Der Vatikan fordert
einen „Pakt für die Neugründung des internationalen Finanzsystems“. „Die aktuelle
Finanzkrise ist vor allem eine Vertrauenskrise“, heißt es in einer am Sonntag veröffentlichten
Erklärung. Im Vorfeld der UNO-Konferenz für Entwicklung Ende der Woche in Doha warnt
der Heilige Stuhl vor drohenden Einschnitten in der Entwicklungshilfe. Die Erklärung
– erarbeitet vom zuständigen Päpstlichen Rat für Gerechtigkeit und Frieden – wolle
zum Dialog über ethische Aspekte im Finanz- und Wirtschaftssektor anregen sowie Regierungen
und Wirtschaftsakteure ermutigen, „dauerhafte und gemeinschaftliche Lösungen“ zu erarbeiten.
Eine
schlichte Überarbeitung des Systems reicht in den Augen der katholischen Kirche nicht
aus, vielmehr brauche es neue Formen internationaler Zusammenarbeit in Währungsfragen,
im Finanz- und Handelssektor. Auch die großen Staaten seien sich bewusst, ihre Wirtschaftsziele
nicht mehr nur binnenstaatlich verwirklichen zu können. Ein neuer wechselseitiger
Protektionismus sei zu vermeiden, die Kooperation für mehr Transparenz und Überwachung
der Märkte müsse intensiviert werden. Weiter behinderten Handelshemmnisse die Entwicklung,
so die Vatikannote. Einfuhrstopps für Waren aus armen Ländern zum Beispiel machten
die Politik unglaubwürdig. Man könne nicht mit einer Hand geben, mit der anderen nehmen. Zugleich
befürchtet der Vatikan Einschnitte bei der Entwicklungshilfe. Die Bereitstellung entsprechender
Mittel werde unter den „ungeheuren Aufwendungen“ leiden, die zur Eindämmung der Finanzkrise
gebraucht würden. Angemessene Entwicklungshilfe setze hingegen ein langfristiges Engagement
voraus. Nur mit solchen Investitionen lasse sich ein gesundes und effektives Finanzsystem
aufbauen. Nahrungsmittel-, Energie- und Finanzkrise seien eng miteinander verbunden,
resümiert die Vatikanbehörde. Für dauerhafte Lösungen müssten alle jetzt beschlossenen
Einsparungen wirklich zur Entwicklung beitragen können, „das heißt zur Schaffung von
Arbeitsplätzen“. Alle Akteure im Finanz- und Wirtschaftssektor müssten sich ihrer
Verantwortung für das Gemeinwohl bewusst sein. Dazu braucht es laut katholischer Kirche
eine grundlegende ethische Bildung. Von oben verordnete staatliche Maßnahmen könnten
maximal kurzfristig Abhilfe schaffen. Dauerhafte Entwicklung und Wege aus der Armut
seien nur mit Subsidiarität und Solidarität leistbar – Grundprinzipien der katholischen
Soziallehre.