„In keiner Weise akzeptabel“ seien die Äußerungen des britischen lefebvrianischen
Bischofs Richard Williamson zum Holocaust, sagte Vatikansprecher P. Federico Lombardi
am vergangenen Samstag. Das Dekret, das die Exkommunikation der vier Bischöfe der
Piusbruderschaft – darunter Williamson - aufhebt, stehe in keinerlei Zusammenhang
mit den Äußerungen des Traditionalistenbischofs. Williamson hatte in einem Interview
mit dem schwedischen Fernsehsender SVT den Mord von sechs Millionen Juden durch die
Nationalsozialisten bestritten. Das Video soll in einem Priesterseminar der Piusbruderschaft
in Bayern aufgenommen worden sein, die Staatsanwaltschaft Regensburg ermittelt. Auch
der Obere der Priesterbruderschaft St. Pius X., Bischof Bernard Fellay, stellte in
einem Schreiben an den schwedischen Sender klar, dass es sich um eine „Privatmeinung“
Williamsons handle. Papst Benedikt XVI. hat wiederholt von der Shoah gesprochen,
sie zum Beispiel beim Besuch der Synagoge von Köln als „unerhörtes Verbrechen“ bezeichnet.
In der „dunkelsten Zeit deutscher und europäischer Geschichte“ habe „eine wahnwitzige
neuheidnische Rassenideologie zu dem staatlich geplanten und systematisch ins Werk
gesetzten Versuch der Auslöschung des europäischen Judentums geführt“, erklärte der
deutsche Papst im August 2005. Mit den Worten der Konzilserklärung Nostra aetate
beklagte er „alle Hassausbrüche, Verfolgungen und Manifestationen des Antisemitismus,
die sich zu irgendeiner Zeit und von wem auch immer gegen das Judentum gerichtet haben“
(Nr. 4). „Alle Christen müssen sich dazu verpflichtet fühlen, dieses Zeugnis
[des Evangeliums] zu geben, um zu vermeiden, dass die Menschheit des dritten Jahrtausends
noch einmal ähnliche Gräuel kennen lernt wie jene, die auf so tragische Weise vom
Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau ins Gedächtnis gerufen werden“, sagte der
Papst in der Rückschau auf seine Polenreise und seinen Besuch in Auschwitz anlässlich
der Generalaudienz am 31. Mai 2006: „Eben an jenem Ort, der in der ganzen Welt
traurige Berühmtheit erlangt hat, habe ich vor meiner Rückkehr nach Rom Halt machen
wollen. Im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau ließ Hitler, wie in anderen ähnlichen
Lagern, mehr als sechs Millionen Juden umbringen. In Auschwitz- Birkenau starben außerdem
an die 150.000 Polen und Zehntausende Männer und Frauen anderer Nationen. Angesichts
des Grauens von Auschwitz gibt es keine andere Antwort als das Kreuz Christi: die
Liebe, die bis in den tiefsten Abgrund des Bösen hinab gestiegen ist, um den Menschen
an seiner Wurzel zu retten, wo seine Freiheit sich gegen Gott auflehnen kann. Möge
die heutige Menschheit Auschwitz und die anderen ,Todesfabriken’ nicht vergessen,
in denen das nationalsozialistische Regime versucht hat, Gott zu beseitigen, um seinen
Platz einzunehmen! Möge sie nicht der Versuchung des Rassenhasses nachgeben, der am
Anfang der schlimmsten Formen des Antisemitismus steht! Mögen die Menschen wieder
erkennen, dass Gott der Vater aller ist und uns alle in Christus dazu beruft, zusammen
eine Welt der Gerechtigkeit, der Wahrheit und des Friedens aufzubauen!“ In
Auschwitz hatte der Papst zuvor keine Zahlen genannt, sondern das „erschütternde Schweigen“
und die „laute Bitte um Vergebung und Versöhnung“ in den Mittelpunkt seiner Ansprache
„als Kind des deutschen Volkes“ gestellt. Hier Auszüge aus der Papst-Rede in Auschwitz-Birkenau,
wo die Menschheit laut Benedikt XVI. eine „finstere Schlucht durchschritten“ hat: „An
diesem Ort des Grauens, einer Anhäufung von Verbrechen gegen Gott und den Menschen
ohne Parallele in der Geschichte, zu sprechen, ist fast unmöglich – ist besonders
schwer und bedrückend für einen Christen, einen Papst, der aus Deutschland kommt.
