2008-10-29 11:44:51

Vatikan: Erinnerung an Johannes XXIII.


RealAudioMP3 Dass Papst Pius XII. vor einem halben Jahrhundert starb, daran wurde und wird in diesen Tagen ausgiebig erinnert. Hängt wohl auch damit zusammen, dass für den Pacelli-Papst ein Seligsprechungsverfahren anhängig ist und die Kontroverse um seine historische Beurteilung zum Jahrestag wieder aufgewärmt wurde. Etwas im Schatten dieses Jahrestages steht ein anderer, der auf diesen 28. Oktober fiel: Vor genau fünfzig Jahren wurde Papst Johannes XXIII. gewählt. Wie der Vatikan diesen Jahrestag feierte, darüber berichten wir jetzt.

Grosse Messe in St. Peter, am Leichnam des seligen Papstes Johannes, der seit dem Heiligen Jahr 2000 in der Petersbasilika aufgebahrt liegt. Hier steht auch der Altar, an dem der spätere Papst seine erste Messe als Priester feierte. Tausende von Pilgern sind aus Angelo Giuseppe Roncallis Heimatbistum gekommen, aus Bergamo; ihre Reisebusse parken schön aufgereiht auf dem Petersplatz. Hauptzelebrant ist die vatikanische Nummer zwei, Kardinal Tarcisio Bertone, der zur Zeit von Papst Johannes gerade mal dreißig war, ein junger Priester aus Turin.

„Er wollte ein Hirte sein“, so würdigt der Kardinal den Papst, „mit seinem typischen Stil, der ihn schon immer ausgezeichnet hatte. Vor unseren Augen steht die Gestalt dieses Papa della bontà, dieses Papstes der Güte. Er hat einen großen Teil seines Lebens, bevor er Papst wurde, sozusagen „in der Peripherie“ gearbeitet, fern von den Scheinwerfern der öffentlichen Meinung. Dabei diente er der Kirche mit dem einfachen Geist eines Bauern, ohne nach Privilegien oder Beförderung zu schielen, ohne Gier darauf, groß rauszukommen. Sein Stil blieb auch als Papst von freundlicher Schlichtheit, von Demut und Gehorsam – er wollte auf dem letzten Platz sitzen und der Diener aller sein.“

Aber hinter Giovannis Einfachheit steckte – so meint Kardinal Bertone – ein Geheimnis. Und das lasse sich im „Tagebuch einer Seele“, das Papst Johannes XXIII. führte, aufspüren.

„Er schreibt etwa: Meine Verworrenheit führt mich dazu, dass ich mich ganz klein fühle vor Gott. Er hat alles gemacht, nicht ich.“ Oder aber: „Die wenigen Jahre, die mir noch bleiben, will ich ein heiliger Hirte im Vollsinn des Wortes sein. Mein Tag muss immer im Gebet bleiben; mein Gebet ist mein Atem.“ Angelo Roncalli hatte in seiner Familie beten gelernt – einer armen Familie, in der jeden Abend der alte Onkel Zaverio den Rosenkranz anstimmte. Beten – das war das Geheimnis der Gelassenheit und des Zutrauens, das Johannes XXIII. mit seiner Güte anderen mitteilte.“

Zum Schluß der Messfeier kam noch jemand aus dem Apostolischen Palast herunter in die Basilika, der zur Zeit Johannes XXIII. junger Professor war und als theologischer Berater am Zweiten Vatikanischen Konzil teilnahm: Papst Benedikt nämlich, der vierte Nachfolger von Giovanni Ventitresimo. Mit rotem Cape und Lesebrille bedankte er sich bei Johannes XXIII. vor allem für das Geschenk, das dieser mit dem Konzil der Kirche gemacht habe.

„Ich danke dem Herrn, dass er uns die Erinnerung an diese Verkündigung einer großen Freude – gaudium magnum – schenkt, die vor fünfzig Jahren hier wiederhallte. Es war Präludium und Prophetie einer Erfahrung der Väterlichkeit, die Gott uns durch die Worte und Taten des papa buono, des gütigen Papstes schenkte. Es war eine arbeitsreiche und vielversprechende Zeit für die Kirche und die Gesellschaft, und durch Johannes XXIII. blühten Hoffnung, Einheit und Frieden auf – zum Wohl der ganzen Mesnchheit. Papst Johannes zeigte uns, dass der Glaube an Christus und die Zugehörigkeit zur Kirche, der „Mutter und Lehrerin“, ein fruchtbares christliches Zeugnis in der Welt möglich macht. In schwieriger Zeit war der Papst Mann und Hirte des Friedens, der in Ost und West unerwartete Perspektiven der Brüderlichkeit zwischen den Christen und des Dialogs mit allen aufriß.“

Die „Spuren der Heiligkeit dieses Vaters und Hirten“ seien in der Menschheitsfamilie immer noch zu spüren, so Papst Benedikt weiter.

„Und ein wirklich spezielles Geschenk, das durch ihn der Kirche gemacht wurde, war das Zweite Vatikanische Konzil, das er beschlossen und begonnen hat. Noch heute arbeiten wir an der Umsetzung des Konzils, denken über seine Lehren nach und übersetzen sie ins Leben... In seiner Enzyklika „Pacem in Terris“ schreibt Papst Giovanni: Der Glaubende muß ein Lichtspritzer sein, ein Zentrum der Liebe, ein belebender Sauerteig des Ganzen – und er wird es umso mehr sein, je mehr er innerlich in Gemeinschaft mit Gott lebt.“ Das war das Lebensprogramm dieses großen Brückenbauers.“

Zwei Schweizergardisten stehen mit aufgepflanzten Lanzen im Mittelgang der Basilika, als der Papst am Leichnam seines Vorgängers einen Moment im stillen Gebet verweilt. Diese Feier zu Ehren von Johannes XXIII. verlief einfacher und etwas zurückhaltender als die Messfeier, die der Papst zu Monatsbeginn mit allen Teilnehmern der Bischofssynode für Pius XII. gehalten hatte. Etwas düster und riesig steht in einer Seitenkapelle von St. Peter ein Denkmal für Johannes XXIII. Freundlicher ist sein Porträt an einem der bronzenen Eingangstore der Basilika: Es zeigt ihn bei der Eröffnung des Zweiten Vatikanums ins Gebet vertieft.

(rv 29.10.2008 sk)







All the contents on this site are copyrighted ©.