Aktenzeichen: Hl. Maria Bernarda Bütler - Von den Alpen - zu den Anden (1848
- 1924)
Eingebettet in den
Schweizer-Alpen, befindet sich im Kanton Aargau das kleine Dorf Auw. Hier erblickte
Maria Bernarda im Jahre 1848, dem Gründungsjahr des schweizerischen Bundesstaates,
das Licht der Welt. Sie war das vierte von acht Kindern. Ihr Leben war still und verborgen
und das Evangelium war ihr Leitstern. Mit 19 Jahren trat sie in das Kapuzinerkloster
von Altstätten ein, 21 Jahre später wanderte sie mit einigen Gefährtinnen nach Lateinamerika
aus. Vor einem Monat - am 12. Oktober 2008 - wurde die Gründerin der Franziskaner
Missionsschwestern in Rom heiliggesprochen. Sie ist die erste Heilige der Schweiz
- ein Vorbild also auch für unsere heutige Zeit. Ihr Lebensweg und ihre Heiligsprechung
sind die Höhepunkte dieser Sendung.
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Eben hörten wir die Heiligsprechungsformel
in lateinsicher Sprache, die am 12. Oktober dieses Jahres auf dem Petersplatz im Beisein
von Papst Benedikt XVI. verlesen wurde. Wenige Minuten später faßt der Papst vor vielen
tausend Pilgern und Gläubigen das Leben der neuen Heiligen in folgenden Worten zusammen:
*Maria
Bernarda Bütler hat schon sehr früh die Erfahrung einer tiefen Liebe zum Herrn gemacht.
Wie sie sagte, ist es fast unmöglich, das anderen zu erkären,die es selbst nicht so
verspürt haben.Diese Liebe führte Verena Bütler - wie sie damals hieß - zum Eintritt
in das Kapuzinerinnenkloster Maria-Hilf in Altstätten, wo sie mit 21 Jahren ihr Gelübde
ablegte. Im Alter von 40 Jahren empfing sie ihre missionarische Berufung und machte
sich auf den Weg nach Ecuador und dann nach Kolumbien. Auf Grund ihres Lebens und
ihres Einsatzes für ihre Mitmenschen hat sie mein verehrter Vorgänger Johannes Paul
II.am 29. Oktober 1995 als Selige zur Ehre der Altäre erhoben.
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Am
Ende der Heiligen Messe auf dem Petersplatz wendet sich Papst Benedikt noch einmal
an die versammelten Gläubigen:
*Mit Freude heiße ich alle Gläubigen in
deutscher Sprache willkommen. Besonders grüße ich die offiziellen Delegationen und
die zahlreichen Pilger aus der Schweiz sowie die Franziskaner-Missionsschwestern aus
Maria-Hilf. Die Heilige Maria Bernarda hat ihr Leben ganz dem Herrn anvertraut.Sie
ist zu einem Instrument der Liebe Gottes geworden, die sie bis an die Enden der Erde
verkündet hat. Nach ihrem Vorbild wollen auch wir uns darum bemühen, den Gott der
Liebe und der Hoffnung zu den Menschen zu bringen.Der Herr schenke euch dazu die Fülle
seiner Gnade.
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Durch den Rest der Sendung über Maria Bernarda
Bütler begleitet uns jetzt die Generaloberin der Missionsfranziskanerinnen, Schwester
Consilia Hofer. Die sprachbegabte Chefin der Europaprovinz mit Sitz im vorarlbergischen
Frastanz, unweit von Feldkirch, stammt aus Südtirol und gilt allgemein als die Triebfeder
auf dem langen Weg Maria Bernarda Bütlers zum Stand der Heiligkeit. Mit anderen Worten:
sie stand und steht organisatorisch an vorderster Front und hat - wie sie selbst sagt
- immer alles selber in die Hand genommen. Schwester Consilia Hofer - ich erinnere
mich gut - Sie sagten uns schon bei der Seligsprechung von Mutter Bütler im Jahre
1997, sehr prägnant, die neue Heilige habe kein außergewöhnliches Leben geführt, sondern
das Leben außergewöhnlich gelebt. Was erhofft sich die Generaloberin jetzt von der
Heiligsprechung. Ist das Ziel erreicht, oder fängt ein neuer Weg an?
*dass
wir ihr nachahmen, dass wir mehr ein inneres Leben führen, dass es für uns ein neues
Aufblühen im geistigen Sinne wird und dass wir wirklich wieder zu den originellen
Charisma zurückfinden, und das ist die Mission. Dass wir uns wirklich für die anderen
einsetzten, die dort leben, wo niemand hingehen will, so wie sie es getan hat.
