Der Finanz- und Kapitalmarkt muss dem Gemeinwohl und damit dem Menschen dienen. Das
hat der Paderborner Erzbischof Hans-Josef Becker am Sonntag gefordert. In einer Predigt
kritisierte er „die Gier nach Geld und Kapital, die manche Menschen rastlos umtreibt
und verheerende Konsequenzen nach sich ziehen kann“. Die gegenwärtigen Krise mache
deutlich, dass sich das Tagesgeschäft auf dem Finanz- und Kapitalmarkt von dem entfernt
habe, „was in jedem Fall garantiert sein muss: die Wahrung der unantastbaren Würde
des Menschen“. Der Erzbischof verwies auf den Grundsatz der Katholischen Soziallehre,
wonach „der Mensch Urheber, Mittelpunkt und Ziel aller Wirtschaft“ sei. Aus dieser
Sicht sei es als „fatale Fehlentwicklung“ zu werten, wenn alles, insbesondere Immobilien,
zum Objekt der Spekulation gemacht würden. Als moralisch nicht akzeptabel bezeichnete
er die „Entlassung von Mitarbeitern in Großunternehmen bei gleichzeitiger Erhöhung
der Gewinne der Anteilseigner“.
Erzbischof Reinhard Marx von München hat die
gescheiterten Banker zur „Umkehr“ aufgerufen. Dies gelte ebenso für alle, die gemeint
hätten, „ohne Arbeit schnell reich werden zu können, indem man sein Geld irgendwo
hochspekulativ einsetzt“, sagte Marx dem Magazin „Der Spiegel“. „Wilde Spekulation
ist Sünde“, betonte der Erzbischof, der in der Deutschen Bischofskonferenz für Soziales
zuständig ist. Am Mittwoch stellt Marx sein neues Buch vor; es trägt den Titel
„Das Kapital“, ebenso wie das Hauptwerk von Karl Marx, dem Begründer des Marxismus.
Nach Auffassung des Erzbischofs ist ein Kapitalismus ohne ethischen und rechtlichen
Orientierungsrahmen menschenfeindlich. „Das ist die Grundeinsicht dieser Tage, meine
Schlussfolgerung aus der Finanz- und Bankenkrise“, so Marx in dem Interview. Ein System,
das die Kapitalrendite als einzigen Zweck der Wirtschaft sehe, sei ein „falscher
Anreiz“. Marx, der vor seiner Bischofsweihe Professor für Christliche Gesellschaftslehre
in Paderborn war, erklärte, viele hätten vergessen, dass die soziale Marktwirtschaft
auf der Katholischen Soziallehre aufbaue. Diese sei kapitalismuskritisch; sie fordere
eine Gestaltung der Wirtschaft nach ethischen Prinzipien, ohne den Markt einfach außer
Kraft zu setzen.