Vatikan zu Doha-Konferenz: „Am Ende zahlen die Armen...“
In Doha startet am
Samstag die zweite Konferenz der Vereinten Nationen zur Entwicklungsfinanzierung.
Bei dem Treffen debattieren Vertretern aus mehr als 120 Staaten über die Finanzierung
von Armutsbekämpfung. Für den Vatikan nimmt der Ständige Vertreter des Heiligen Stuhls
bei der UNO in New York, Erzbischof Celestino Migliore, teil. Im Vorfeld der Konferenz
hatte der Vatikan in einer Note einen „Pakt für die Neugründung des internationalen
Finanzsystems“ gefordert. Grundsätzliche Reformen seien notwendig, damit die Finanzkrise
nicht allein auf Kosten der Ärmsten gehe, so das Vatikanpapier vom vergangenen Sonntag.
Wir haben vor Beginn der Konferenz mit Erzbischof Migliore gesprochen. Er hält eine
grundsätzliche Reform des Finanzmarktes für unumgänglich:
„Gesetze und Verhaltensregeln
gab es schon lange vor der Krise; das Problem war, man wurde nicht bestraft, wenn
man sich nicht an die Gesetze hielt. Und dann ist es auch ein Problem der Führung
und der Autorität der Regierenden auf allen Ebenen, die zuallererst die Verantwortung
haben, die Bürger zu schützen, besonders die Masse der Arbeiter, der Sparer, der einfachen
Leute, die nicht die Möglichkeit haben, die komplizierten Prozesse auf den Finanzmärkten
zu verfolgen und die bewahrt werden müssen vor den Betrügereien der Schlauen...“ Von
Doha erhofft sich Migliore ein deutliches Signal für die armen Länder. Angesichts
der Finanzkrise dürften die nicht die Zeche zahlen.
„Am Ende sind nämlich
die Armen die zuverlässigsten Schuldner, die also, die ihre Kredite mit Zinseszins
bezahlen und einen guten Gebrauch machen von den Hilfen, um ein menschenwürdiges Leben
zu ermöglichen. Wenn wir schauen, welch großen Fortschritte manche Entwicklungsländer
gemacht haben, dann kann man sagen: Entwicklungshilfe führt genau dann zu guten Ergebnissen,
wenn sie den Ärmsten zu Gute kommt: Gesundheit, Erziehung, Wohnung, Arbeit... Und
diese Hilfsprogramme haben nicht nur Wohlstand gebracht, sondern haben auch die Harmonie,
das friedliche Zusammenleben und die Kooperation gefördert.“ Hilfsorganisationen
bemängeln, dass kaum Staats- und Regierungschefs großer Industriestaaten und auch
keine führenden Vertreter von Weltbank oder Internationalem Währungsfonds (IWF) zur
Konferenz in Doha kommen. Nach Ansicht der Experten des SÜDWIND-Instituts drohe die
Doha-Konferenz zu scheitern, weil die Industriestaaten die Folgen der aktuellen Krisen
in den Ländern des Südens ignorierten. Die ökumenische Forschungseinrichtung fordert
„eine schnelle Erhöhung der Entwicklungshilfe auf 0,7% des Bruttoinlandsprodukts und
die Bekämpfung von Steuer und Kapitalflucht aus den Entwicklungsländern“. - Für Deutschland
nimmt an dem Treffen die Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD)
teil, die als Sondergesandte von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon reist.