Für Verwunderung im Vatikan sorgt die
Äußerung eines hochrangigen französischen Diplomaten vor der UNO. Streitpunkt ist
die Frage nach den Grenzen der Meinungsfreiheit. Kardinal Jean-Louis Tauran ist der
Präsident des Vatikanrats für den interreligiösen Dialog; er war bei der New Yorker
UNO-Konferenz zum Thema Religion dabei.
„Ich muss persönlich sagen, dass
ich überrascht bin über die etwas kuriose Äußerung eines französischen Vertreters,
der (wegen der Ratspräsidentschaft) auch im Namen der EU sprach. ‚Die Ausübung der
Religionsfreiheit kann nicht ohne die Meiungsfreiheit verstanden werden’ – was meiner
Meinung nach offensichtlich ist -, und er hat ergänzt: ‚Manchmal schließt das auch
die Verunglimpfung von Religionen ein.’ Das hat viele Delegationen überrascht, und
ich bereite derzeit ein Schreiben vor, in dem ich um eine Stellungnahme zu dieser
Äußerung bitte, die mir völlig unannehmbar erscheint.“
Zu den unterschiedlichen
Schwerpunktsetzungen der Religionsvertreter sagt der Kardinal:
„Die Muslime
haben in New York besonders Wert darauf gelegt, dass religiöse Symbole nicht verunglimpft
werden dürfen, während die westlichen Vertreter eher Wert auf die praktischen Aspekte
der Religionsfreiheit gelegt haben und auf die Wechselseitigkeit, was den Bau von
Kultstätten angeht.“
In der Abschlusserklärung hatten die Politiker sich
vergangene Woche entschieden gegen religiöse Gewalt und Intoleranz ausgesprochen.
An dem Treffen, das auf die Einladung des Königs von Saudi-Arabien, Abdullah II.,
hin stattgefunden hat, nahmen Vertreter aus 75 Staaten teil.