Rede Benedikts XVI. beim Konzert in der sixtinischen Kapelle – Dokumentation
Mit einem Festkonzert
in der Sixtinischen Kapelle ist der frühere Regensburger Domkapellmeister und Papstbruder,
Prälat Georg Ratzinger, zu seinem 85. Geburtstag geehrt worden. In Anwesenheit von
Benedikt XVI. führten die Regensburger Domspatzen am In einer Ansprache dankte Benedikt
XVI. den Musikern das Geschenk des herausragenden Konzertes. Der Papst erinnerte an
seine Familie und die gemeinsame Kindheit und Jugendzeit in den schwierigen Jahren
der Wirtschaftskrise und des Weltkriegs. Er wünschte ihm weiterhin Freude und Zufriedenheit
und die Hilfe durch die erbarmende Liebe Gottes.
(18.01.2009 mc)
Wir
dokumentieren hier das Transkript der frei gehaltenen Rede des Papstes
Lieber
Georg, liebe Freunde,
es sind also fast 70 Jahre dass Du die Initiative ergriffen
hast und wir miteinander nach Salzburg gefahren sind und in der herrlichen Abteikirche
Sankt Peter die c-Moll Messe von Mozart gehört haben. Obwohl ich damals noch ein ziemlich
einfältiger Bub war, habe ich doch mit Dir begriffen, dass wir mehr als irgendein
Konzert erlebt hatten, dass es gebetete Musik, dass es Gottesdienst war, in dem wir
etwas von der Herrlichkeit und der Schönheit Gottes selbst angerührt hatten, von ihr
berührt worden waren. Nach dem Krieg sind wir noch wiederholt nach Salzburg gefahren,
um die c-Moll Messe zu hören, und so ist sie tief in unsere innere Biographie eingeschrieben.
Die Überlieferung erzählt, dass Mozart diese Messe in Einlösung eines Gelübdes
komponiert hat: Als Dank für seine Hochzeit mit Constanze Weber. Und so erklären sich
auch die groβen Sopransoli, in denen Constanze dann dazu berufen war, dem Dank und
der Freude Stimme zu geben – gratias agimus Tibi propter magnam gloriam tuam – Dank
für Gottes Güte, die sie berührt hatte. Vom streng liturgischen Standpunkt her kann
man einwenden, dass diese groβen Soli die Nüchternheit der römischen Liturgie etwas
verlassen, aber man kann auch dagegen fragen: Hören wir darin nicht die Stimme der
Braut, der Kirche, wovon uns gerade Bischof Gerhard Ludwig gesprochen hat? Ist es
nicht eben die Stimme der Braut, die ihre Freude über das Geliebtsein durch Christus
und ihre Liebe darin zum Klingen bringt und somit uns als lebendige Kirche vor Gott
hin trägt, in ihrem Dank und in ihrer Freude? Mozart hat in die alles individuelle
überschreitende Größe dieser Musik und der Heiligen Messe seinen ganz personlichen
Dank hineingelegt.
In dieser Stunde haben wir mit Dir Gott gedankt im Erklingen
dieser Messe für die 85 Jahre Leben, die er Dir nun geschenkt hat. Professor Hummes
hat in dem Programmheft eindringlich dargestellt, dass der Dank dieser Messe nicht
ein oberflächlicher und leicht hingeworfener Dank eines Rokokomenschen ist, sondern
dass in dieser Messe auch die ganze Tiefe seines Ringens, seines Suchens nach Vergebung,
nach der Erbarmung Gottes zum Ausdruck kommt, und dann aus diesen Tiefen heraus umso
strahlender sich die Freude über Gott erhebt.
Die 85 Jahre Deines Lebens sind
auch nicht immer leicht gewesen. Als Du zur Welt kamst, war die Inflation kaum zu
Ende und die Menschen, auch unsere Eltern, hatten alles verloren, was sie gespart
hatten. Dann kam die Weltwirtschaftskrise, die Nazidiktatur, der Krieg, die Gefangenschaft.
Und dann haben wir mit neuer Hoffnung und Freude in einem zerschlagenen und ausgebluteten
Deutschland unseren Weg begonnen. Und auch da haben immer wieder schwierige Steilwände,
dunkle Passagen nicht gefehlt, aber immer wieder war von neuem die Güte Gottes zu
spüren, die Dich gerufen und geführt hat.
Von Anfang an, sehr früh, ist bei
Dir diese doppelte Berufung sichtbar geworden, zur Musik und zum Priestertum, beide
ineinandergreifend; und so bist Du Deine Wege geführt worden und gegangen, bis Dir
die Vorsehung die Stelle in Regensburg bei den Regensburger Domspatzen geschenkt hat,
in der Du priesterlich der Musik dienen konntest und der Welt und den Menschen die
Freude an Gott durch die Schönheit der Musik und des Gesanges vermitteln durftest.
Auch da gab es Mühsal genug – jede Probe ist eine Mühsal, wir ahnen es und
wissen es, auch andere Mühsal ... Aber dann war es immer wieder groß und schön, wenn
der Chor leuchtend ertönte und in die weite Welt hinein die Freude, die Schönheit
Gottes getragen hat. Dafür danken wir dem lieben, gütigen Gott heute mit Dir und danken
Dir selber, dass er es so geführt hat, dass Du Deine ganze Kraft, Deine Disziplin,
Deine Freude, Deine Phantasie und Deine Kreativität in diese 30 Jahre hineingelegt
hast und uns so immer wieder zu Gott hin geführt hast.
Aber natürlich und
vor allem freuen wir uns in dieser Stunde auch, dass dieser Chor, der seit über 1.000
Jahren ohne Unterbrechung in der Kathedrale zu Regensburg das Lob Gottes singt, obwohl
er der älteste Kirchenchor der Welt ist, der ununterbrochen so besteht, auch heute
jung ist und mit junger Kraft und Schönheit uns das Lob Gottes gesungen hat. Euch,
liebe Domspatzen, ein herzliches „Vergelt’s Gott“, dem Domkapellmeister, allen, besonders
auch dem Orchester und den Solisten die uns den Originalklang der Mozartzeit wieder
geschenkt haben. Ein herzliches „Vergelt’s Gott“ Ihnen allen!
Weil menschliches
Leben immer unvollendet bleibt, solange wir auf dem Wege sind, daher ist in allem
menschlichen Dank auch immer wieder Erwartung, Hoffnung und Bitte enthalten; und so
bitten wir heute den gütigen Gott, dass er Dir, lieber Georg, noch einige gute Jahre
schenken möge in denen Dir weiterhin Freude an Gott und durch die Musik geschenkt
ist und Du den Menschen als Priester dienen darfst; und wir bitten ihn, dass wir einmal
alle in das himmlische Konzert hineingehen dürfen und dort endgültig Gottes Freude
erfahren.