2008-10-03 13:16:18

D: Franz Josef Strauß, polarisierender Visionär aus katholischem Haus


RealAudioMP3 „Der Niedergang des sowjetischen Machtsystems hat bereits begonnen.“ Franz Josef Strauß im Spätsommer 1988, bei einem Vertriebenentreffen. Es war einer seiner letzten öffentlichen Auftritte. „Das wird zu gesellschaftlichen Änderungen führen, an deren Ende eine Lösungsmöglichkeit für die heute uns unlösbar erscheinenden Probleme der Wiedervereinigung Deutschlands und der Wiedervereinigung Europas am Horizonte auftauchen.“
Ironie des Schicksals, dass sein Todestag zwei Jahre später der Tag der Einheit wurde.
Am 3. Oktober 1988 starb Franz Josef Strauß, Schwächeanfall bei der Jagd mit dem Regensburger Fürsten. Der Münchner Erzbischof Reinhard Marx feierte am Morgen in Rott am Inn die Gedenkmesse und warnte vor Politikverdrossenheit auf der einen und Politikerschelte auf der anderen Seite. Alljährlich pilgern die Menschen zur Straußschen Familiengruft in der oberbayerischen Gemeinde.
Kaum ein Politiker hatte so polarisiert. Er war Verteidigungsminister unter Konrad Adenauer, musste nach der Spiegel-Affäre zurücktreten; er begründete den Mythos CSU, war Kanzlerkandidat und zehn Jahre als Ministerpräsident mehr als heimlicher König von Bayern. Sein Biograph Werner Biermann sagt im Rückblick - nicht ohne Verweis auf die tiefe Frömmigkeit des Franz Josef Strauß:
„Er sagte von sich, er sei weder ein Heiliger noch ein Dämon. Doch er war beides: Für seine Anhänger war er eine Art Heiliger Franz Josef aus Bayern, und ihre Verehrung war grenzenlos. Man bewarf ihn mit Blumen aber auch mit faulen Eiern. Für Teile der jungen Generation war er eine Art Dämon, die Verkörperung alles dessen, was man bekämpfte.“
Geboren wurde er 6. September 1915 im damals einfachen Vorort München-Schwabing. Auf Vorschlag eines Priesters besucht der Metzgersohn später das elitäre Maxgymnasium, mit einer zweisprachigen Ausgabe des Messbuchs brachte er sich selbst Latein bei. Tochter Monika Hohlmeier sieht im religiösen Elternhaus eine der Grundlagen für das lebenslange Streben nach oben, ohne sich von Gegnern oder Bewunderern beeinflussen zu lassen:
„Vielleicht hat ein Stück weit die gläubige Einstellung seines Elternhauses seinen Ehrgeiz beeinflusst und zwar dahingehend, dass die Einstellung seines Elternhauses war: Wenn dir der Herrgott schon so viele Fähigkeiten mitgegeben hat, dann musst du auch diese Fähigkeiten nutzen, denn ansonsten hättest du sie nicht mitbekommen. Das bedeutet auch eine Verpflichtung, die Fähigkeiten nicht nur zu genießen, sich zu erfreuen und sie schön zu finden, sondern auch mit ihnen umzugehen. Das ist ihm sicher aus dem Elternhaus mitgegeben worden, und die Eltern selbst haben ihm ja Fleiß, Disziplin und sich nach oben arbeiten auch vorgelebt.“
(rv/die zeit 03.10.2008 bp)








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