Tödliche Schüsse auf
einen Demonstranten am letzten Samstag haben Griechenland in eine schwere Krise gestürzt.
Nach tagelangen Krawallen und Zusammenstößen zwischen protestierenden Autonomen und
der Polizei hat sich die Lage erst an diesem Donnerstag etwas entspannt; die Nachrichtenagenturen
sprechen allerdings von Angriffen auf Polizeistationen im Grossraum Athen durch aufgebrachte
Studenten. Nach einer Analyse der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ zeigt die Krise
vor allem ein Versagen von Parteien der politischen Mitte: „Ideen kamen in den vergangenen
Jahren von der extremen Linken oder, für die andere Seite der Gesellschaft, von der
griechischen orthodoxen Kirche. Es war der zu Beginn dieses Jahres gestorbene, unerschrockene,
erzkonservative, bei Bedarf auch bedenkenlos populistische Erzbischof Christodoulos
von Athen, der immer wieder gesellschaftliche Debatten angestoßen hat.“
Die
katholische Kirche ruft in einer Stellungnahme zu einer „friedlichen Werte-Revolution“
auf. Die Griechen hätten über einem „entfesselten Materialismus“ die christlichen
Werte ihres Landes vergessen. Der Erzbischof von Athen, Nikolaos Foskolos, meint im
Gespräch mit Radio Vatikan:
„In den letzten Tagen haben wir Szenen erlebt,
wie es sie in Athen noch nicht einmal im Zweiten Weltkrieg gab: Mehr als 200 Läden
in Flammen, viele Banken auch... ein Chaos in der ganzen Stadt. Die Gewalt war aus
meiner Sicht vorhergeplant. Natürlich hat der Tod des jungen Demonstranten noch einen
stärkeren Hass entfacht – aber eine solche Gewalt kann nicht einfach aus dem Nichts
entstehen. Es gibt (u.a. wegen der Finanzkrise) eine sehr große Unzufriedenheit mit
der gegenwärtigen Regierung. Hinzu kommt, dass unsere Jugend keine Ideale mehr hat
– sie ist sehr materialistisch aufgewachsen, ohne Vorbilder bei Professoren oder Lehrern.
Ich fürchte, diese Unruhen sind nur der Anfang, weil die Wirtschaftskrise Griechenland
noch mehr Probleme bereiten wird.“