Die deutschen Bischöfe
begrüßen die Klarstellungen, die am Mittwoch zum Fall Williamson und Lefebvre aus
dem Vatikan kamen. Jetzt sei wirklich unmissverständlich deutlich, „dass für Leugner
des Holocaust kein Platz in der katholischen Kirche ist“. Das steht in einer Erklärung
von Erzbischof Robert Zollitsch, dem Vorsitzenden der Bischofskonferenz. Er betont
auch, dass die Pius-Bruderschaft „keinerlei rechtliche Anerkennung in der katholischen
Kirche“ genießt. Auch hätten ihre vier Bischöfe „weiterhin keine Funktion in der Kirche“
oder übten „rechtmäßig irgendein Amt in ihr aus“. Zollitsch macht klar, dass ein Widerruf
der Thesen von Bischof Williamson nicht ausreichen würde: „Er muss durch zusätzliche
Klärungen ergänzt werden.“
Vor Journalisten macht der deutsche Oberhirte deutlich,
dass für ihn die Erklärung aus dem Vatikan ausreichend ist. „Der Kardinal Staatssekretär
macht unmissverständlich klar, dass nun die vier Bischöfe der Piusbruderschaft tatsächlich
nicht in der vollen Gemeinschaft der Kirche stehen. Er zeigt eindeutig: Antisemitismus
und die Leugnung des Holocaust haben keinen Platz in unserer Kirche.“ Das habe ja
auch der Papst selbst am Mittwoch letzter Woche noch einmal sehr deutlich betont.
Benedikt habe gesagt, „dass die Erinnerung an den Holocaust einfach zu unserer Geschichte
gehört und als Mahnung weitergegeben werden muss“, so Erzbischof Zollitsch.
„Der
Kardinal Staatssekretär macht damit auch klar, dass die vier Bischöfe der Piusbruderschaft
nicht rehabilitiert sind. Es ist die Exkommunikation zwar aufgehoben, aber die Suspension
bleibt. Das heißt, sie üben keine Funktion innerhalb der katholischen Kirche aus und
dürfen auch keine Funktion ausüben. Und das scheint mir sehr wichtig zu sein.“
Zumal
nach allem, was in den letzten Tagen in den deutschen Medien (und nicht nur da) so
vermutet, behauptet oder geargwöhnt wurde. Zollitsch ist auch dankbar für den Vatikan-Hinweis,„dass es nur dann einen Weg für die Mitbrüder der Piusbruderschaft in der katholischen
Kirche gibt, wenn sie das II. Vatikanische Konzil voll und ganz anerkennen und sich
auch uneingeschränkt unter den Papst stellen“. „Damit liegt es jetzt
an der Piusbruderschaft, darauf einzugehen, wie sie sich dazu verhalten wollen; vor
allem auch an Bischof Williamson, dass er nun seine Thesen, die unhaltbar sind, zurücknimmt
– denn sonst kann es für die Piusbruderschaft keinen Weg innerhalb der katholischen
Kirche geben.“
Alles in allem hält der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz
die Erklärung aus dem Vatikan vom Mittwoch für ausreichend. „Ich kann verstehen,
dass manche mehr wünschen. Aber der Vatikan hat zunächst mal die Hand ausgestreckt,
um ins Gespräch zu kommen mit den vier Bischöfen - durch die Aufhebung der Exkommunikation.
Jetzt soll das Gespräch mit ihnen geführt werden, und man kann nicht vom Vatikan erwarten,
dass er das Gespräch jetzt schon vorweg nimmt, das Ergebnis.“ Vielmehr komme
es darauf an, so Zollitsch wörtlich, „wie die sich verhalten: ob sie die Chance
ergreifen - oder ob sich zeigen wird am Ende, dass es keinen gemeinsamen Weg gibt!“
Was den Holocaust-Leugner Williamson betrifft, da ist für Zollitsch die
Sache eindeutig: „Wenn er nicht auf die Forderung des Vatikans eingeht, dann
ist klar: Er hat keinen Platz in der katholischen Kirche. Dann wird es zu einer endgültigen
Trennung zwischen ihm und der katholischen Kirche kommen und auch zwischen denen,
die ihm weiterhin anhangen.“ Ohnehin ist Zollitsch überzeugt, dass das Zerwürfnis
zwischen den Lefebvre-Anhängern und der katholischen Kirche wohl ein endgültiges sein
wird. Er sieht keinen Willen der Traditionalisten, die Aussagen des letzten Konzils
anzuerkennen - etwa zur Religionsfreiheit und zum gleichberechtigten Dialog der Religionen.
