Der Vatikan ist äußerst
besorgt über immer neue Angriffe auf Christen in Indien. Nach Agenturangaben will
der Päpstliche Friedensrat diese Woche die UNO mit dem Thema befassen. Am Freitag
hatten mutmaßliche Hindu-Extremisten in der Kathedrale von Jabalpur (Bundesstaat Madhya
Pradesh) ein Feuer ausgelöst; daraufhin kam es zu christlichen Protestaktionen. An
einer Demonstration gegen Hindu-Extremismus nahmen auch Vertreter nicht-christlicher
Religionen teil. Der Bischof von Jabalpur, Gerard Almeida, spricht von Anschlagsdrohungen
gegen elf weitere Kirchen in seinem Bistum. „Eine Kirche anzuzünden ist wie Bücher
verbrennen“, urteilt die italienische katholische Tageszeitung „Avvenire“; der Westen
solle endlich aufwachen und etwas zur Verteidigung der Religionsfreiheit in Indien
tun – und in vielen anderen Ländern, in denen es immer mehr Hass auf Christen gebe.
Die indischen Bischöfe fordern den Rücktritt der Provinzregierungen von Orissa und
Karnataka; in einigen Teilen Indiens würden Christen „wie Bürger zweiter Klasse behandelt“.
Der Präsident des päpstlichen Friedensrates, Kardinal Renato Raffaele Martino, will
eventuell am Dienstag der UNO-Vollversammlung in New York ein Dossier zur Jagd auf
Christen in Indien übergeben. Auch das US-Außenministerium richtete am Samstag bei
der Vorstellung seines Jahresberichts über die Religionsfreiheit mahnende Worte an
die Regierung in Neu-Delhi. Matthias Bhuria ist Generalvikar des Bistums Jhabua
im Bundesstaat Madhya Pradesh; er sagte uns: „Christen stellen hier etwa 2,5 oder
drei Prozent der Bevölkerung. Extremistische Inder hassen sie, weil sie sie mit der
englischen Kolonialherrschaft in Verbindung bringen; das Vorurteil behauptet, die
Christen seien Nachfahren derer, die Indien damals ausgebeutet hätten. Der Haß von
Hindu-Extremisten auf die Christen sitzt also sehr tief. Dazu kommt dann der Einsatz
von Missionaren gegen Sklaverei, Analphabetismus, Unterdrückung – die einfachen Leute
sehen in den Missionaren sowas wie Befreier, und das bedroht die Interessen der höheren
Kaste und macht Christen zum Feind dieser Kaste.“ Im indischen Bangalore haben
erneut Hindu-Extremisten eine katholische Kirche geschändet. In der Nacht zum Sonntag
brachen Unbekannte 18 Schlösser der Jakobskirche im Vorort Mariannapalaya auf und
verwüsteten den Tabernakel und die Sakristei mit ihren liturgischen Geräten und Gewändern,
wie Pfarrer Joseph Menezes der Katholischen Nachrichten-Agentur berichtete. Vor der
Kirche demonstrierten am Sonntag rund 3.000 Menschen gegen die andauernden Übergriffe
radikaler Hindus. Derweil hat die indische Polizei einen mutmaßlichen Drahtzieher
der Christenverfolgung im Bundesstaat Karnataka verhaftet. Mahendra Kumar von der
radikalen Hindu-Partei Bajrang Dal soll hinter den Angriffen auf mindestens 20 christliche
Kirchen in den südindischen Städten Mangalore, Chikmaglur und Udupi vor einer Woche
stecken, wie die indische Presse am Sonntag berichtet. Außer Kumar seien weitere 77
Männer verhaftet worden, die meisten Mitglieder von Bajrang Dal. Die antichristlichen
Ausschreitungen in Karnataka folgten der Gewalt gegen Christen im Bundesstaat Orissa,
wo nach unbestätigten Angaben mindestens 45 Menschen starben und Zehntausende in die
Flucht getrieben wurden. 56 Kirchen, 11 Schulen und 4 weitere kirchliche Einrichtungen
sollen zerstört worden sein. (rv/kna 21.09.2008 sk)