Mehr gesellschaftspolitisches
Engagement und mehr Zivilcourage hat Kardinal Christoph Schönborn von den katholischen
Laien eingefordert. In Österreich herrsche noch immer ein zu starkes „Obrigkeitsdenken“
vor, so der Kardinal; es werde immer an die Bischöfe appelliert. Im jüngsten Nationalratswahlkampf
habe er viele Briefe und E-Mails erhalten, in denen eine Stellungnahme von ihm eingefordert
bzw. erbeten wurde. Dazu Kardinal Schönborn:
„In diesem Zusammenhang erinnere
ich an den Grundsatz, dass sich die kirchliche Hierarchie in Österreich nicht in die
Parteipolitik einmischt. Kardinal Franz König hat hier beispielhaft den Rahmen vorgegeben:
Es sind die Parteien selbst, die durch Programm, Praxis und Auswahl der handelnden
Personen ihre Nähe oder Distanz zur Kirche definieren. In gesellschaftspolitisch relevanten
Grundsatzfragen müssen die Bischöfe aber sehr wohl ihre Stimme erheben und auf christliche
Werte verweisen.“
Zum Migrationsproblem sagte der Kardinal, dass man klar
zwischen Asyl und Immigration unterscheiden müsse.
„Asyl ist ein Menschenrecht,
das außer Frage stehe. Migration hingegen ist in erster Linie eine politische Frage.
Im Hinblick auf die türkischen Immigranten darf man allerdings nicht vergessen, dass
die Gastarbeiter in den sechziger und siebziger Jahren von Österreich geholt worden
sind. Sie hatten jene Arbeiten übernommen, für die sich keine Österreicher mehr fanden.
Es ist eine Frage des Anstands, dass man solche Dinge nicht vergisst.“
Bei
seinem jüngsten Türkei-Besuch sei ihm verstärkt bewusst geworden, wie sehr der Begegnung
von Völkern die Voraussetzung zugrunde liegt, „dass man versteht, wie jemand seine
Heimat liebt“. Integration besteht nicht darin, dass Türken feststellen, Österreich
sei ihre „Heimat“, so Kardinal Schönborn.