Die Diskussion um
eine Seligsprechung von Papst Pius XII. (1939-1958) sorgt weiter für Verstimmungen
zwischen dem Vatikan und Israel. In einem Interview mit der israelischen Zeitung „Haaretz“
nannte Sozialminister Isaak Herzog das Vorhaben der Seligsprechung „inakzeptabel“.
Herzog – der auch für die Beziehungen zu den christlichen Gemeinschaften in Israel
zuständig ist – bezog sich auf das angebliche „Schweigen“ von Pius XII. während des
Holocaust. Der Postulator im Seligsprechungsprozess für Pius XII., Pater Paolo Molinari,
wies Herzogs Kritik als „Einmischung“ zurück. Es handle sich um eine innere Angelegenheit
der katholischen Kirche, sagte Molinari im Gespräch mit „La Repubblica“. Was ist von
diesem Schlagabtausch zu halten? Dazu der Redaktionsleiter der deutschsprachigen Sektion
von Radio Vatikan, Pater Eberhard von Gemmingen:
„Ich kann verstehen, dass
in Israel darüber Aufregung herrscht, dass Papst Pius XII. vielleicht selig gesprochen
werden soll. Doch ich kann nicht verstehen, wie der Schlagabtausch so plump sein kann.
Wenn in Israel gesagt würde, sie wüssten, dass Papst Pius XII. Tausenden von Juden
das Leben gerettet habe, und trotzdem würden sie die Seligsprechung als falschen Schritt
bezeichnen, dann kann man das verstehen. Sie müssten doch auch sagen, dass es ihnen
bewusst sei, wie Pius XII. nach dem Zweiten Weltkrieg während 20 Jahren von den Israelis
und Juden gelobt wurde. Heute meinen viele, es wäre besser gewesen, wenn Pius XII.
laut protestiert hätte. Er hielt es aber für richtiger, Juden zu retten und nicht
laut zu protestieren. Aus Israel müsste es doch lauten, dass die katholische Kirche
tun und lassen kann, was sie will. Auch Israel dürfe die eigene Meinung bekannt geben.
Mir scheint einfach, man könnte intelligenter und weniger aggressiv darüber sprechen.“
Auch
ist ein Besuch von Benedikts XVI. in Israel im Gespräch. Besteht ein Zusammenhang
mit der „Causa Pius XII.“? Dazu Pater Gemmingen:
„Papst Benedikt will sicher
eine Reise nach Israel machen. Das hat er mehr oder weniger klar gesagt. Ihm geht
es wohl vor allem um den Frieden zwischen Israelis und Palästinensern. Das ist sein
Hauptanliegen. Die Diskussion um Pius XII. verhindert die Reise nicht, so auch Präsident
Peres ausdrücklich. Selbstverständlich sollte die Atmosphäre aber gut sein.“