Religionsfreiheit
bedeute auch, die öffentliche Dimension der Religion anzuerkennen und Gläubigen zu
ermöglichen, ihren Teil zum Aufbau der Gesellschaftsordnung beizutragen. Das sagte
Papst Benedikt XVI. während seines Staatsbesuches bei Präsident Giorgio Napolitano
an diesem Samstag in Rom. Dem Papstbesuch im Quirinalspalast wohnten auch Regierungschef
Silvio Berlusconi und mehrere Minister bei. In seiner Ansprache würdigte Benedikt
die konstruktive Zusammenarbeit von Kirche und Staat. Daneben betonte der Papst das
kirchliche Anliegen, gerade in der aktuellen Wirtschaftskrise am Aufbau einer sozial
gerechten und solidarischen Gesellschaft mitzuwirken. Vor dem Hintergrund der jüngsten
rassistischen Angriffe auf Ausländer bekräftigte Benedikt, dass sich die Kirche für
ein friedliches Zusammenleben einsetzt:
„Ich bin sicher, dass Priester und
Gläubige, gerade in diesem Moment der sozialen und wirtschaftlichen Unsicherheit,
ihren wichtigen Beitrag dazu leisten, das Gemeinwohl Italiens, Europas und der ganzen
Menschheit zu stärken und dass sie ihre Aufmerksamkeit dabei besonders den armen und
ausgegrenzten Menschen zuwenden, den arbeitssuchenden Jugendlichen, den Arbeitslosen
sowie den Familien und alten Menschen, die mit Mühe und Einsatz unsere Gegenwart aufgebaut
haben und deshalb den Dank aller verdienen.“ Daneben betonte Benedikt,
dass es nicht im Sinne der Kirche sei, ihre starke religiöse Präsenz in Italien gegen
die persönliche Glaubensfreiheit der dort lebenden Menschen einzusetzen. Auf der anderen
Seite müsse auch der Staat die Religionsfreiheit und das aktive soziale Engagement
der Katholiken respektieren, so das Kirchenoberhaupt:
„Ich wünsche mir,
dass der Beitrag der katholischen Gemeinschaft mit derselben Bereitschaft entgegengenommen
wird, mit der er angeboten wird. Es gibt keinen Anlass zu der Befürchtung, dass die
katholische Kirche und ihre Mitglieder ihre Aufgabe gegen das Prinzip der Religionsfreiheit
ausführen. Ihrerseits erwarten sie, dass ihnen dieselbe Freiheit zugestanden wird
und sie nicht gegen ihr Gewissen handeln müssen. Das ist möglich, wenn alle Komponenten
einer Gesellschaft sich im gegenseitigen Respekt engagieren, um gemeinsam das Gute
im Menschen zu erreichen.“ Der Papst gedachte in seiner Rede auch
des Heiligen Franz von Assisi, den die Italiener heute als ihren Schutzpatron feiern.
In seinem Sinne wolle sich die Kirche am Bau einer Gesellschaft beteiligen, die auf
den Prinzipien der Wahrheit und Freiheit, auf dem Respekt vor dem Leben und der Menschenwürde,
sowie auf Gerechtigkeit und Solidarität beruhe. – Staatspräsident Napolitano würdigte
seinerseits den „kontinuierlichen und wachsamen Aufruf“ des Papstes, sich für eine
„gerechtere Verteilung von Reichtümern und Entwicklungsmöglichkeiten“ einzusetzen.
Das sei im Hinblick auf die wachsende Armut und Ungerechtigkeit von enormer Wichtigkeit.