2008-12-16 16:22:50

Vor 50 Jahren – Ein Dominikanerpater erhält den Friedensobelpreis


RealAudioMP3 In Oslo ist am vergangenen Mittwoch – wie immer am 10. Dezember – der Friedennobelpreis überreicht worden. In diesem Jahr wurde der frühere UN-Vermittler Martti Ahtisaari geehrt. Vor genau fünfzig Jahren war es kein Politiker, sondern ein Geistlicher, der die renommierte Auszeichnung erhielt. Genauer: Ein Dominikaner aus Belgien. Sein Mitbruder, Pater Max Cappabianca OP, weiß mehr.

Nichts deutete drauf hin, dass er einmal Friedensnobelpreisträger werden würde: Georges Pire, mit Ordensnamen Dominique, war 1928 im Alter von 18 Jahren in den Dominikanerorden eingetreten. Ab 1937 lehrte er Moralphilosophie am Studium der Predigerbrüder in La Sarte. Zwar gründete er bereits 1938 zwei Hilfsorganisationen, die sich um Waisenkinder kümmern; doch die große Not nach dem Zweiten Weltkrieg war es, die den letzten Anstoß für seinen unermüdlichen Einsatz in Sachen Menschrechte gab.

Guido van Damme ist Journalist und Buchautor und war mit Dominique Pire befreundet.

„Bei einem Vortrag, bei dem ich übrigens dabei war, erzählte ein amerikanischer Soldat, was in den Flüchtlingslagern Deutschland vor sich ging. Nach dem Krieg bekamen viele ein Visum für die USA oder Kanada, denn es wurden viele Arbeitskräfte gebraucht. Übrig blieben in den Lagern die Alten und Kranken, die keiner haben wollte. Ich kann mich noch gut erinnern, wie Pater Pire sagte, als wir aus dem Vortragssaal hinausgingen, - ich war 18 und er war 38 Jahre alt –: ‚Ich mache aus dieser Angelegenheit die Angelegenheit meines Lebens’.“ 
Eine Hilfsorganisation entsteht, die sich in den nächsten Jahren um 60.000 Flüchtlinge kümmert. Der Dominikaner koordiniert Patenschaften, Hilfssendungen und Solidaritätsbriefe. Eine von ihm gegründete Adoptionsagentur vermittelt 15.000 heimatlosen Kindern ein neues Zuhause.

„Er war ein Mann, der, wenn er Leid sah, nicht zögerte und keine großen Pläne machte, sondern handelte, sofort“, 
sagt Guido van Damme. Dass er dann 1958 den Nobelpreis bekam, hatte auch einen ganz praktischen Grund:

„Pater Pire hat wahnsinnig viel auf die Beine gestellt: Die Patenschaften, mehrere Flüchtlingsdörfer, und die so genannten Friedensinseln. Dafür brauchte er Geld, und er war immer auf der Suche danach. Einer seiner Freunde – ein Freimaurer übrigens – sagte: Herr Pater, hören Sie! Wir helfen Ihnen gerne, aber Sie müssen dem Nobelpreiskomitee vorgeschlagen werden, das bringt immerhin zwei Millionen für ihr Budget ein. So ist es dann auch geschehen…“ 
Es ist der deutsche Vertriebenenminister Theodor Oberländer, der ihn letztlich vorschlägt. Am 10. Dezember 1958 nimmt er in Oslo schließlich den Preis entgegen. Guido van Damme bedauert, dass Pater Pire fast völlig in Vergessenheit geraten ist – sogar in kirchlichen Kreisen:

„Ich glaube wirklich, dass diesem Lebenszeugnis wieder mehr Beachtung geschenkt werden sollte. Er ist ein echtes Vorbild für die Ideale der Jugend dieses dritten Jahrhunderts.“ 
Prägend für Pater Pire sei der Glaube gewesen, so der Journalist. In den Augen des Dominikaners treibe der Glauben an Gott die Menschen an, über sich selbst hinauszuwachsen und auch dem Fremden und einstigen Feinden die Hand zu reichen. Die Unerschütterlichkeit seiner Frömmigkeit sei entwaffnend gewesen:

„Eines Tages bat er uns, als wir gerade zu Bett gingen, zur Gottesmutter zu beten, denn ihm fehlten 110.000 belgische Francs für die Nahrungsmittel in einem Waisenhaus. ‚Ich weiß überhaupt nicht, woher ich das Geld kriegen soll’, sagte er an jenem Abend. Einige Tage später kommt auf dem Bankkonto eine anonyme Spende an – nicht 110.000, nicht 150.000, sondern 210.000 Francs! Das Wunder sind allerdings nicht diese 110.000 Francs, das Wunder ist, dass er glaubte, dass das selbstverständlich ist.“

(rv 12.12.2008 mc)







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