D: Schick, „Menschenrechtsfrage in China bleibt ungelöst“
Die Kirche in Deutschland
ruft zur Solidarität mit den Christen in China auf. Die Kirche in dem kommunistischen
Land sei nicht frei, obwohl sich die Lage der Christen in den letzten 25 Jahren verbessert
habe, sagte der Vorsitzende der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz,
Erzbischof Ludwig Schick, an diesem Dienstag in Fulda. Birgit Pottler berichtet: Die
so genannte Untergrundkirche lebe in der Illegalität und dürfe offiziell gar nicht
existieren, der staatlich anerkannte Teil der Kirche stehe trotz gewisser Freiheiten
unter ständiger Kontrolle, betonte Erzbischof Schick bei der Vorstellung der diesjährigen
Initiative „Solidarität für verfolgte und bedrängte Christen“ „Gegen Verfolgung
und Unterdrückung muss immer wieder die Stimme erhoben werden und alles getan werden,
dass das nicht geschieht, sondern alle Menschen in Freiheit auch ihre Religion leben
können und wirken können. Das muss auch für die Christen gelten, auch für die Christen
in China.“ Die Katholiken in China müssten geeint sein und geeint wirken,
so wie es auch Papst Benedikt XVI. 2007 in seinem Brief an die Katholiken in China
gewünscht hatte. Diese Spaltung müsse überwunden werden, so Schick. „Weil es
diese beiden Gruppierungen gibt, ist die gewünschte einheitliche Vorgehens- und Handlungsweise
noch erschwert. Wenn die Einheit vorhanden wäre, könnte sicher von der katholischen
Kirche auch klarer gegenüber Regierung oder Partei gesprochen werden, und es könnten
auch leichter die verschiedenen Aktionen im liturgischen, erzieherischen und sozialen
Bereich von statten gehen.“ Mit welchen Schwierigkeiten die Christen in China
zu kämpfen haben, schilderte der Leiter des Chinazentrums in St. Augustin, Pater Anton
Weber. Die Religionsfreiheit werde zwar in der Verfassung gewährleistet, aber dennoch
werde der Religion in China „nicht oder noch nicht“ jenes Maß an Freiheit gewährt,
die der internationale Menschenrechtsstandard fordere. „Es ist bekannt, dass
von den Behörden, um Informationen über das Personal und die Aktivitäten der Kirche
zu sammeln, Telefongespräche abgehört werden, ja dass versucht wird, Laien und kirchliches
Personal durch Bestechung als Informanten zu gewinnen. Priester und Bischöfe müssen
regelmäßig an politischen Schulungen teilnehmen, die Ausbildung an den Priesterseminaren
wird überwacht.“ --- Der Steyler Missionar hat die Entwicklung in China
seit den 60er Jahren beobachtet. Bis 2000 lebte er in verschiedenen Provinzen, auch
in Taiwan, und dozierte am katechetischen Institut. Der Brief von Papst Benedikt weckte
geteiltes Echo, berichtet Weber. „Obwohl von chinesischer Regierungsseite anerkannt
wurde, dass der Brief eine gewisse Bereitschaft zum Dialog an den Tag legte, wurde
ihm doch vorgeworfen, in seinem Gesamtverständnis eher eine negative Haltung gegenüber
Peking zu zeigen.“ Die Mitglieder der staatlich anerkannten so genannten Patriotischen
Vereinigung seien auf das Wohlwollen der Behörden angewiesen. Die Untergrundkirche
bleibe der Regierung ein Dorn im Auge, so der Leiter des Chinazentrums. „Das
interne Verhältnis zwischen offizieller Kirche und Untergrundkirche ist unterschiedlich,
in manchen Regionen ist die Grenze fließend. Heute empfinden sich die chinesischen
Katholiken, ob staatlich anerkannt oder nicht, ganz entschieden als Teil der katholischen
Universalkirche.“ Mindestens 85 Prozent der Bischöfe in China seien heute
vom Papst anerkannt. Das grundsätzliche Problem der Bischofsernennungen sei jedoch
noch nicht gelöst. Der Dialog zwischen Rom und Peking geht laut Weber „schwerfällig
und zögernd“ voran. Weltkirchenbischof Schick, der mit seiner Kommission derzeit versucht,
eine Reise nach China zu organisieren, ist jedoch grundsätzlich positiv gestimmt:
„Ich denke, man kann eher von Tauwetter sprechen, weil Kontakte da sind – viel
stärker als das noch vor ein paar Jahren der Fall war.“ 5,3 Millionen Katholiken
werden von der Regierung offiziell angegeben. Schätzungen zufolge leben aber zwischen
zwölf und 14 Millionen Katholiken in dem kommunistischen Land. Ihr sozialer Einsatz
machte die Kirche zu einem positiven Faktor beim Aufbau einer „harmonischen Gesellschaft“
in China, der Steyler Missionar. Es gehe nicht mehr darum, die Religion zu verfolgen...
„oder sie zu vernichten, sondern sie einzusetzen für den Aufbau eines fortschrittlichen
Landes, aber eben unter der Führung der kommunistischen Partei.“ Stabilität
und Einheit des Landes gelten der Regierung als Garant für Fortschritt. Den ermöglicht
zu haben und zu erhalten ist wiederum das Verdienst der Kommunistischen Partei, so
Pater Weber vom Chinazentrum. „So scheint denn auch jedes Mittel gerechtfertigt,
die Macht der Partei zu erhalten. Die Religionen, und unter ihnen eben auch die katholische
Kirche, gelten der kommunistischen Führung als ein Unsicherheitsfaktor. Zum Beleg
wird immer wieder darauf verwiesen, dass sich die christlichen Kirchen im vergangenen
Jahrhundert von den imperialistischen Mächten haben instrumentalisieren lassen.“ Die Menschenrechte - und unter ihnen auch die Religionsfreiheit – behielten für
die Partei ihren Wert als Ideal und erstrebenswertes Ziel, so Weber. Doch ihre Umsetzung
sei auf diesem Hintergrund eben nur schrittweise möglich. Eine zentrale Aufgabe
des Christentums ist laut Erzbischof Ludwig Schick demnach, den Menschen in China
ein „nicht-materialistisches Menschenbild“ zugänglich zu machen. Mit den Olympischen
Spielen habe China sich der Welt mit seinen Errungenschaften und Leistungen in beeindruckender
Weise präsentieren können. Doch die Menschenrechtsfrage bleibe ungelöst. Waren die
Olympischen Spiele in Peking und die breite Diskussion um die Menschenrechte eine
Zäsur? Schick: „Wir haben nicht sehr viele Informationen. Aber es hat während
der Spiele und auch danach Situationen gegeben, in denen Christen, die sich angeboten
haben, während der Olympischen Spiele Gäste aufzunehmen und zu informieren, direkt
behindert worden sind und das nicht tun konnten.“ Hat sich etwas verändert?
„Also verbessert nicht…“ Die Deutsche Bischofskonferenz hat im Jahr 2003
die Initiative „Solidarität mit verfolgten und bedrängten Christen“ ins Leben gerufen.
Sie will damit auf die Situation der Christen aufmerksam machen, „deren Menschenrechte
eingeschränkt und missachtet werden“. In diesem Jahr steht China im Fokus.