2008-12-02 11:31:58

Vatikan und Homosexuelle: Polemik und Streit


Homosexuellen-Verbände ärgern sich über eine Äußerung von Vatikan-Erzbischof Celestino Migliore. Dabei geht es um die Frage, ob die UNO-Menschenrechtserklärung aktualisiert werden sollte. Frankreich will im Namen der EU durchsetzen, dass der Text, der vor sechzig Jahren verabschiedet wurde, künftig auch die Diskriminierung von Homosexuellen verbietet. Keine gute Idee, meint dazu Migliore, der den Vatikan in New York bei der UNO vertritt.

Natürlich gehört der „Kampf für Respekt und Schutz der Personen zu unserem menschlichen und spirituellen Erbe“, betont Erzbischof Migliore in einem Interview, das am Montag bekannt wurde. Der katholische Weltkatechismus betone in aller Deutlichkeit, „dass jede ungerechte Diskriminierung von Homosexuellen vermieden werden muß“. „Aber“ – so der Vatikan-Diplomat weiter – „das ist hier gar nicht die Frage.“ Und er fährt wörtlich fort: „Hier gibt es jetzt eine Erklärung, die politischen Wert hat und von einer Reihe Staaten unterzeichnet ist. Sie fordert die Staaten und die internationalen Organisationen, die Menschenrechte umsetzen und kontrollieren, dazu auf, neue Kategorien hinzuzufügen, die vor Diskriminierung zu schützen sind. Dabei wird aber nicht berücksichtigt, dass sie im Fall von Adoptionen neue und furchtbare Diskriminierungen schaffen.“ Hinter dieser Bemerkung steht das kirchliche Nein zur Adoption von Kindern durch zwei Partner des gleichen Geschlechts. Und weiter sagt Migliore: „Die Staaten, die die Union zwischen Personen des gleichen Geschlechts nicht als Ehe anerkennen, werden an den Pranger und unter Druck gestellt werden.“

Die Äußerungen des Vatikan-Vertreters bei der UNO stoßen in verschiedenen Kreisen auf Protest. Der frühere französische Kulturminister Jack Lang – ein Sozialist – bekräftigt in einem Interview, die geplanten Änderungen an der UNO-Menschenrechtserklärung zielten vor allem auf mehrheitlich islamische Länder. „Es ist schade, dass der Vatikan denselben Weg einschlägt wie diese Länder.“ Die Haltung des Heiligen Stuhls sei „archaisch“, er sei „in den Händen von Reaktionären und Konservativen, die ihre Macht behalten wollen“. Die öffentliche Meinung in Frankreich werde auf die vatikanische Position „bestenfalls mit Gleichgültigkeit reagieren – und schlimmstenfalls mit Ironie und Sarkasmus“.

Auch in der italienischen Tageszeitung „La Repubblica“ schlagen die Wellen hoch: Ein transsexueller Politiker der Partei „Kommunistische Wiederergründung“ darf erklären, er warte immer noch „auf ein Mea Culpa für die Scheiterhaufen des Mittelalters“, während ein Abgeordneter von Silvio Berlusconis Regierungspartei den Vatikan verteidigt: „Wer will den ausschließen, dass künftig die Gegner von „Homo-Ehen“ vor Gericht gestellt oder persönlich angegriffen werden?“ Hinter Erzbischof Migliore stellt sich auch der christdemokratische Politiker Rocco Buttiglione (UDC). Er präzisiert, die Kirche sage doch gar nicht, dass Homosexualität ein Verbrechen sei. Sie wende sich aber, so Buttiglione wörtlich, „gegen die Initiative einiger europäischer Staaten oder vielleicht auch der Brüsseler Bürokratie, für Homosexuelle einen Sonderstatus zu schaffen“. An seiner kirchennahen Haltung zum Thema Homosexuelle war vor einigen Jahren Buttigliones Berufung in die EU-Kommission spektakulär gescheitert.

Der Sprecher des Papstes, Jesuitenpater Federico Lombardi, hat am Montagabend die Position des Vatikans präzisiert. Wer Migliores Interview in Ruhe lese, der finde dort „klare und völlig konsensfähige“ Äußerungen.

„Es will doch keiner die Todesstrafe für Homosexuelle verteidigen, auch wenn einige das jetzt glauben machen wollen. Im katholischen Weltkatechismus sind die Prinzipien aufgeführt, dass die grundlegenden Rechte der Person respektiert werden und dass jede ungerechte Diskriminierung zurückgewiesen werden muß. Das schließt nicht nur die Todesstrafe aus, sondern überhaupt alle strafrechtlichen Schritte, die Homosexuellen Gewalt antun oder sie diskriminieren.“

Aber darum gehe es ja in der EU-Initiative, die Frankreich Mitte Dezember in der UNO-Vollversammlung einbringen will, in Wirklichkeit gar nicht, so Pater Lombardi.

„In diesem Text geht es nicht nur darum, Homosexualität straffrei zu machen, wie man das jetzt überall liest, sondern um die Einfügung einer Erklärung mit politischem Wert. Sie kann sich auf Kontrollmechanismen in einer Weise auswirken, dass jede Norm – nicht nur juristische, sondern auch soziale oder religiöse – jedwede sexuelle Orientierung genau auf die gleiche Stufe stellen müssen. Sonst würde diese Norm als den Menschenrechten entgegengesetzt angesehen. Das kann ganz eindeutig zu Diskriminierung derjenigen führen, die glauben, – um nur mal ein sehr klares Beispiel zu nennen – dass die Ehe zwischen Mann und Frau die grundlegende und ursprüngliche Form des sozialen Lebens ist und deshalb privilegiert werden sollte.“ 
Es komme ja nicht von ungefähr, so der Vatikan-Sprecher weiter, dass gerade einmal fünfzig Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen sich hinter die EU-Initiative gestellt hätten.

„Hingegen haben sich 150 Staaten nicht dahinter gestellt. Der Heilige Stuhl ist also nicht allein.“ 
(rv 02.12.2008 sk)







All the contents on this site are copyrighted ©.