2008-09-27 18:11:09

Kommentar: Der Priester Martin Luther


RealAudioMP3 Am vergangenen Sonntag eröffnete die Evangelische Kirche Deutschlands mit einem Gottesdienst die „Lutherdekade“ – einen Zeitraum von 10 Jahren vor der 500sten Wiederkehr des so genannten Thesenanschlags vom 31. Oktober 1517. Pfarrer Joachim Schroedel kommentiert Leben und Wirken des „katholischen Priesters Martin Luther“ und wünscht sich - gerade aktuell nach den Beratungen der deutschen Bischöfe zur Ökumene ein „gemeinsames Lutherverständnis“:


Weil der bereits 1507 zum Priester geweihte Mönch von der Frage gequält war, „wie kriege ich einen gnädigen Gott?“, versetzte ihn sein Beichtvater und Oberer vor genau 500 Jahren nach Wittenberg zum Theologiestudium. Die zehn Jahre vor dem Thesenanschlag, der als „Urdatum“ der Reformation gilt, waren Jahre des Suchens und des Zweifels. Für den Priester Martin Luther war es die Erleuchtung schlechthin, als er im Römerbrief den Satz las: Der Gerechte wird aus dem Glauben leben. Der Glaube als das unbedingte Vertrauen in Gottes vergebende Barmherzigkeit löste Luthers Angst vor Tod und Teufel; „deus semper maior“ – Gott ist immer größer – dieser Grundsatz des Heiligen Ignatius von Loyola – eines jüngeren Zeitgenossen Luthers, bestimmte sein Leben.
Auch die Liebe Gottes bleibt immer größer.
Im Bewusstsein dieser vergebenden Liebe Gottes sah er nun auch viele Forderungen der Kirche . Und er musste sie – konsequenter weise – ablehnen. Ich kann, ja ich brauche Gott nicht gnädig zu stimmen – ich darf mich ihm untertänig und glaubend anvertrauen.
Vor fast 10 Jahren haben Katholiken und der lutherische Weltbund eine gemeinsame Erklärung zur so genannten Rechtfertigungslehre unterschrieben. Die Lehre von der Rechtfertigung trennt zumindest Lutheraner und Katholiken nicht mehr -
Trotz Kritik an der Kirche und ihrer Praxis; Luther ist Priester der Kirche.
Im Jahre 1525, 18 Jahre nach seiner Priesterweihe, feiert er die erste Deutsche Messe und entwirft mehrere Gottesdienstordnungen, die immer als Beispiel evangeliumsgemäßer Gottesdienstfeier dienen sollten.
Gegen radikale Reformer wie Nikolaus Storch und Thomas Müntzer ruft er zur Besonnenheit auf. Und Luther befürwortete weiterhin auch die Feier der lateinischen Messe, die besonders die Jugend lernen sollte.
Mir scheint dieses Jahr auch eine tragische Wendemarke in Luthers Leben zu sein. Der Kaiser und der Papst verurteilen ihn, keiner scheint ihn recht zu verstehen. Und er ist gewiss kein Diplomat, eigentlich keine „Nachtigall von Wittenberg“ – er wird in seiner Haltung hart und in seinem Urteil unnachgiebig und letztlich: unausstehlich.
In diesem Jahr – 1525 – wird er auch Katarina von Bora heiraten – und damit in ganz sichtbarer Weise seine Distanz von der Mutterkirche erklären.
Der katholische Priester Martin Luther.
Alleine aus diesem Wissen heraus verlangt er mir zunächst Respekt ab. Dieser katholische Priester wird zum Vorreiter vieler, die in den letzten fast 500 Jahren aus der Liebe zu Christus und eben seiner Kirche Wege gegangen sind, die die Mutter Kirche nicht mehr begleiten konnte. Luther wollte seine Kirche nicht zerstören – er wollte – in seinen ersten 18 Priesterjahren zumindest – sie heilen und auf den guten Weg zurück führen.
Der Tübinger Professor und mein Mitbruder Jochen Hilberath wollte eben in dieser Woche Luther zum „Kirchenlehrer“ erklärt wissen. Soweit kann ich nicht gehen. Aber ich wünschte mir, dass der katholische Priester Martin Luther wieder eine Anerkennung bekommt, die er – allein wegen seiner Weihe, von dem der katholische Christ glaubt, dass sie unauslöschlich sei – verdient hat.
Die Lutherdekade als Möglichkeit eines neuen Angriffs gegen die „Papstkirche“ zu sehen – dies kann ich nur ablehnen, denn damit wir keiner den Herausforderungen der heutigen Zeit gerecht.
Aber wenn es uns gelingt, den katholischen Luther wieder neu zu entdecken, wenn wir in diesen zehn Jahren in das gemeinsame Bewusstsein tiefer einpflanzen würden, dass die Grunderkenntnis Luthers heute die gemeinsame Erkenntnis katholischer und evangelischer Christen ist – dann wäre es wert, diesen Weg zu gehen.
Es gibt zutiefst Katholisches in den Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften, die nach Martin Luther entstanden sind. Und die zu Zeiten so zerbrochen – unchristliche „Papstkirche“ gibt es schon lange nicht mehr. Vielleicht würde der Priester Martin Luther sogar seine eigenen evangelischen Brüder und Schwestern heute mit ähnlich kritischem Auge betrachten, wie er es damals mit der Catholica gemacht hat...
Und es gibt zutiefst Evangelisches, also: evangeliumsgemäßes, in der katholischen Kirche.
Ich wünschte mir, dass die Evangelische Kirche Deutschlands, aber auch andere evangelischeKirchen und Gemeinschaften, Ihre Verantwortung vor dem Priester Martin Luther neu erkennen und seinen frühen Respekt, ja seine feste Glaubensüberzeugung wieder neu teilen könnten.
Der katholische Priester Martin Luther als fragender Christ – dieser Ansatz könnte in der Lutherdekade protestantischen und katholischen Christen helfen.
Im gestrigen Pressebericht über die Herbstvollversammlung der Deutschen Bischöfe heißt es:
„Wenn es gelingt, gemeinsam das Reformanliegen der Reformation zu würdigen und zu einem gemeinsamen Lutherverständnis zu kommen, würde das die Ökumene einen großen Schritt nach vorne bringen.“
Gut und wichtig wäre es! Meint Joachim Schroedel aus Kairo (rv)








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