Die Kirchen in Deutschland
machen sich für religiöse Bildung an öffentlichen Schulen stark. Bei einem gemeinsamen
Forum setzten sich der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert
Zollitsch, und der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Bischof
Wolfgang Huber, an diesem Donnerstag in Berlin für den Religionsunterricht ein. Die
Erörterung religiöser und ethischer Fragen gehöre zum Bildungsauftrag der Schulen,
erklären die Kirchen. Bei dem Forum diskutierten Vertreter aus Kirchen, Politik und
Wissenschaft über rechtliche Fragen sowie das Verhältnis von Religion und Bildung.
Unter anderem sprach Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU). Für die SPD nahm
Wolfgang Thierse teil, Katholik und Mitglied im Zentralkomitee der Deutschen Katholiken.
Er verteidigte im Kölner Domradio das Unterrichtsfach Religion. „Es geht darum,
dass wir an den Schulen Bildung betreiben, die Orientierungswissen einschließt, also
Maßstäbe, Einstellungen, Haltungen und das, was man zusammenfassend Werte nennt, das
muss Inhalt von Erziehung und Bildung sein, nicht nur Naturwissenschaften, Fremdsprachen
und Computerbeherrschung, sondern Bewertung von Wissen, Bewertung von Information,
Solidarität, Gerechtigkeit, Toleranz, Sinnfragen zu stellen, zu diskutieren und zu
beantworten; das alles ist nicht nur die Aufgabe eines Fachs sondern der Schule insgesamt,
ist aber doch besonderer Gegenstand von Fächern wie politischer Bildung und religiös
weltanschaulicher Bildung. Deswegen brauchen wir in den Schulen Religionsunterricht
als ein gleichberechtigtes Fach.“ Laut einer neuen Umfrage sprechen sich 53
Prozent der Deutschen für ein Pflichtfach Ethik aus. 44 Prozent der Befragten befürworten
eine Wahlmöglichkeit zwischen Religions- und Ethikunterricht als gleichrangige Fächer.
Die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) hatte diese Studie bei Infratest
dimap in Auftrag gegeben. Nach einer Forsa-Umfrage vom Januar dieses Jahres war die
„Mehrheit der Befragten für eine freie Wahlmöglichkeit zwischen gleichberechtigten
Unterrichtsfächern“. Wolfgang Thierse betont die Religions- und damit Wahlfreiheit,
tritt für die Zusammenarbeit der Fächer und zum Beispiel islamischen Religionsunterricht
ein: „Es ist schon sinnvoll, dass in einem Land religiös sehr differenzierten
Land wie Berlin, wo ja nur noch eine Minderheit einer der beiden Kirchen angehört,
auch Schüler erreicht werden, die von zu Hause, aus der Familie oder Gemeinschaft
aus der sie stammen, keinerlei religiöse weltanschauliche Angebote erhalten. Aber
das kann doch nicht heißen, dass die Wahlfreiheit aufgehoben wird: Das eine – Ethik
– ist obligatorisch, das andere – Religion – fakultativ und wird damit an den Rand
und aus der Schule gedrängt. Im Sinne der Religionsfreiheit müssen die beiden Fächer
Ethik und Religion gleichberechtigte Fächer sein.“ Das derzeit in Berlin laufende
Volksbegehren hat die Gleichstellung des freiwilligen Religionsunterrichts mit dem
Ethikfach in der Bundeshauptstadt zum Ziel. Sollten bis zum 21. Januar 170.000 Unterschriften
zusammenkommen, steht 2009 ein Volksentscheid an. (domradio 04.12.2008 bp)