2008-11-22 18:40:35

Kongo: „Abrutschen in einen wirklichen Genozid“


RealAudioMP3 „Herr – komm in die Flüchtlingslager. In Darfur, in Nord-Kivu, in so vielen Teilen der Welt.“ Mit diesen Worten hat Papst Benedikt letzten Mittwoch um Frieden im Osten des Kongo gebetet. Dem Papst-Appell ist es wohl schon gelungen, das Gewissen der Weltöffentlichkeit aufzurütteln, glaubt der Vorsitzende der Bischofskonferenz des Kongo, Nicolas Djomo Lola, Bischof der Stadt Tshumbe.

„Der Appell des Heiligen Vaters ist sehr wichtig, weil er von einer großen moralischen Autorität ausgeht; wir sind sicher, darauf wird man hören. Wir haben überhaupt im Moment das Gefühl, dass sich jetzt mit einem Mal etwas tut auf der Seite der Vereinten Nationen: Immerhin wurde ja beschlossen, die UNO-Friedenstruppe Monuc um 3.000 Soldaten aufzustocken, um die Bevölkerung zu schützen. Das sind doch greifbare Ergebnisse eines Drucks, der von verschiedenen Seiten kommt und den auch der Heilige Vater mit aufgebaut hat. Vor Ort ist im Moment ein intensives diplomatisches Tauziehen im Gang; es sind vor allem Persönlichkeiten aus der Europäischen Union, die an allen Ecken und Enden versuchen, das Blutvergießen zu stoppen. Mit Sicherheit hat der Appell des Heiligen Vaters sein Gewicht gehabt.“

Die Bischofskonferenz hat vor wenigen Tagen mit einem Alarmbrief auf sich aufmerksam gemacht, in dem sogar die Rede von einem „schleichenden Völkermord“ war. Das ist eine starke Formulierung...

„Ja, aber die Kirche muß das Wort ergreifen, denn wir sind die Hirten dieser Kirche und leben mit diesem Volk. Wir kennen die jetzige Lage doch ganz genau: auch die extreme Armut der meisten, zu der dann noch ein Krieg kommt, wie wir ihn jetzt gerade erleben. Wir erleben grausame Verbrechen und wirkliche menschliche Dramen. Die Würde des Menschen, der nach Gottes Bild und Gleichnis geschaffen wurde, wird hier mit Füßen getreten. Und darum wollten wir ein starkes Signal geben – vor allem, damit die Regierenden uns hören, die internationale Gemeinschaft. Unser Appell hatte tatsächlich eine große Resonanz. Wir beobachten die Lage weiterhin sehr genau und werden alles tun, damit dieses Drama nicht wieder ins Schweigen zurücksinkt.“

Aber diese Formulierung „schleichender Völkermord“ ist schon etwas gewagt. Haben Sie sie bewußt gewählt, um möglichst viel Aufmerksamkeit zu erregen?

„Ja. Wir haben diesen Ausdruck benutzt, weil es immer noch besser ist, vorzubeugen, als dann hinterher die Wunden verbinden zu müssen. Wir wissen doch genau, dass das Drama, das wir gerade erleben, einem schleichenden Völkermord sehr nahe kommt. Warum? Weil – und das ist eine Tatsache – einige ganz konkrete soziale Kategorien da angegriffen werden. Sinnlose Massaker großen Ausmasses, junge Leute, die gezielt dezimiert werden, systematische Vergewaltigungen der Frauen – diese Dramen zeigen einen systematischen Einsatz der Gewalt. Und darum haben wir versucht, die Aufmerksamkeit aller zu erregen – denn es ist leicht, wirklich sehr leicht, jetzt in einen echten Völkermord abzurutschen!“

(rv 22.11.2008 sk)








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