Rund um den Globus
beten und demonstrieren Christen für Frieden im Nahen Osten. Der kriegerische Konflikt
zwischen Israel und der radikal-islamischen Hamas-Bewegung im Gaza-Streifen hat eine
Welle des Betens und Fastens ausgelöst. Papst Benedikt XVI beteiligt sich daran ebenso
wie die Weltweite Evangelische Allianz. Darüber freut sich der Lateinische Patriarch
von Jerusalem, Erzbischof Fouad Twal. Gegenüber Radio Vatikan betont Twal, wie schwer
es die Menschen im Gaza-Streifen haben:
„Zunächst einmal spreche ich nicht
nur für die Christen in Gaza, die ein fester Bestandteil ihrer Gesellschaft sind,
sondern für all die vielen unschuldigen Opfer. Die meisten wollen ja mit diesem Krieg
gar nichts zu tun haben. Sie sehnen sich nach einem Tag des Friedens, danach, ein
Dach über dem Kopf zu haben, in Frieden zu schlafen, ganz einfach zu leben, in die
Schule zu gehen und zu studieren. Ihnen allen sage ich, dass wir an ihrer Seite sind.
Was uns hier am meisten quält, ist, dass wir dem grausamen Geschehen ohnmächtig zusehen
müssen. Dass wir bei allem guten Willen unfähig sind, die Gewalt zu stoppen und die
kriegführenden Parteien dazu zu bewegen, miteinander zu reden. Es ist ein furchtbares
Gefühl der Ohnmacht, diese Todesmaschine nicht anhalten zu können, die nicht zwischen
Kleinen und Großen unterscheidet, nicht zwischen Frauen, Alten und Jungen. Ihr Leid
lässt uns leiden - und unsere Unfähigkeit, die Gewalt zu stoppen, diese Todesmaschine,
die nicht zwischen Kleinen und Großen, Frauen, Alten und Jungen zu unterscheiden vermag.
Es ist eine dramatische Situation auch für uns von ferne.“
Der Uno-Sicherheitsrat
trifft an diesem Dienstag erneut zu Beratungen über die Lage im Gazastreifen zusammen.
Die Lage scheint aber ausweglos zu sein, so der Lateinische Patriarch weiter:
„Ich
habe auch keine Lösung in der Schublade. Die Lösung ist in der Hand der Politiker,
die sich zusammensetzen müssen und erst einmal diese Todesmaschine anhalten müssen
- um dann gemeinsam eine Lösung zu finden. Wir können doch nicht eine ganze Bevölkerung
zum Tode verurteilen, nur weil die Politiker sich nicht einigen können. Das ist weder
gerecht noch human noch christlich, nichts von alledem... Die Politiker sind also
verantwortlich für all das, und wir können derzeit nichts weiter tun, als zu beten.
Als zu hoffen, dass die Politiker noch ein wenig Verstand und ein wenig Herz haben.
Sie haben doch selbst auch Familien und Kinder! Ich verstehe nicht, wie Sie es da
schaffen, weiterzumachen - ohne diese ganzen Tränen zu berücksichtigen, all diese
Toten und Opfer.“
Die Zahl der seit Beginn der Militäroffensive getöteten
Palästinenser stieg nach Angaben der Behörden in Gaza bis zum Montagabend auf 917.
Mehr als 4.300 Personen seien verletzt worden. Die internationale Aufmerksamkeit konzentriere
sich zwar in genügender Weise auf den Konflikt, doch das genüge noch nicht, meint
Erzbischof Twal.
„Der Papst spricht jeden Tag von Gaza, den besetzten Gebieten,
der Gewalt im Heiligen Land. Aber kaum jemand hört auf ihn. Sie hören ja auch nicht
auf ihr Gewissen und auf Gott. Der Heilige Vater kann das Problem genauso wenig lösen
wie wir. Er erhebt seine Stimme, erklärt, dass er allen Leidenden nahe ist, er verurteilt
immer wieder die Gewalt... aber leider sind wir alle nicht fähig, dieses furchtbare
Kriegsmaschine anzuhalten. Ich hoffe, dass dieses neue Jahr nicht so weitergeht, wie
es angefangen hat.“
Twal ruft deshalb alle Gläubigen auf, etwas für die
Menschen in der Krisenregion zu tun.
„Ich bitte die Christen in der Welt
um Solidarität mit uns allen hier, um ihr Gebet und ihre Solidarität.“
Ungeachtet
aller Bemühungen um eine Waffenruhe haben am Dienstagmorgen die Kämpfe und israelische
Bombenangriffe nach Angaben von Bewohnern von Gaza-Stadt an Heftigkeit zugenommen.
Der arabische Nachrichtensender al-Jazira sprach von einer „beträchtlichen Eskalation“
am 18. Tag der Operation gegen die radikalislamische Hamas. Die israelischen Truppen
hätten Gaza-Stadt von allen Seiten eingeschlossen und seien auf dem Vormarsch. Einwohner
von Gaza-Stadt sprachen von einer der schlimmsten Angriffsnächte. Augenzeugen sagten,
Truppen und Panzer stießen tief in die dichter besiedelten Vorstädte vor. Auch von
See aus werde die Stadt beschossen.