An diesem Ort versagen die Worte, kann eigentlich nur erschüttertes Schweigen stehen
– Schweigen, das ein inwendiges Schreien zu Gott ist: Warum hast du geschwiegen? Warum
konntest du dies alles dulden? In solchem Schweigen verbeugen wir uns inwendig vor
der ungezählten Schar derer, die hier gelitten haben und zu Tode gebracht worden sind;
dieses Schweigen wird dann doch zur lauten Bitte um Vergebung und Versöhnung, zu einem
Ruf an den lebendigen Gott, dass er solches nie wieder geschehen lasse. … Ich
stehe hier als Sohn des deutschen Volkes… Ich musste kommen. Es war und ist eine Pflicht
der Wahrheit, dem Recht derer gegenüber, die gelitten haben, eine Pflicht vor Gott,
als Nachfolger von Johannes Paul II. und als Kind des deutschen Volkes hier zu stehen
– als Sohn des Volkes, über das eine Schar von Verbrechern mit lügnerischen Versprechungen,
mit der Verheißung der Größe, des Wiedererstehens der Ehre der Nation und ihrer Bedeutung,
mit der Verheißung des Wohlergehens und auch mit Terror und Einschüchterung Macht
gewonnen hatte, so dass unser Volk zum Instrument ihrer Wut des Zerstörens und des
Herrschens gebraucht und missbraucht werden konnte. … Wie viele Fragen
bewegen uns an diesem Ort! Immer wieder ist da die Frage: Wo war Gott in jenen Tagen?
Warum hat er geschwiegen? Wie konnte er dieses Übermaß von Zerstörung, diesen Triumph
des Bösen dulden? … Der Ort, an dem wir stehen, ist ein Ort des Gedächtnisses,
ist der Ort der Schoah. Das Vergangene ist nie bloß vergangen. Es geht uns an und
zeigt uns, welche Wege wir nicht gehen dürfen und welche wir suchen müssen. Wie Johannes
Paul II. bin ich die Steine entlanggegangen, die in den verschiedenen Sprachen an
die Opfer dieses Ortes erinnern: in weißrussisch, tschechisch, deutsch, französisch,
griechisch, hebräisch, kroatisch, italienisch, jiddisch, ungarisch, niederländisch,
norwegisch, polnisch, russisch, roma, rumänisch, slowakisch, serbisch, ukrainisch,
jüdisch-spanisch und englisch. All diese Gedenksteine künden von menschlichem Leid,
lassen uns den Zynismus der Macht ahnen, die Menschen als Material behandelte und
sie nicht als Personen anerkannte, in denen Gottes Ebenbild aufleuchtet. Einige Steine
laden zu einem besonderen Gedenken ein. Da ist der Gedenkstein in hebräischer Sprache.
Die Machthaber des Dritten Reiches wollten das jüdische Volk als ganzes zertreten,
es von der Landkarte der Menschheit tilgen ; auf furchtbare Weise haben sich da die
Psalmworte bestätigt: „Wie Schafe werden wir behandelt, die zum Schlachten bestimmt
sind.“ Im tiefsten wollten jene Gewalttäter mit dem Austilgen dieses Volkes den Gott
töten, der Abraham berufen, der am Sinai gesprochen und dort die bleibend gültigen
Maße des Menschseins aufgerichtet hat. Wenn dieses Volk einfach durch sein Dasein
Zeugnis von dem Gott ist, der zum Menschen gesprochen hat und ihn in Verantwortung
nimmt, so sollte dieser Gott endlich tot sein und die Herrschaft nur noch dem Menschen
gehören – ihnen selber, die sich für die Starken hielten, die es verstanden hatten,
die Welt an sich zu reißen. Mit dem Zerstören Israels, mit der Schoah, sollte im letzten
auch die Wurzel ausgerissen werden, auf der der christliche Glaube beruht und endgültig
durch den neuen, selbstgemachten Glauben an die Herrschaft des Menschen, des Starken,
ersetzt werden. … (rv 26.01.2009 bp)