Das katholisch muslimische
Dialogforum vergangene Woche in Rom hat ein außerordentlich hohes öffentliches Interesse
erfahren. im Gespräch mit Gudrun Sailer zieht P. Markus Solo eine Bilanz aus dem Blickwinkel
„hinter den Kulissen“. P. Solo, Steyler Missionar, stammt aus dem überwiegend muslimischen
Indonesien, arbeitet am vatikanischen Dialograt und war einer der 29 katholischen
Teilnehmer des Dialogforums.
Ich bin ganz froh, dass wir Themen angesprochen
haben, die wir im Alltag nur unter vier Augen besprechen. Zum Beispiel, dass wir Mut
hatten, über Religionsfreiheit, Freiheit des Gewissens zu sprechen, oder über degradierende
Bezeichnungen aneinander offen zu reden. Beispielsweise fragen die Katholiken die
Muslime: Warum bezeichnen Muslime uns Christen als Heiden? Wobei es auch nicht leicht
war, die Probleme gleich zu lösen. Aber diese Dinge kommen auf den Tisch, und Gottseidank,
das eine oder andere wurde erklärt, und für ein erstes Treffen war es schon gut, dass
wir solche Dinge beim Namen nennen durften. Ich bin zufrieden.
Gibt es
auch Themen, die beim Gesprächsforum bewusst ausgespart wurden?
Klar! Beim
ersten Treffen kann man nicht alles sagen, da gibt es so heikle Dinge wie Konversion.
Wobei wir in der gemeinsamen Mitteilung auch einen Punkt erwähnt haben, der ziemlich
deutlich in Richtung der Frage Konversion geht – aber so klar haben wir beim Forum
gar nicht gesprochen, weil das Thema so heikel ist. Das andere Thema, das ausgespart
wurde, ist die Ausübung der Religion. Sowohl privat als auch öffentlich. Und ein drittes,
was die Welt bewegt, ist das Problem des Terrorismus. Auch darüber wurde nicht detailliert
gesprochen, weil die Muslime sich nicht mit denjenigen identifiziert fühlen, die Terrorismus
betreiben. Zum Beispiel erzählte der Großmufti aus Bosnien-Herzegowina von seiner
Erfahrung: Fast täglich kommen Menschen zu ihm und klagen ihm: warum schon wieder
Terrorismus, warum wieder Bin Laden und so weiter. Aber er sagte ganz klar: Wir haben
mit diesen Leuten nichts zu tun. Wir haben gemerkt, dass alle Mitglieder der muslimischen
Delegation sich vom Terrorismus distanzieren wollten. Sie wollten eher das Wort Terrorismus
mit dem Wort Gewalt im Allgemeinen ersetzen.
Wie war unter den Gesprächteilnehmer
die Stimmung, da doch auch Streitpunkte nicht fehlten?
Wir haben von Anfang
an eine Dialogstimmung geschaffen. Wir haben in der Runde gesessen, die Kulisse im
Raum war schön – dass ein Bischof in seinem würdigen Bischofsgewand mit Kappe und
Purpur und so weiter gegenüber einem muslimischen Wissenschaftler mit dem weißen Hut
und dem langen Bart sitzt – es war ein schönes, seltenes Bild. Die Stimmung im Allgemeinen
war konstruktiv und gut, wir haben wirklich auch emotionell reden können, aber auch
miteinander lachen können. Ein Mensch ist zwar wie ein Ozean – den tiefsten Grund
kann man nicht sehen. Aber zunächst war eine Basis der Kommunikation da.
Haben
auch Frauen am Dialogforum teilgenommen?
Ja, erstaunlicherweise haben die
Muslime vier Frauen gebracht, und wir, die Katholiken, drei. Da haben uns die Moslems
überrundet!
Die nächste Sitzung soll in einem Land mit muslimischer Mehrheit
stattfinden. Welches Land käme in Frage?
Bezüglich des Landes haben wir
uns noch nicht festgelegt, aber ich habe das Gefühl, dass ein arabisches Land mit
vielen Problemen die Priorität sein wird.