Nikolaus ist nicht nur der Patron der Geldverleiher, sondern auch der der Betrüger
und Diebe, hat er doch nicht nur einem Geldverleiher wieder zu seinem Geld verholfen,
sondern auch den Betrüger ins Leben zurückgeholt. Die Frankfurter Nikolausinitiative
stellt dieses Jahr die Legende vom unehrlichen Christen, der durch die Fürsprache
eines Juden von Nikolaus gerettet wird, in den Mittelpunkt. Parallelen zu den Missgriffen
der Banker und Hedefonds liegen nahe. Wenn sie Nikolaus als ihren Schutzpatron wieder
entdecken, bleiben sie von solchen Desastern verschont, die sie herbeigeführt haben.
Das
meint Pater Eckhard Bieger SJ. Lesen Sie hier die „Nikolauslegende“ in voller Länge:
Der
Heilige ist nicht nur Patron der Schiffsleute und der Kinder, sondern auch der Pfandleiher
und Banker. Eine Legende hat ihm zu diesem Patronat verholfen. Sie hat nicht wenige
aktuelle Bezüge. Es geht um das Geld, das ein Christ höher stellt als dass er sich
an sein Versprechen hält. Für ihn ist das Geld wichtiger als die eigene Ehre. Ein
Christ hatte einem Juden, der ihm Geld geliehen hatte, beim hl. Nikolaus versprochen,
das Geld pünktlich zurückzugeben. Aber er tut es nicht, sondern behauptet, dass er
den Betrag längst zurückgegeben habe. Als es in einer Gerichtsverhandlung zum Schwur
kommt, benutzt er einen Trick. Er hat das Geld im Inneren eines Stabes versteckt.
Er bittet den Juden, den Stab zu halten, damit er die Hände für den Schwur frei halten
könne, nimmt den Stock wieder und verlässt mit dem Geld darin das Gerichtsgebäude. Nikolaus
ist aber einer, der sich nicht einfach an der Nase herum führen lässt. Der Christ
kommt unter einen Wagen und stirbt. Jetzt zeigt sich der Jude großzügig. Er will das
ihm gehörende Geld nur nehmen, wenn Nikolaus den Christen wieder zum Leben erweckt.
Das geschieht dann auch. Ist das in dem Stock versteckte Geld nicht einem der
„strukturierten Wertpapiere“ vergleichbar, nur dass der Betrug früher liegt. Man gibt
dem Kunden wertlose Hypotheken für sein gutes Geld, nämlich von solchen Häuslebauern,
von denen die Bank wusste, dass sie die Hypothek nicht werden tilgen können, sollte
der Zinssatz steigen. Und der Zinssatz musste steigen, weil er ungewöhnlich niedrig
war. Wenn mehr Geld gebraucht wird, wird es teurer, d.h. die Zinsen steigen. Ist der
Stock, den die Banker ihren Kunden ausgehändigt haben, anders als in der Legende,
schon mit Falschgeld gefüllt, trifft der Vergleich mit dem todbringenden Wagen direkter
zu. Nikolaus muss heute nicht mehr strafend eingreifen. Das System hat sich selbst
zu Tode geritten. War es früher offensichtlich notwendig, dass eine himmlische Macht
eingreift, sind die Systeme heute so angelegt, dass sie bei Missbrauch tödlich wirken,
so wie eine Atombombe. Wenn die Banker wie auch die Hypothekenzeichner sich wieder
einer höheren Macht verpflichten, dann erhalten sie auch den Schutz, den sie brauchen.
Geld, das nicht in eine höhere Verantwortung eingebunden ist, zerstört den Menschen. Die
Legende hat einen überraschenden Ausgang: Der Jude, der das Eingreifen des Nikolaus
gleich zweimal erfahren hat, lässt sich taufen. Vielleicht bekehren sich auch manche
Banker und Hedgefonds-Manager. Und noch etwas Überraschendes. Nikolaus ist durch diese
Legende nicht nur zum Patron der Pfandleiher und Bankleute geworden, sondern auch
zum Schutzheiligen der Betrüger und Diebe. Kam der betrügerische Christ doch wieder
ins Leben zurück. Alle Beteiligten an der Banken- und Immobilienkrise haben also einen
himmlischen Fürsprecher, zu dem sie Zuflucht nehmen sollten. Eckhard Bieger