2008-09-29 14:24:48

D/Türkei: Bischöfe auf politischer Pilgerreise


RealAudioMP3 Unter der Leitung Kardinal Meisners sind an diesem Montag zehn deutsche Bischöfe zu einer Pilgerreise in die Türkei aufgebrochen. Sie besuchen unter anderem Istanbul und das südtürkische Tarsus, den Geburtsort des Apostels Paulus. Seit längerem appellieren Bischöfe an die Türkei, dort dauerhaft eine Kirche zu genehmigen. Die fünftägige Reise steht unter dem Leitwort „Auf den Spuren des Heiligen Paulus“. Mit dabei der Hamburger Weihbischof Hans-Jochen Jaschke, engagiert im Dialog mit der türkisch-islamischen Union in Deutschland, kurz DITIB.
„Wir hören immer, und es scheint ja auch zu stimmen, dass die Gegenseitigkeit nicht so gegeben ist, wie wir uns das wünschen. Türkische Muslime haben bei uns Religionsfreiheit, wir als Kirche und Katholiken treten für den Bau von Moscheen und Religionsunterricht ein, aber umgekehrt gibt es in der Türkei sehr harte Regeln, unter denen Christen leiden.“
„Das ist keine Reise, um uns über die Situation der Christen zu informieren“, betont der Kölner Kardinal Joachim Meisner vor der Abreise in die Türkei.
„Das ist eine Pilgerreise! Wir machen eine Wallfahrt zu den Ursprüngen des apostolischen Wirkens des Apostels Paulus. Und wir wollen den Genius Loci auch in uns aufnehmen, um etwas von seiner Spiritualität – gleichsam seine Initialzündung – in unser müdes Europa herüberzuholen. Und wir möchten uns selbst davon entzünden lassen. Natürlich kriegt man dabei mit, wie es den Christen in der Türkei geht.“
Keineswegs wolle man provozieren, ergänzt Bischofskonferenzvorsitzender Robert Zollitsch.
„Wir werden dort in Erinnerung rufen, dass es möglich sein muss, dass Christen zur Kirche, die in Tarsus steht und zu einem Museum deklariert wurde, pilgern und dort Gottesdienst feiern können.“
Weihbischof Jaschke: „Wir wollen nicht wie die Elefanten im Porzellanladen auftreten, sondern diskret und bescheiden wie wir sind. Aber auch klar sagen, wir sind katholische Bischöfe und wir Besuchen unseren Paulus an seinem historischen Ort, und wir möchten als Pilger in die Türkei kommen, das sich Europa annähern möchte.“
Die Situation der Christen vor Ort wolle man dezent überprüfen, meint Jaschke und erinnert daran, dass der Kölner Kardinal sich besonders für die Kirche am Geburtsort des Völkerapostels eingesetzt. Zu der Initiative für das vom Papst ausgerufene Paulusjahr hätten ihn auch die Spannungen um den Bau einer großen Moschee in Köln inspiriert, so der Kardinal damals. Ein Pilgerzentrum in Tarsus könne auch in Deutschland Kontroversen um Moscheebauten entschärfen. Jaschke: „Kardinal Meisner hat ja mit Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan einen Briefwechsel deswegen geführt, der öffentlich wurde, daher hat dieser Besuch also auch eine gewisse politische Bedeutung.“
Religionsfreiheit sei eine der Grundvoraussetzungen für die Beitrittsverhandlungen zur Europäischen Union. Jaschke warnt jedoch vor gegenseitigem Aufrechnen und argumentativer Brachialgewalt – Klugheit sei das Gebot der Stunde auf den politischen Seiten und bei Christen wie Muslimen, sagt Jaschke.
„Man muss die Menschen gewinnen, dass sie Religionsfreiheit nicht als eine Bedrohung für ihr Land sehen, sondern als Chance. Es ist doch gut, wenn Religion sich frei entwickeln kann. Wir wollen doch gar nicht den Staat als unsere Aufsicht haben oder als eine Knute, die uns beherrschen will. Wir müssen das immer wieder liebevoll aber auch entschieden zum Thema machen. Was Deutschland angeht, machen wir, mache ich auch die Muslime darauf aufmerksam, dass sie ihrerseits mit Klugheit auftreten. Die große Mehrheitskultur hat eine andere Form, deshalb gibt es eine Pflicht zur Zurückhaltung. Das bedeutet nicht ein Dasein in den Hinterhöfen, aber dass man die Gesellschaft nicht provoziert, sondern langsam gewinnt und mitnimmt.“
(rv 29.09.2008 bp)








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