Mehr als 20 Jahre
plagte ein Bürgerkrieg Nord-Uganda. Derzeit herrscht Waffenruhe zwischen der ugandischen
Armee und den so genannten Widerstandskämpfern des Herrn, doch Friedensgespräche waren
bisher nicht erfolgreich. Mehr als 90 Prozent der Bevölkerung wurden vertrieben -
Vor zwei Jahren gab es rund zwei Millionen Flüchtlinge in der kleinen Region, noch
immer gibt es eine Million „Heimatvertriebene“. Hier hätten die Verhandlungen zwischen
Regierung und Rebellen eine Verbesserung erzielt, berichtet Pater Carlos Rodriguez.
Der 48-jährige Combonimissionar leitete die interreligiöse Friedenskommission, die
von der Regierung offiziell beauftragt war, zwischen den Konfliktparteien zu vermitteln.
17 Jahre arbeitete er an der Seite des Erzbischofs in Norduganda.
Die Menschen,
die in ihre Häuser zurückgekehrt sind, leiden noch immer Mangel, weil es in ihren
Heimatdörfern kein Wasser, keine Schulen, keine Dienstleistungen. Das bedeutet: Oft
versuchen die Menschen ihre Felder wieder zu bestellen, weil sie ja etwas essen müssen,
während die Kinder noch im Flüchtlingslager sind. Das ist ein großes Problem, denn
wenn Menschen flüchten, auch wenn ihre Häuser nur acht oder zehn Kilometer weg sind,
verlieren sie ihre familiären Beziehungen, ihre Kultur und sind nie sicher, was am
nächsten Tag passiert. Wenn Menschen für drei, fünf oder zehn Jahre in so einer Situation
leben, ist das eine große Katastrophe, dann verlieren sie nämlich ihre gesamte Identität.
Seit
April dieses Jahres ist der gebürtige Spanier Carlos Rodriguez zurück in seinem Heimatland
und bei der Caritas Leiter der Öffentlichkeitsarbeit. Die Menschen, die aus Afrika
nach Europa fliehen - Spanien ist ja eines der besonders betroffenen Mittelmeerländer
- seien nicht die Ärmsten der Armen, meint Carlos Rodrigez.
Wissen Sie,
die Leute die aus Afrika zu uns nach Europa kommen als Migranten, sind aus den Städten,
haben eine gute Schulbildung. Aber die Menschen, mit denen ich mehr als 17 Jahre in
Norduganda gelebt habe, haben absolut nichts mehr, leben in miserablen Umständen.
Die Menschen in Norduganda, in der Diözese Gulu, sind Bauern, die leben auf Höfen
mit acht bis zwölf Hektar, haben ein paar Ersparnisse, haben ihre traditionelle Kultur,
in der die Menschen abends am Feuer Geschichten erzählen, die Nachbarn kennen sich,
sie gehen auf die Jagd, bestellen die Felder. Das bedeutet für sie Freiheit. In einem
ganz normalen Dorf sind fünf, maximal sieben Hütten und die Menschen haben viel Platz.
Ganz anders im Krieg. Die Menschen können nicht mehr ruhig schlafen, weil die Rebellen
immer wieder kommen und die Leute umbringen, sie entführen die Kinder, brennen die
Häuser nieder. Oder die Soldaten kommen und sagen, im Dorf ist es nicht mehr sicher
und bringen die Einwohner in ein Flüchtlingslager. Und kommt eine Familie, die an
ein traditionelles Leben gewöhnt ist, in ein Lager, werden die Eltern und ihre Kinder
in eine winzige Hütte eingewiesen. Die Leute haben keine Arbeit, können den ganzen
Tag nichts machen. Nach wenigen Jahren im Lager werden aus stolzen Menschen, die ihren
Lebensunterhalt erwirtschaften, Bettler, die von den Gaben der internationalen Hilfswerke
leben.
„So ein Leben ist die Hölle“, sagt Rodriguez. Psychische Depressionen
sind demnach die häufigste Krankheit. Was können Hilfswerke, können Menschen von außen
tun?
Zuerst müssen wir das Problem verstehen. Es ist eine Schande, dass
es heute weltweit mehr als 40 Kriege gibt. In den Medien hier in den westlichen Ländern
hören wir nur vom Irak, Afghanistan oder dem Mittleren Osten. Aber die meisten Kriege
heute sind in Afrika, in Somalia, im Tschad, in Darfur, im Kongo und eben auch in
Norduganda haben wir noch keinen Frieden. Also, zuerst müssen wir mal mehr darüber
wissen. Und dann können wir auch eine Menge machen. Wir können unsere eigenen Regierungen
dazu bringen, nicht nur dorthin zu schauen, wo unsere wirtschaftlichen Interessen
liegen, sondern wo die wirklichen Tragödien stattfinden. Wir müssen unsere Regierungen
auffordern: schaut genau hin und übt Druck aus, damit die Hilfe wirklich dort ankommt,
wo sie gebraucht wird. Wir dürfen diese Menschen nicht vergessen.
Der zuständige
Erzbischof von Gulu, John Baptist Odama, für den Rodriguez gearbeitet hat, engagiert
sich weiterhin für den Frieden in Uganda. Der Widerstand ist groß. Noch vor wenigen
Jahren hatte der Rebellenführer Joseph Kony katholische Geistliche und Missionare
auf die Todesliste gesetzt. Odama hatte betont, dieser Guerilla-Feldzug habe rein
politische, keinerlei religiöse Motive. Rodriguez:
Ich glaube an den
Frieden in Uganda. Man hat auf mich geschossen, ich bin im Gefängnis gewesen, bedroht
worden, alles wegen meinem Engagement für den Frieden. Das ist kein Sport. Ich habe
das alles gemacht, weil ich wirklich an den Frieden glaube. Erzbischof Odama ist es
ziemlich ähnlich gegangen. Er hat schon viele Male sein Leben riskiert, als er in
den Busch gegangen ist, um mit den Rebellen zu verhandeln. Er ist eine der herausragenden
Persönlichkeiten, die sich für den Frieden in Afrika einsetzen und in der Welt. Aber
das ist nicht nur ein Einsatz von ein paar Leuten. Es ist das Bemühen der gesamten
Kirche in Norduganda für den Frieden.
Christliche Friedensarbeit - das
lehrte nicht zuletzt ja auch die friedliche Revolution im Osten Deutschlands - beginnt
mit dem Gebet.
Als wir unsere Friedensinitiative begonnen haben, war
das Gebet unser erster Schritt, die Menschen zusammen zu bringen und mit ihnen zu
beten. Für uns Christen ist das Gebet die Grundlage für alles, denn im Gebet bekommen
wir Mut. Und sehr oft sage ich den Menschen in Norduganda, betet jeden Abend. Seit
vielen Jahren sehnen wir uns nach Frieden und jetzt haben wir eine Menge Führer in
der Kirche, die sich für den Frieden einsetzen. In den beiden letzten Jahren hat es
keine Gewalt mehr gegeben, weil die Kriegsparteien verhandelt haben. Leider sind wir
noch nicht zu einem erfolgreichen Ende gekommen, aber wenn wir weiter beten, dann
werden wir eines Tages einen wirklichen Frieden erreichen. Für uns in Europa gilt:
Das Gebet öffnet unseren Verstand, damit wir neue Formen von Solidarität mit den Menschen
in Afrika finden. Im Gebet finden wir den Weg, um ihnen zu helfen.
Der
Beitrag entstand mit Material der Fachstelle Medienarbeit im Erzbistum Freiburg.