2008-11-13 16:42:25

Vatikan: "Dinge beim Namen genannt"


RealAudioMP3 Das katholisch muslimische Dialogforum vergangene Woche in Rom hat ein außerordentlich hohes öffentliches Interesse erfahren. im Gespräch mit Gudrun Sailer zieht P. Markus Solo eine Bilanz aus dem Blickwinkel „hinter den Kulissen“. P. Solo, Steyler Missionar, stammt aus dem überwiegend muslimischen Indonesien, arbeitet am vatikanischen Dialograt und war einer der 29 katholischen Teilnehmer des Dialogforums.

Ich bin ganz froh, dass wir Themen angesprochen haben, die wir im Alltag nur unter vier Augen besprechen. Zum Beispiel, dass wir Mut hatten, über Religionsfreiheit, Freiheit des Gewissens zu sprechen, oder über degradierende Bezeichnungen aneinander offen zu reden. Beispielsweise fragen die Katholiken die Muslime: Warum bezeichnen Muslime uns Christen als Heiden? Wobei es auch nicht leicht war, die Probleme gleich zu lösen. Aber diese Dinge kommen auf den Tisch, und Gottseidank, das eine oder andere wurde erklärt, und für ein erstes Treffen war es schon gut, dass wir solche Dinge beim Namen nennen durften. Ich bin zufrieden.

Gibt es auch Themen, die beim Gesprächsforum bewusst ausgespart wurden?

Klar! Beim ersten Treffen kann man nicht alles sagen, da gibt es so heikle Dinge wie Konversion. Wobei wir in der gemeinsamen Mitteilung auch einen Punkt erwähnt haben, der ziemlich deutlich in Richtung der Frage Konversion geht – aber so klar haben wir beim Forum gar nicht gesprochen, weil das Thema so heikel ist. Das andere Thema, das ausgespart wurde, ist die Ausübung der Religion. Sowohl privat als auch öffentlich. Und ein drittes, was die Welt bewegt, ist das Problem des Terrorismus. Auch darüber wurde nicht detailliert gesprochen, weil die Muslime sich nicht mit denjenigen identifiziert fühlen, die Terrorismus betreiben. Zum Beispiel erzählte der Großmufti aus Bosnien-Herzegowina von seiner Erfahrung: Fast täglich kommen Menschen zu ihm und klagen ihm: warum schon wieder Terrorismus, warum wieder Bin Laden und so weiter. Aber er sagte ganz klar: Wir haben mit diesen Leuten nichts zu tun. Wir haben gemerkt, dass alle Mitglieder der muslimischen Delegation sich vom Terrorismus distanzieren wollten. Sie wollten eher das Wort Terrorismus mit dem Wort Gewalt im Allgemeinen ersetzen.

Wie war unter den Gesprächteilnehmer die Stimmung, da doch auch Streitpunkte nicht fehlten?

Wir haben von Anfang an eine Dialogstimmung geschaffen. Wir haben in der Runde gesessen, die Kulisse im Raum war schön – dass ein Bischof in seinem würdigen Bischofsgewand mit Kappe und Purpur und so weiter gegenüber einem muslimischen Wissenschaftler mit dem weißen Hut und dem langen Bart sitzt – es war ein schönes, seltenes Bild. Die Stimmung im Allgemeinen war konstruktiv und gut, wir haben wirklich auch emotionell reden können, aber auch miteinander lachen können. Ein Mensch ist zwar wie ein Ozean – den tiefsten Grund kann man nicht sehen. Aber zunächst war eine Basis der Kommunikation da.

Haben auch Frauen am Dialogforum teilgenommen?

Ja, erstaunlicherweise haben die Muslime vier Frauen gebracht, und wir, die Katholiken, drei. Da haben uns die Moslems überrundet!

Die nächste Sitzung soll in einem Land mit muslimischer Mehrheit stattfinden. Welches Land käme in Frage?

Bezüglich des Landes haben wir uns noch nicht festgelegt, aber ich habe das Gefühl, dass ein arabisches Land mit vielen Problemen die Priorität sein wird.

(rv 13.11.2008 gs)








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