2008-11-27 14:45:33

Indien/Vatikan: Kirche verurteilt Anschläge


RealAudioMP3 Der Erzbischof von Mumbai hat die Anschläge in der westindischen Finanzmetropole scharf verurteilt. Die indische Bischofskonferenz forderte die Regierung auf, „alle Anstrengungen zu unternehmen, das Blutbad zu beenden“. Alle sollten zu friedlichem Zusammenleben in Indien beitragen, so ein Sprecher gegenüber dem Pressedienst Asianews. In einem Beileidstelegramm rief Papst Benedikt XVI. dazu auf, allen terroristischen Akten ein Ende zu setzen; sie verletzten die Menschheitsfamilie und setzten den Frieden und die Solidarität aufs Spiel, welche eine menschenwürdige Gesellschaft dringend brauche.

Bei Angriffen auf symbolträchtige Gebäude und öffentliche Plätze in Mumbai sind nach Polizeiangaben seit Mittwochabend mehr als 100 Menschen getötet und 287 verletzt worden. Zudem wurden ausländische Geiseln in zwei Luxus-Hotels genommen, darunter nach ersten Angaben von Mitgliedern einer Delegation aus dem EU-Parlament auch Deutsche. Die Geiselnahme im berühmten Hotel „Taj Mahal“ ist nach Angaben der Polizei beendet, doch die Lage in der Stadt bleibt kritisch.

Kardinal Oswald Gracias rief bei Asianews dazu auf, die Spirale der Gewalt zu durchbrechen. Auszüge aus der Stellungnahme:

„Die Worte reichen nicht aus, um unseren Schock zu beschreiben.… Die Kirche in Indien verurteilt die Anschläge aufs Äußerste… Alle zusammen müssen wir als ein Volk und eine Nation gegen die Terroristen kämpfen. Wir müssen die Intoleranz gegen diese Kräfte schüren, die spalten. Wir müssen ein Klima der Zusammenarbeit schaffen, damit jeder Bürger aufmerksam ist und Anzeichen an den Geheimdienst gemeldet werden können. Regierung und Sicherheitsdienste müssen schneller arbeiten können… Diese Anschläge wurden von aufgeheizten Menschen verübt, die einer Gehirnwäsche unterzogen wurden… Wir bitten um Vergebung für diese Auswüchse und Fehlentwicklungen in unserer Stadt. Aber Indien ist eine große Nation und Fremde sind immer willkommen.“

PIME-Missionar Carlo Torriani, seit vielen Jahren in Mumbai, berichtet gegenüber Radio Vatikan von einer Stadt in Angst.

„Die Zeitungen waren am Morgen schon ausverkauft. Die Menschen irren durch die Straßen und schauen einander ungläubig an. Die Schulen sind geschlossen. Züge und andere öffentliche Verkehrsmittel fahren größtenteils nicht. Die Stadt steht unter Schock. Die Menschen haben Angst und können sich noch nicht erklären, wie das passieren konnte.“

Die kaum bekannte Gruppe Deccan Mujahideen hat erklärt, Urheberin der Angriffe zu sein. Indiens Premierminister Manmohan Singh sprach in einer Botschaft an die Nation von ausländischen Drahtziehern hinter den schwersten Anschlägen in Indien seit fünf Jahren.

Anders Michelguglielmo Torri; der Asienexperte sagte gegenüber Radio Vatikan:

„Ich glaube nicht, dass Indien Opfer des internationalen Terrorismus ist. Ich denke, dass das Land Opfer von terroristischen Strömungen wurde, die mit den internen Spannungen zusammenhängen…“

Die Angreifer, deren genaue Zahl noch nicht feststeht, waren über das Meer gekommen. In Booten fuhren sie zu den Touristenzentren auf der Halbinsel, auf der die Altstadt von Mumbai liegt. Augenzeugen berichteten, dass die Angreifer in den Hotels gezielt nach Menschen aus den USA und Großbritannien gesucht hätten. Einer der Männer im Hotel „Trident/Oberoi“ forderte via Telefon, alle in Indien inhaftierten islamistischen Kämpfer müssten freigelassen werden.

Asienfachmann Torri führt die religiösen und ethnischen Konflikte in Indien ins Feld:

„Die größte Minderheit ist die muslimische. Sie wird diskriminiert und hat eine Reihe von Ungerechtigkeiten ertragen müssen; Ungerechtigkeiten, denen leider keine demokratischen politischen Maßnahmen entgegengesetzt wurden.“

Weiterer Problempunkt und Zündstoff für Gewalt: die Schere zwischen Arm und Reich.

„Die Spannungen in Indien sind vielfältig: zum Teil resultieren sie aus der wirtschaftlichen Entwicklung, die seit den 90er Jahren in Gang ist und der Wirtschaft schnelles Wachstum beschert hat, von der aber nur etwa ein sechstel der Bevölkerung profitieren. Der Großteil der Bevölkerung ist außen vor geblieben oder gar benachteiligt worden.“

Die indische Präsidentin Pratibha Patil hat die Terroranschläge in Mumbai scharf kritisiert. „Diese sinnlose Attacke wurde von Leuten ausgeführt, die keinen Respekt vor dem Leben haben, die einen Weg der Zerstörung gehen“, sagte Patil in Hanoi. Sie hält sich zu einem viertägigen Staatsbesuch in Vietnam auf.

(rv/asianews/reuters 27.11.2008 bp)







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