Wenn kein Wunder passiere, dann rechne er mit einem endgültigen Bruch. Oder allenfalls
mit einer Spaltung der Priesterbruderschaft: in jene, die die Bedingungen akzeptierten,
und in jene, die sich der im Konzil begonnenen theologischen Öffnung verweigern. Die
Unbelehrbaren könnten sich hinter Williamson scharen, dem Holocaust-Leugner. „Es
geht in der katholischen Kirche jetzt nicht um die Strafbarkeit seiner Äußerungen,
sondern es geht darum, dass sie für einen Theologen und einen Mann der katholischen
Kirche unhaltbar sind - dass sie schlichtweg falsch und unverständlich sind. Und solch
ein Mann – der zu diesen Äußerungen steht – kann keinen Platz in der katholischen
Kirche haben.“
Zollitsch hat mit Bundeskanzlerin Angela Merkel telefoniert:
Die Regierungschefin (und Tochter eines protestantischen Pastors) hatte am Dienstag
den Vatikan in der Sache Williamson kritisiert und eine Klarstellung gewünscht. Für
ihre Äußerungen hatte sie viel Beifall, aber auch manche Kritik bekommen. „Wir
haben miteinander darüber gesprochen; sie wollte mir darlegen, was ihr Anliegen war,
warum sie sich öffentlich geäußert hat... und sie hat zugleich ihrer Sorge Ausdruck
gegeben, dass diese ganze Diskussion um die Frage des Holocaust und des Antisemitismus
Unruhe in der deutschen Bevölkerung schaffen könnte. Und dass sie das sehr bedauern
würde.“ Ob Merkels offene Kritik während einer Pressekonferenz in der Form angemessen
war, das will der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz nicht bewerten. „Es
hat natürlich in Deutschland jeder Mensch, jede Bürgerin und jeder Bürger, das Recht,
sich zu Fragen zu äußern. Und wenn sie ihre Sorge äußern will, dann steht ihr das
auch zu!“
An etwas entlegener Stelle erwähnt die Vatikan-Erklärung vom
Mittwoch, dass dem Papst im Moment des Dekrets zu den Exkommunikationen nichts von
der Holocaust-Leugnung durch Bischof Williamson bekannt war. Zollitsch: „Ich
nehme das dem Papst ab, dass er nichts davon gewusst hat. Ich kann es aber nicht verstehen,
dass ein Mann wie Hoyos - Kardinal Castrillon Hoyos -, der das Ganze zu bearbeiten
hatte, nichts davon wusste oder nicht zuvor recherchiert hat, damit man auch weiß,
welchen Mann man von der Exkommunikation befreien möchte.“
Er
habe in den letzten Tagen viele Emails und Briefe zu der Debatte um den Vatikan und
Williamson bekommen; auch bei der Sitzung des Pastoralrats seines Erzbistums sei ausführlich
über die ganze Sache gesprochen worden. „Ich spüre die große Sorge in unserer Kirche,
dass eventuell das Anzeichen sein könnten, dass wir hinter das II. Vatikanische Konzil
zurückwollten. Und darum bin ich auch dankbar, dass der Kardinalstaatssekretär sich
ganz klar zum II. Vatikanischen Konzil bekannt hat und auch sagte, die volle Anerkennung
dieses Konzils ist unabdingbar Voraussetzung für die, die einen Weg in unserer Kirche
gehen wollen.“ Immerhin: Die Aufregung belegt wenigstens, dass die katholische
Kirche durchaus noch wahrgenommen wird: „Sie zeigt, dass man interessiert ist an
dem, was in der katholischen Kirche geschieht, und sie zeigt mir auch, dass viele
Menschen das verfolgen, mit ihrer Kirche leben; manchmal auch mit ihrer Kirche zittern
und Angst vor möglichen falschen Entwicklungen haben.“