Ein Reformator mit Ecken und Kanten: Das Calvinjahr 2009
Fleißiger Arbeiter, strenger Kirchenmann und grimmiger Reformator – das fällt vielen
Menschen zu Johannes Calvin ein. Der Reformator zweiter Generation war ein Erneuerer
mit Ecken und Kanten. Im vergangenen November wurde vom Reformierten Weltbund feierlich
das Calvin-Jahr 2009 eröffnet. Dem 500. Jahrestag der Geburt Calvins wird in diesem
Jahr mit zahlreichen Veranstaltungen und Ausstellungen in der ganzen Welt gedacht.
Dabei sollen auch eher unbekannte Seiten aufgedeckt werden. Anne Preckel berichtet.
Calvin hörte zum ersten Mal in Frankreich von den Ideen Martin Luthers. Entzündet
vom Gedanken der Reformation führte ihn sein Weg nach Italien und in die Schweiz.
Viele der dort reformierten Kirchen gehen auf ihn zurück. Oft wird Calvin nur als
unerbittlicher Reformator erinnert. Doch es gibt auch eine ganz andere Seite, meint
die Schweizer Theologin Eva-Maria Faber: „Wenn man die Schriften liest, kommt
auch ein anderes Bild hervor, nämlich ein Calvin, der sehr bekümmert ist um das Wohl
von Menschen, ein Calvin, der auch eine große Milde zeigt, und jedenfalls – das finde
ich sehr faszinierend – ein Calvin, der viel Sehnsucht hat danach, dass Gott verherrlicht
wird, der Sehnsucht danach hat, dass Gottes Wirklichkeit sich auch hier auf Erden
zeigt. Das ist etwas sehr Ansprechendes.“ Die Verherrlichung Gottes auf Erden
sollte nach Calvin freilich die richtige Form haben: Aberglauben, Prunk und Machtgebaren
verurteilte er. Auch bei der Kritik an den katholischen Ämtern nahm er kein Blatt
vor den Mund. Calvin – kein Heiliger, sondern ein Kämpfer mit Widersprüchen, der seine
Überzeugungen Zeit seines Lebens verteidigen musste. Nichts wäre leichter, als ihn
als Gegner der katholischen Kirche zu verkennen. Weit gefehlt: „Calvin hat sich
selbst als katholisch bezeichnet, bzw. es geht da ums Kirchenverständnis. Er sagt,
natürlich muss die Kirche katholisch sein. Also da ist etwas Grundkatholisches, was
bei ihm zu finden ist. Er weiß, die Kirche muss eins sein, die Kirche muß etwas Allumfassendes
haben.“ Calvin also im Grunde seines Herzens katholisch? Tatsache ist, dass er
sich aktiv für die Einheit der Kirche stark machte. Ein halbes Jahrhundert nach seiner
Geburt sind die Gedanken des Reformators zur Ökumene immer noch wegweisend. Was würde
er Kirche und Gläubigen heute wohl raten? Faber weiß Antwort:
„Es ist ein
Grundzug seiner Theologie, Gottes Spuren in dieser Welt zu suchen. Seine Theologie
ist eine sehr weisheitliche Theologie, die – was heute auch wieder sehr aktuell ist
– Selbsterkenntnis und Gotteserkenntnis verknüpft. Ich kann mir vorstellen, dass der
Rat von Calvin wohl weniger pragmatisch wäre, sondern dass es um die Frage ginge,
wie kann sich kirchliches und christliches Leben erneuern aus dem Lesen der Schrift
heraus. Natürlich spielt für ihn das Wort Gottes eine große Rolle, aber auch aus dem
kirchlichen Leben heraus.“ Einheit von Glauben und Handeln, von Freiheit und Verantwortung
– christliche Werte, die Calvin nicht nur predigte. Er lebte sie.
Ausführliche
Informationen zu Veranstaltungen rund um das Calvin-Jahr finden sich auf der Internetplattform
/a> (rv 09.01.2009
pr)