Der Erzbischof von
Mumbai hat die Anschläge in der westindischen Finanzmetropole scharf verurteilt. Die
indische Bischofskonferenz forderte die Regierung auf, „alle Anstrengungen zu unternehmen,
das Blutbad zu beenden“. Alle sollten zu friedlichem Zusammenleben in Indien beitragen,
so ein Sprecher gegenüber dem Pressedienst Asianews. In einem Beileidstelegramm rief
Papst Benedikt XVI. dazu auf, allen terroristischen Akten ein Ende zu setzen; sie
verletzten die Menschheitsfamilie und setzten den Frieden und die Solidarität aufs
Spiel, welche eine menschenwürdige Gesellschaft dringend brauche.
Bei Angriffen
auf symbolträchtige Gebäude und öffentliche Plätze in Mumbai sind nach Polizeiangaben
seit Mittwochabend mehr als 100 Menschen getötet und 287 verletzt worden. Zudem wurden
ausländische Geiseln in zwei Luxus-Hotels genommen, darunter nach ersten Angaben von
Mitgliedern einer Delegation aus dem EU-Parlament auch Deutsche. Die Geiselnahme im
berühmten Hotel „Taj Mahal“ ist nach Angaben der Polizei beendet, doch die Lage in
der Stadt bleibt kritisch.
Kardinal Oswald Gracias rief bei Asianews dazu auf,
die Spirale der Gewalt zu durchbrechen. Auszüge aus der Stellungnahme:
„Die
Worte reichen nicht aus, um unseren Schock zu beschreiben.… Die Kirche in Indien verurteilt
die Anschläge aufs Äußerste… Alle zusammen müssen wir als ein Volk und eine Nation
gegen die Terroristen kämpfen. Wir müssen die Intoleranz gegen diese Kräfte schüren,
die spalten. Wir müssen ein Klima der Zusammenarbeit schaffen, damit jeder Bürger
aufmerksam ist und Anzeichen an den Geheimdienst gemeldet werden können. Regierung
und Sicherheitsdienste müssen schneller arbeiten können… Diese Anschläge wurden von
aufgeheizten Menschen verübt, die einer Gehirnwäsche unterzogen wurden… Wir bitten
um Vergebung für diese Auswüchse und Fehlentwicklungen in unserer Stadt. Aber Indien
ist eine große Nation und Fremde sind immer willkommen.“
PIME-Missionar
Carlo Torriani, seit vielen Jahren in Mumbai, berichtet gegenüber Radio Vatikan von
einer Stadt in Angst.
„Die Zeitungen waren am Morgen schon ausverkauft.
Die Menschen irren durch die Straßen und schauen einander ungläubig an. Die Schulen
sind geschlossen. Züge und andere öffentliche Verkehrsmittel fahren größtenteils nicht.
Die Stadt steht unter Schock. Die Menschen haben Angst und können sich noch nicht
erklären, wie das passieren konnte.“
Die kaum bekannte Gruppe Deccan Mujahideen
hat erklärt, Urheberin der Angriffe zu sein. Indiens Premierminister Manmohan Singh
sprach in einer Botschaft an die Nation von ausländischen Drahtziehern hinter den
schwersten Anschlägen in Indien seit fünf Jahren.
Anders Michelguglielmo Torri;
der Asienexperte sagte gegenüber Radio Vatikan:
„Ich glaube nicht, dass
Indien Opfer des internationalen Terrorismus ist. Ich denke, dass das Land Opfer von
terroristischen Strömungen wurde, die mit den internen Spannungen zusammenhängen…“
Die Angreifer, deren genaue Zahl noch nicht feststeht, waren über das
Meer gekommen. In Booten fuhren sie zu den Touristenzentren auf der Halbinsel, auf
der die Altstadt von Mumbai liegt. Augenzeugen berichteten, dass die Angreifer in
den Hotels gezielt nach Menschen aus den USA und Großbritannien gesucht hätten. Einer
der Männer im Hotel „Trident/Oberoi“ forderte via Telefon, alle in Indien inhaftierten
islamistischen Kämpfer müssten freigelassen werden.
Asienfachmann Torri führt
die religiösen und ethnischen Konflikte in Indien ins Feld:
„Die größte
Minderheit ist die muslimische. Sie wird diskriminiert und hat eine Reihe von Ungerechtigkeiten
ertragen müssen; Ungerechtigkeiten, denen leider keine demokratischen politischen
Maßnahmen entgegengesetzt wurden.“
Weiterer Problempunkt und Zündstoff
für Gewalt: die Schere zwischen Arm und Reich.
„Die Spannungen in Indien
sind vielfältig: zum Teil resultieren sie aus der wirtschaftlichen Entwicklung, die
seit den 90er Jahren in Gang ist und der Wirtschaft schnelles Wachstum beschert hat,
von der aber nur etwa ein sechstel der Bevölkerung profitieren. Der Großteil der Bevölkerung
ist außen vor geblieben oder gar benachteiligt worden.“
Die indische Präsidentin
Pratibha Patil hat die Terroranschläge in Mumbai scharf kritisiert. „Diese sinnlose
Attacke wurde von Leuten ausgeführt, die keinen Respekt vor dem Leben haben, die einen
Weg der Zerstörung gehen“, sagte Patil in Hanoi. Sie hält sich zu einem viertägigen
Staatsbesuch in Vietnam auf.