor, hat nach Zeitungsangaben an den Oberrabbiner Jonathan Sacks geschrieben. Er „bedauere“ die Folgen, die sich aus der Rücknahme der Exkommunikation Williamsons ergeben hätten. Dessen Verleugnung des Holocaust habe „absolut keinen Platz in der katholischen Kirche und ihrer Lehre“. In seiner Antwort erklärte Sacks laut „Telegraph“, für viele Juden auf der ganzen Welt hätten die katholisch-jüdischen Beziehungen „großen Schaden“ genommen.
Der belgische Primas entschuldigt sich bei den Juden für die Äußerungen von Bischof Williamson. Auch wenn er sich nicht persönlich schuldig fühle, bedrücke ihn doch die „absolute intellektuelle Unredlichkeit und Verneinung der Geschichte“ durch Williamson. Das sagte Kardinal Godfried Danneels von Brüssel in einem Fernsehgespräch. Dafür entschuldige er sich.

(rv/pm/kna/kap/asca 06.02.2009 sk)







All the contents on this site are copyrighted ©.