Die Eltern der heiligen
Therese von Lisieux werden an diesem Sonntag selig gesprochen. Rund zehntausend Gläubige
aus zwanzig Ländern reisen zu diesem Anlass in den normannischen Wallfahrtsort Lisieux.
Es ist erst das zweite Mal in der Kirchengeschichte, dass ein Ehepaar gleichzeitig
seliggesprochen wird, und das erste Mal, dass es die Eltern einer Heiligen sind. Zelebrant
ist der emeritierte Präfekt der vatikanischen Selig- und Heiligsprechungskongregation,
Kardinal José Saraiva Martins. Im Gespräch mit uns erklärt er, warum die Seligsprechung
dieses Ehepaares gerade für heutige Katholiken bedeutungsvoll ist. „Die
beiden bringen eine höchst aktuelle Botschaft: dieses Elternpaar ist ein Modell der
Treue, ein Modell aufrichtiger und tiefer ehelicher Liebe. Da gibt es Zeugnisse von
Louis und Zélie, die wirklich berührend sind. Papst Johannes Paul II. hat Grundlegendes
über die Heiligkeit in der Ehe gesagt. Zum Beispiel, dass wir in der Seelsorge dafür
eintreten müssen, die heldenhaften Tugenden von Männern und Frauen anzuerkennen, die
ihre christliche Berufung in der Ehe realisieren. Denn auch in diesem Stand – so der
Papst - fehlen die Früchte der Heiligkeit nicht. Johannes Paul fand es an der Zeit,
angemessene Wege zu finden, um diese Früchte der Heiligkeit zu prüfen und sie der
ganzen Kirche anzubieten – zum Vorbild und Ansporn der übrigen christlichen Eheleute.“
Sowohl Louis Martin als auch Zélie Guérin wollten ursprünglich in einen
Orden eintreten. Zélie wurde wegen ihrer schwachen Gesundheit von den Barmherzigen
Schwestern abgewiesen. Von Louis verlangten die Augustiner, vor dem Klostereintritt
Latein zu lernen, doch musste er sein Sprachstudium – ebenfalls wegen einer Krankheit
– abbrechen. Daraufhin wurde er Uhrmacher. Das Paar lernte einander 1858 kennen und
heiratete nur drei Monate später. Wegen der starken Affinität beider zum Ordensleben
wollten sie zunächst eine sogenannte Josefsehe führen, das heißt auf eine sexuelle
Beziehung verzichten. Doch nach zehn Monaten überlegten sie es sich auf Anraten eines
Beichtvaters anders und bekamen dann neun Kinder, von denen Therese die jüngste war.
Fünf Töchter erlebten das Erwachsenenalter; alle von ihnen wurden Nonnen.
„Die
Eltern waren glücklich über die Berufung zum Ordensleben für Therese und die anderen
Töchter – im Gegensatz zu vielen Familien heute. Wenn man ein, zwei Kinder hat, gibt
es oft Schwierigkeiten, wenn sich diese Kinder zum Ordensleben berufen fühlen. Auch
in diesem Punkt sind Zélie und Louis ein Vorbild!“
Thérèse von Lisieux
war 1925 heiliggesprochen worden. 1997 ernannte Papst Johannes Paul II. sie nach Katharina
von Siena und Theresa von Avila als dritte Frau zur Kirchenlehrerin. Ihre Mutter Zélie
war 1877 gestorben, als Thérèse noch ein kleines Kind war; ihr Vater Louis starb 1894.
(rv 18.10.2008 gs)