Schwester
Consilia Hofer ist überzeugt, dass Mutter Bernarda selber ihre Heiligsprechung von
oben aus in die Hand genommen hat, denn schon bei ihrem Tod hat das einfache Volk
von Cartagena in Kolumbien gesagt:
*heute ist ein Heilige gestorben. Sie hat
das weitergeführt, durch die Tatsache, dass sie Wunder gewirkt hat. Sie hat ein großes
Wunder gewirkt mit einem Kind, das einen Tumor gehabt hat und mit kleineren Wundern.
Und jetzt hat sie an einer Ärztin ein Wunder gewirkt. Und die Leute selber von Cartagena,
die armen Leute ,haben sie heiliggesprochen.
Mutter Maria Bernarda Bütler
hat in Kolumbien einen hohen Bekanntheits- und Beliebtheitsgrad erreicht. Es heißt
- ein jeder Taxifahrer führe in seinem Wagen ein Bildchen der neuen Heiligen mit.
Wie ist das in der Schweiz?
*In der Schweiz ist sie jetzt sehr bekannt, denn
sie ist ja die erste Heilige, die erste echte Heilige der Schweiz, die anderen lebten
ja vor der Proklamierung der Eidgenossenschaft. Wir machen ja auch sehr viel, damit
sie bekannt wird. Sie war früher einmal schon ziemlich bekannt, das ist in letzter
Zeit etwas abgeklungen, aber jetzt blüht sie wieder auf.
Bernarda Bütler war
nachweislich ein echtes Franziskuskind. Die bekannte Liebe zu den Armen und zur Natur
des Franz von Assisi übten auch auf das Leben der Missionsfranziskanerin einen großen
Einfluss aus. Sie wäre heute möglicherweise unter den Umweltschützern, vielleicht
sogar unter den Grünen zu finden.
*Kann sein, dass sie unter den Grünen zu
finden wäre, besonders aber in der Bewahrung der Schöpfung. Sie hat immer Gemüse gepflanzt,
hat den Leuten gezeigt, wie man einen Garten anlegt, auch uns Schwestern hat sie das
gelernt. Und sie ist immer unter die Armen gegangen und hat geschaut, dass die ein
menschwürdigeres Leben bekamen.
Betrachtet man Bernarda Bütler unter dem menschlichen
Aspekt, erfährt man, dass sie einen ausgesprochen harmonischen und festen Charakter
hatte. So soll sie Demut, Klugheit und bedingunslose Dienstbereitschaft in einer ungewöhnlichen
Einheit verkörpert haben. Das sind beinahe schon alle wichtigen sogenannten Kardinalstugenden.
Aber da gibt es noch einiges hinzuzufügen:
*Sie war eine gütige Frau, sie war
eine verständnisvolle Frau, und das ist, glaube ich, was uns noch fehlt:dass wir uns
noch mehr einsetzen, für die ,die keine Stimme haben. Für die ganz Armen, für die,
die niemand haben will.
Und: auch die Stimme der Frau müsse vermehrt gehört
werden. Das sei auch Bernarda Bütler ein großes Anliegen gewesen; In unserer Gesellschaft
fehlt oft das Menschliche, und das bringen gerade die Frauen ein. Frauen leben viel
stärker im Jetzt.Und deshalb nehmen sie meist auch viel besser als Männer wahr, was
Not tut, sagt Schwester Consilia. - Derzeit gehören der Kongregation der Franziskaner
Missionsschwestern von Maria Hilf in Europa noch 83 Ordensfrauen in Österreich und
der Schweiz an. Die einstigen Niederlassungen in Italien wurden aufgegeben. Immerhin
720 Ordensfrauen gehören derzeit in Lateinamerika der Kongregation an.Sie wirken in
Kolumbien, Venezuela, Ecuador, Peru, Bolivien und auf Kuba. Sie sind hauptsächlich
in den Armenvierteln tätig, in Schule und Erziehung, in der Ausbildung von Frauen
und Mädchen, in der Betagten- und Behindertenpflege. Der Welthauptsitz der Kongregation
befindet sich in Bogota.
Der große Tag der Heiligsprechung von Mutter Bernarda
Bütler ist vorbei: Schwester Consilia Hofer steht fast ganz allein auf dem Petersplatz
und blickt noch einmal zurück:
*Ich muss Ihnen sagen, dass ich sehr viele Stunden
vor ihrem Bild am Petersplatz gestanden bin. Hauptsächlich in der Früh, wenn noch
keine Pilger da waren. Und ich habe mit ihr persönlich gesprochen, wie ich immer mit
ihr eigentlich persönlich spreche. Ich lege ihr meine Anliegen vor, aber ich danke
auch für alles, was sie uns getan hat, was sie der Menschheit gegeben hat, was sie
dem ganzen Volk Gottes gegeben hat. Und ich empfehle ihr auch - ganz persönlich -
so wie es mir herauskommt, die Menschheit, damit die Menschheit wieder zu Gott findet.
Denn nur von dort bekommen wir Frieden, Zufriedenheit und nur dort verstehen wir uns
wieder.