Eine atheistische Werbekampagne auf öffentlichen Verkehrsmitteln zieht weite Kreise.
Von Großbritannien breitet sie sich nach Spanien, Italien und die USA aus. Bei Christen
trifft sie teilweise auf Widerstand, teilweise wird sie als Anregung zum Gespräch
über den Glauben begrüßt. Im vorigen Jahr brachte die atheistische Journalistin und
Autorin von TV-Komiksendungen, Ariane Sherine, den Stein in der linksliberalen Zeitung
Guardian ins Rollen. Sie regte an, ein Gegengewicht zu evangelistischen Kampagnen
zu schaffen, die - wie sie es empfindet - mit Hölle und Verdammnis drohen. Unterstützung
fand sie bei der Britischen Humanistischen Vereinigung und dem Oxforder Evolutionsbiologen
und Bestellerautor Prof. Richard Dawkins („Der Gotteswahn“). Rund 154.000 Euro brachte
ein Spendenaufruf ein. Durch England, Schottland und Wales rollen nun seit Jahresbeginn
rund 800 Busse und Bahnen mit der Aufschrift: „Wahrscheinlich gibt es keinen Gott.
Keine Sorge - genießen Sie das Leben.“
(idea 18.01.2009 mc)
Fahrer will
keinen Bus mit Atheistenwerbung steuern
Ein Busfahrer im südenglischen Southampton
hat sich allerdings geweigert, ein Fahrzeug mit der atheistischen Aufschrift zu chauffieren.
Wie die Rundfunkanstalt BBC berichtet, war Ron Heather von der Botschaft so schockiert,
dass er aus Protest seine Schicht nicht antrat. Die Betreibergesellschaft erklärte,
sie werde alles tun, damit Heather solche Fahrzeuge nicht steuern müsse. Beschwerde
gegen den atheistischen Werbespruch hat die britische Organisation Christian Voice
(Christliche Stimme) bei der Aufsichtsbehörde für die Werbewirtschaft ASA eingelegt.
Nach deren Vorschriften müssen Werbetreibende ihre Behauptungen dokumentieren können.
Doch könnten Atheisten wenige Beweise für ihre Behauptung liefern, dass es „wahrscheinlich“
keinen Gott gebe, so Christian Voice.
Dawkins: Wie frühere Bierwerbung
Um
den Vorschriften der ASA zu genügen, hatten die Gottesleugner das Wort „wahrscheinlich“
in den Werbespruch aufgenommen. Sonst hätte sich die Kampagne dem Vorwurf der Irreführung
ausgesetzt. Dawkins wünschte sich, wie er der Zeitung Los Angeles Times anvertraute,
ursprünglich eine stärkere Aussage. Inzwischen habe er sich aber mit dem „schrulligen
Humor“ angefreundet. Der Spruch „Wahrscheinlich gibt es keinen Gott“ erinnere ihn
an die frühere Werbung einer dänischen Brauerei: „Vielleicht das beste Bier der Welt“.
Ist
die Kampagne kontraproduktiv?
Die christliche „Denkfabrik“ Theos (London) erwartet,
dass der Spruch das Gegenteil der beabsichtigten Wirkung entfaltet und mehr Menschen
zum Nachdenken über Gott anregt. Wenn man jemandem sage, er habe „wahrscheinlich“
daran gedacht, die Haustür abzuschließen, dann sähen die meisten Menschen zur Sicherheit
erst recht noch einmal nach. Auch die methodistische Kirche kann der Kampagne eine
solche positive Seite abgewinnen.
Spanien: Evangelikale Gemeinde kontert
Nachahmer
hat die Kampagne bei Atheistenverbänden unter anderem in Spanien und Italien gefunden.
Dort ist sie auf Widerspruch hauptsächlich aus der katholischen Kirche gestoßen. In
Barcelona sind zwei Busse mit derselben Aufschrift wie in England unterwegs; ab 26.
Januar sollen zwei weitere Fahrzeuge die Werbung der Gottesleugner in Madrid verbreiten.
In Bilbao, Sevilla, Saragossa und Valencia soll die Aktion fortgesetzt werden. Eine
evangelikale Gemeinde im Madrider Vorort Fuenlabarada kontert, so die Zeitung El Pais,
und lässt einen Bus mit der Aufschrift „Doch, es gibt einen Gott. Genieße das Leben
mit Christus“ durch ihren Stadtteil fahren.
Italien: Schlechte und gute Nachricht
Einen
eigenen Slogan haben sich Atheisten in der italienischen Hafenstadt Genua ausgedacht:
„Die schlechte Nachricht: Es gibt keinen Gott. Die gute: Du brauchst ihn nicht.“ Das
soll ab Februar vier Wochen lang auf zwei Stadtbussen zu lesen sein. Der Zeitung La
Stampa zufolge hat die „Vereinigung der rationalistischen Atheisten und Agnostiker“
vor, später auch in Rom Busse mit dieser Aufschrift auf Routen in Vatikannähe fahren
zu lassen. Die Amerikanische Humanistische Vereinigung ließ bereits im Dezember an
Bussen in der US-Hauptstadt Washington atheistische Aufrufe anbringen: „Warum an Gott
glauben? Lieber Himmel - seien Sie doch einfach nur ein guter Mensch.“ Die Aktion
rief allerdings keine öffentlich wahrnehmbare Reaktion hervor.