Barack Obama ist Präsident:
Amerika hat seinen ersten schwarzen Präsidenten, und die Welt hat einen Hoffnungsträger.
Im Vatikan fühlen sich viele an den Moment erinnert, als 1978 plötzlich ein Papst
aus dem Ostblock gewählt wurde, der charismatische Johannes Paul.
Irgendwo
im Vatikan, vor einer Woche: Kardinäle aus mehreren Kontinenten treffen sich zu einer
vertraulichen Besprechung. Mit dabei ist auch der Kardinal von New York. Zwei europäische
Purpurkollegen gehen bei der Begrüßung auf ihn zu und sagen: „Und ihr – ihr habt ja
jetzt einen Messias, Obama.“ Es klingt nur halb ironisch. Was auch Kirchenleute
rund um den Globus beeindruckt, ist das Signal, das Obamas Aufstieg für Minderheiten
und für arme Länder bedeutet. „Hier sprechen die jungen Leute viel von Obama“, sagt
uns ein afrikanischer Erzbischof (Anselme Sanon aus Burkina Faso), „sie sagen: Das
ist nicht wichtig, dass er schwarz ist. Aber er hat angekündigt, einen Wandel herbeizuführen.
Wir sind stolz, dass die Welt im Moment des Wandels einen US-Präsidenten mit afrikanischen
Vorfahren hat.“ „Wir wissen genau, dass dieses Patchwork unserer Ursprünge ein
Vorteil ist und keine Schwäche“, meint Obama selbst in seiner großen Rede zum Amtsantritt
am Dienstag. „Wir sind eine Nation der Christen und Muslime, der Juden und Hindus
- und solcher, die nicht glauben. Wir sind die Summe aller Sprachen und Kulturen,
die aus der ganzen Welt zu uns gekommen sind... Weil die Welt immer näher zusammenrückt,
werden sich die Gemeinsamkeiten aller Menschen noch deutlicher zeigen - und Amerika
wird seine Rolle dabei übernehmen, dieser neuen Ära des Friedens den Weg zu bahnen.“ Er
will schon bald eine große Rede in der Hauptstadt eines islamischen Landes halten
– Ägypten ist dafür im Gespräch. Obama – das bedeutet für viele Hoffnung auf Frieden,
Ausweg aus der Spirale des Kriegs der Kulturen. „Hier im Nahen Osten gibt es zwar
keine richtiggehende Obamania“, sagt der Lateinische Erzbischof von Bagdad, Jean-Benjamin
Sleiman, „erst recht nicht im Irak. Aber die meisten sehen doch in Obama etwas Neues:
eine Öffnung, einen neuen Stil.Auch wenn keiner so richtig an eine grundlegend neue
amerikanische Politik glaubt...“ Vor allem Lebensschützer sehen die neue Regierung
mit großem Argwohn – sie fürchten liberalere Abtreibungsgesetze oder staatliche Gelder
für Experimente mit embryonalen Stammzellen. „Jedenfälls wäre es schön, wenn die Christen
jetzt für einen der Ihren beten, der ein schwieriges Amt antritt“, meint der französische
Bischof Michel Dubost. „Er hat seinen Eid auf die Bibel abgelegt – das sollte uns
etwas bedeuten.“ In Washington war es am Dienstag der erfolgreiche evangelikale
Prediger Rick Warren, der vor Obamas Schwur das Gebet sprach. Im Sommer wird der neue
Präsident zu seiner ersten Europareise u.a. in Italien erwartet. Wahrscheinlich wird
er dann auch mit Papst Benedikt XVI. zusammentreffen. (rv 21.01.2009 sk)