Am Dienstag beginnt
in Rom das dreitägige „Katholisch-Islamische Forum“. Hinter verschlossenen Türen debattieren
29 katholische Experten und ebensoviele islamische zum Thema „Gottesliebe und Nächstenliebe“.
Kardinal Jean-Louis Tauran ist Präsident des Päpstlichen Rates für den interreligiösen
Dialog. Im Gespräch mit uns würdigt er das Treffen, das auf den Brief von 138 islamischen
Gelehrten „A Common Word between Us and You“ zurückgeht, der vom jordanischen „Aal
al-Bayt“-Institut und seinem Chefdenker, Scheich Said Hijjawi, verantwortet wurde.
Allerdings sagt Tauran:
„Man darf jetzt nicht so tun, als sei dieser Brief
etwas absolut Außergewöhnliches, als ob erst jetzt ein Dialog begonnen hätte. Nein,
wir führen seit mehr als 1400 Jahren einen Dialog mit dem Islam. Seit dem Konzil haben
wir das Dokument ,Nostra Aetate’, das einen Weg im Dialog geebnet hat. Ich würde sagen,
dieses Treffen ist ein neues Kapitel in einer langen Geschichte.“ Dialog sei
vor allem in praktischen Fragen möglich, so Tauran.
„Von einem theologischen
Dialog im eigentlichen Sinne können wir nicht sprechen, auch wenn theologische Fragen
im Hintergrund stehen. Allerdings gibt es eine Zusammenarbeit in ethischen und spirituellen
Fragen oder auch, wenn wir bei humanitären Katastrophen kooperieren. Ich will realistisch
bleiben, trotz der Schwierigkeiten und Krisen: Wir sprechen miteinander, die Brücken
sind nicht abgebrochen, und deswegen glaube ich, dass dies wichtig ist.“ Immer
wieder kommt es in Ländern mit muslimischer Bevölkerungsmehrheit zu Spannungen, unter
denen Christen zu leiden haben. Zu den Gründen sagt der Kardinal:
„In der
islamischen Welt identifiziert man das Christentum mit der westlichen Welt. Das ist
eine sehr gefährliche Vermischung, denn wenn die Führer der westlichen Staaten Entscheidungen
treffen, die von den islamischen Ländern nicht geteilt werden, heißt es: Die Christen
waren’s, die attackieren und provozieren uns. Das ist eine Gemengelage, die meines
Erachtens immer wieder zu Spannungen führt.“ Es dürfe im Dialog keine Logik
des „Do ut Des“ geben, also des Entgegenkommens, nur wenn entsprechende Gegenleistungen
gemacht werden. Das widerspräche dem christlichen Glauben, so Tauran gegenüber der
französischen Zeitung „La Croix“.
Der Sekretär des Rates für den Interreligiösen
Dialogs, Erzbischof Pier Luigi Celata, glaubt, dass die Spannungen meist keine religiösen
Ursachen hätten. Er will die Probleme im Zusammenleben aber nicht ausklammern.
„Sicher
muss ein ehrlicher Dialog auch diese Situationen angehen, die nach Lösungen verlangen,
um ein harmonisches Zusammenleben in der Gesellschaft zu ermöglichen. Wenn die Vorsehung
es will und uns die Zeit und die Kraft gibt, werden wir uns auch dieser Fragen annehmen.“ Der
Sprecher der islamischen Gruppe, Ibrahim Kalin, forderte nach Agenturangaben ein verbessertes
Krisenmanagement. So müsse man bei einem neuerlichen Karikaturenstreit rechtzeitig
zusammenkommen und mit einer gemeinsamen Erklärung reagieren. - Am Donnerstag ist
eine Audienz bei Papst Benedikt XVI. vorgesehen sowie ein öffentlicher Teil des Forums
an der Päpstlichen Universität Gregoriana, währenddessen eine gemeinsame Abschlusserklärung
vorgestellt werden soll. (rv 03.11.2008 mc)