2008-11-08 14:13:01

Indien: „Es kann überall passieren“


RealAudioMP3 Hat die Christenverfolgung im indischen Bundesstaat Orissa 500 Tote gefordert – und damit sehr viel mehr, als die Behörden zugeben? Die Zahl 500 wird jetzt von einer „Fact-finding“-Mission kommunistischer Politiker genannt. Diese besuchten auch Flüchtlingslager, in denen an die 50.000 Christen vor den Angriffen extremistischer Hindus Schutz suchen – und sprechen von unhaltbaren Zuständen dort. Auch der Bischof von Pune in der Kirchenprovinz Bombay, Valerian D` Souza, glaubt den Versprechungen der Behörden von Orissa nicht mehr. Er geht im Gespräch mit uns davon aus, dass die Christen in Orissa und anderen Teilen Indiens weiterhin nicht ihres Lebens sicher sind.

„Diese Angriffe gegen Christen sind nicht wegen einzelner Ereignisse, sondern sind lange vorher gut geplant worden. Die radikalen Organisationen wollen, dass Indien ein Land für Hindus wird. Auch in Orissa können die Christen „in Frieden“ leben, wenn sie zum Hinduismus zurückkehren; das ist der jetzige Zustand. Aber meines Erachtens werden sich diese Leute, die uns jetzt angreifen, wundern: dass die Christen in Orissa, die arm sind, trotz des Zwanges und der Bedrohung den christlichen Glauben nicht aufgeben – und deswegen getötet werden. Die sind bereit zu sterben! Das sind keine Menschen, die sich wegen des Geldes oder aus ähnlichen Gründen zum Christentum bekehrt haben, sondern echte Nachfolger Christi. Aber mit solchen Angriffen müssen wir sowieso rechnen.“

Denn extremistische Hindugruppen gibt es im ganzen Land, so Bischof D` Souza. Und auch wenn die Hindupartei BJP bei den letzten Parlamentswahlen von der Kongresspartei abgelöst wurde, sind doch in vielen einzelnen Bundesstaaten immer noch BJP-Politiker an der Macht.

„Es kann überall passieren – damit müssen wir rechnen. Aber in Orissa hat die „BJP“, also die hinduistische Partei mit ihren radikalen Zweigen, gewissermaßen den Schutz der Regierung. Die Regierung greift nicht ein, und die sind ziemlich frei, zu machen, was sie wollen. In Mangalore z.B. in Südindien, wo die Katholiken ziemlich stark sind, ist auch die „BJP“ an der Regierung; wo diese Gruppen den Schutz der Regierung haben, da können sie auch ziemlich (ungestört) vorangehen.“

Die Behörden in Orissa beteuern, sie hätten Polizeieinheiten an sensible Punkte verlegt. Aber D` Souza bezweifelt, dass das den Christen dort wirklich hilft.

„Naja – die Sicherheit ist erhöht worden, aber nicht sehr viel. Seitdem ist es vielleicht ein bißchen besser geworden – mehr nicht. Was können fünf Polizisten tun, wenn ca. hundert Leute kommen? Sie schauen nur zu! Die Regierung müßte kräftiger eingreifen und gewissermaßen ein Exempel statuieren, dass das so nicht geht... aber das passiert zur Zeit nicht.“
 
„Christen haben in Indien früher gewissermaßen in einem Ghetto gelebt“, meint der Bischof selbstkritisch. „Sie hätten sich mehr um Kontakt zu anderen, zu den Hindus bemühen müssen – dann hätten die uns vielleicht besser verstanden.“ Jetzt räche sich, dass radikale Hindus ihr schiefes Bild von den Christen in den letzten Jahren unter die Leute gebracht hätten.

„Ja, da ist viel Propaganda gemacht worden – nicht in den großen Zeitungen, sondern in den lokalen Zeitungen. Mit vielen Lügen. Und die Leute glauben das. Z.B., dass wir andere bekehren, dass wir Bekehrungen haben wollen. Die geben nicht zu, was wir in sozialer Hinsicht für die Leute getan haben. Einige nehmen das zwar an, reden aber leider nicht viel davon – obwohl zur Zeit viele Anhänger von anderen Religionen begriffen haben: Das, was hier vorgeht, ist nicht gegen Christen und das Christentum, sondern ein Angriff auf Menschenrechte und auf die Demokratie! Und in gewisser Weise eine Gefahr für die Bundesverfassung. Darum erheben jetzt viele ihre Stimme.“

Was tun, Herr Bischof, um den indischen Christen zu helfen? Die „BJP“ oder ihre radikalen Ableger verbieten?

„Ein Verbot wäre nur ein Schritt; entscheidend ist eine Änderung der Gesinnung. Wir brauchen viel Dialog – mit den Führern der anderen Religionen, dass wir zusammenhalten. Die Leute müssen irgendwie verstehen, wofür wir da sind. Wir sind nicht zum Bekehren da, sondern wir wollen das Gute für die Menschen. Die glauben, es gehe uns einfach um die Änderung der Religion! Nein, wir wollen eine Änderung des Herzens – das kann zu Bekehrung führen, aber wir wollen vor allem für das Gute der Menschen arbeiten. Manchmal ist das nicht so verstanden worden, weil manche Sekten – etwa die Pfingstler – gegen Hinduismus predigen, und sehr viel von dem, was die tun, kommt auf unserem Konto an.“

(rv 08.11.2008 sk)








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