Kommentar: „Gegen Prostitution, aber für Prostiuierte!"
Im Namen der Menschenwürde:
gegen Prostitution, aber für Prostiuierte! Gastkommenar für Radio Vatikan
von Sr. Dr. Lea Ackermann
Der 25. November ist der internationale Gedenktag
für die Opfer von Männergewalt gegen Frauen. Am kommenden Dienstag werden auch in
Deutschland wieder überall Aktionen gemacht. Darum erlaube ich mir heute an dieser
Stelle ein Wort in eigener Sache. Denn SOLWODI nimmt den Gedenktag zum Anlass, in
Namen der Menschenwürde eine Kampagne zu starten: gegen Prostitution, aber für Prostituierte. SOLWODI
ist die Abkürzung von „Solidarity With Women in Distress“ – Solidarität mit Frauen
in Not. Ich habe diese Organisation 1985 in Kenia als Austiegsprojekt für Frauen in
der Elendsprostitution gegründet. Seit 1988 engagiert sich SOLWODI auch in Deutschland:
vor allem für Opfer von Menschenhandel und Zwangsprostitution. Meiner Ansicht nach
ist Prostitution – auch die so genannte „freiwillige“ – immer eine Verletzung der
Menschenwürde. Der weibliche Körper ist keine Ware, die „mann“ verkaufen und kaufen
kann wie unbeseelte Objekte! Darum bin ich für die Abschaffung der Prostitution. Doch
da sich dies in Deutschland weder lang- noch mittelfristig durchsetzen lässt, hat
sich SOLWODI zu kurzfristigem Handeln entschlossen. Wir wollen es nicht länger hinnehmen,
dass Prostitution immer salonfähiger wird, während Prostituierte wie der letzte Dreck
behandelt werden! Das 2002 in Kraft getretene rot-grüne Prostitutionsgesetz –
„ProstG“ – hat die freiwillig ausgeübte Prostitution in Deutschland legalisiert,
um Prostituierte besser zu stellen: u. a. durch die Möglichkeit, sich fest anstellen
und sozialversichern zu lassen. Aber das ProstG hat das Gegenteil bewirkt: Besser
gestellt wurden Zuhälter und Bordellbetreiber! In den überall in Deutschland errichteten
neuen Bordellen, die meist „Wellness-Clubs“ oder „FKK-Clubs“ heißen, lässt sich die
freiwillige von der erzwungenen Prostitution nicht mehr unterscheiden. Ohne Unterschied
werden die dort tätigen Frauen ihrer Menschenwürde beraubt. Sie unterliegen einer
nahezu lückenlosen Kontrolle durch ein ausgeklügeltes System aus Videokameras, Bordell-
und Security-Personal. Die Frauen müssen sich ausschließlich unbekleidet in den Häusern
bewegen, dürfen nicht telefonieren und dürfen nur mit Genehmigung der Geschäftsleitung
nach draußen. Die Sexualpraktiken sind vorgeschrieben; Freier können nicht abgelehnt
werden; die Arbeitszeiten betragen bis zu 16 Stunden täglich. Angesichts dieser
Ausbeutungsverhältnisse will SOLWODI mit Vorschlägen für eine Gesetzesreform Zuhälter
und Bordellbetreiber in ihre Schranken verweisen. Wir fordern die Bundesregierung
auf, die Menschenwürde und das Selbstbestimmungsrecht von Frauen in der Prostitution
zu achten und zu schützen sowie jegliches Zuwiderhandeln der Profiteure im Rotlichtmilieu
konsequent als Straftaten zu ahnden. Unsere zentrale Forderung ist: Keine abhängige
Beschäftigung von Prostituierten und keinerlei Weisungsbefugnisse Dritter! Jegliche
Eingriffe in das Selbstbestimmungsrecht von Prostituierten müssen als sexuelle Ausbeutung
und dirigistische Zuhälterei bestraft werden! Die derzeitige Regierungskoalition
hatte im Januar 2007 eine Reform des umstrittenen Prostitutionsgesetzes angekündigt.
Doch auf die Worte sind keine Taten gefolgt. Wegen des Super-Wahljahrs 2009 ist in
dieser Legislaturperiode auch nicht mehr damit zu rechnen. Ich meine: Wenn die Politik
es nicht tut, sollten wir die Prostitution zu einem Wahlkampfthema machen! Wir demokratisch
denkenden Menschen, die sich der im Grundgesetz verbürgten Menschenwürde verpflichtet
fühlen! Wir Christinnen und Christen, die sich am gleichberechtigten Frauenbild Jesu
orientieren! Also: Bitte, unterstützen Sie unsere Kampagne, liebe Hörer und Hörerinnen!
Unsere Forderungen finden Sie auf unserer Homepage: www.solwodi.de. (rv)