Mit einer großen Messe
unter freiem Himmel hat Papst Benedikt XVI. am Sonntag der Marienerscheinungen in
Lourdes vor 150 Jahren gedacht. Die Kirche in Frankreich ermutigte er dabei zu neuem
missionarischem Geist. Vor allem junge Menschen rief er zu einem entschiedenen christlichen
Einsatz in der Kirche und der Welt auf.
„Die erste Berufung des Heiligtums
von Lourdes ist jene, ein Ort der Begegnung mit Gott im Gebet zu sein und ein Ort
des Dienstes an den Brüdern, besonders durch die Aufnahme der Kranken, der Armen und
all jener Menschen, die leiden.“ Das Wasser für den Ritus der Tauferinnerung
war von der Lourdesquelle genommen, die in der Grotte während der Erscheinungen 1858
entsprungen war und in deren Wasser Pilger gebadet werden. 150.000 Gläubige hatten
sich um die Altarinsel auf der „Prairie“ genannten Freifläche gegenüber der Grotte
und den Badehallen versammelt. Lourdes ist ein internationaler Ort, mehrere Millionen
Pilger kommen jährlich aus aller Welt hierher. Auch der Gottesdienst mit dem Oberhaupt
der Weltkirche zeugte davon, Lieder, Fürbitten und Lesungen wurden in verschiedenen
Sprachen vorgetragen. Mächtig wirkte die Musik in diesem Gottesdienst; Pauken ertönten
und Trompeten erschallten zum Fest Kreuzerhöhung. Papst Benedikt: „Die Kirche
lädt uns ein, dieses glorreiche Kreuz voll Stolz zu erheben, damit die Welt sehen
kann, wie weit die Liebe des Gekreuzigten zu den Menschen gegangen ist. Sie lädt uns
ein, Gott zu danken, denn von einem Baum, der den Tod gebracht hat, ist das Leben
neu hervorgegangen. … Mitten unter uns ist jener, der uns so sehr geliebt hat, dass
er sein Leben für uns hingegeben hat, jener, der jeden Menschen einlädt, vertrauensvoll
zu ihm zu kommen.“
Lourdes ist einer der größten Marienwallfahrtsorte überhaupt;
doch die Botschaft bleibt nicht beim Bild der Licht umstrahlten „schönen Dame“ stehen.
Lourdes will durch Maria zu Christus führen. Ihre erste Erscheinung vor Bernadette
begann mit dem Kreuzzeichen, erinnerte auch der Papst. „Mehr als um ein
einfaches Zeichen handelt es sich dabei um eine Einführung in die Geheimnisse des
Glaubens, die Bernadette von Maria erhält. Das Kreuzzeichen ist gewissermaßen die
Zusammenfassung unseres Glaubens, denn es sagt uns, wie weit Gottes Liebe zu uns gegangen
ist.“
Die Universalität dieser Liebe Gottes zu den Menschen habe Maria
bei ihren Erscheinungen hier in Lourdes offenbart. „Sie lädt alle Menschen guten
Willens ein, alle, die seelisch oder körperlich leiden, die Augen zum Kreuz Jesu zu
erheben, um dort die Quelle des Lebens, die Quelle des Heils zu finden. … Heute kommt
Maria uns entgegen, um uns die Wege für eine Erneuerung des Lebens unserer Gemeinden
und unseres eigenen Lebens aufzuzeigen.“
Die Kirche habe einen klaren Auftrag
- weltweite Verkündigung. In der Annahme des Sohnes liege eine Kraftquelle, so Benedikt
XVI. weiter, an der die Kirche sich für ihren Dienst stärken könne. „Jesus,
geboren von Maria, ist der Sohn Gottes, der einzige Erlöser aller Menschen, der in
seiner Kirche und in der Welt lebt und wirkt. Die Kirche hat überall in der Welt die
Sendung, diese eine Botschaft zu verkünden und die Menschen einzuladen, sie durch
eine echte Bekehrung des Herzens aufzunehmen.“
Nach dem Dialog über die
Trennung von Kirche und Staat, dem Plädoyer für die Rückbesinnung auf christliche
Wurzeln in Paris folgte an diesem Sonntag ein Appell an die Kirche Frankreichs: „Im
Gefolge der großen Glaubensboten Eures Landes möge der missionarische Geist, der im
Lauf der Jahrhunderte so viele Männer und Frauen Frankreichs erfüllt hat, weiterhin
Euer Stolz und Eure Aufgabe sein.“
Doch die Botschaft Marias, ihre Glaubensunterweisung
an Bernadette, gelte auch jedem Einzelnen, so der Papst. Mit dem Blick auf Maria finde
der Mensch seine Würde wieder. „Sich ganz Gott überlassen bedeutet den Weg der
wahren Freiheit finden. Denn wenn er sich zu Gott wendet, wird der Mensch er selbst.
Er findet seine ursprüngliche Berufung als Person wieder, die nach dem Bild Gottes
und ihm ähnlich geschaffen ist.“
Maria lädt zum Gebet ein - für den Christen
eine unverzichtbare Kraftquelle, mahnte der Papst: „Wer betet, vertut nicht
seine Zeit, selbst wenn die Situation alle Anzeichen der Dringlichkeit besitzt und
einzig zum Handeln zu treiben scheint. … Sich ganz von den Aktivitäten in Anspruch
nehmen lassen bringt die Gefahr mit sich, dass das Gebet seine spezifische christliche
Bedeutung und seine wahre Wirksamkeit verliert.“ Auch das in Lourdes so zentrale
Rosenkranzgebet führe letztlich „zur Betrachtung des Antlitzes Christi“. Wie die Kirche
als Ganzes rufe die Botschaft von Lourdes auch einzelne Männer und Frauen in die Nachfolge,
so Benedikt, der die zahlreichen jungen Pilger und Freiwilligen in Lourdes einmal
mehr zum entschiedenen „Ja“ zu einer christlichen Berufung animierte, in der Ehe,
als Priester oder in einer Ordensgemeinschaft.
Er selbst, betonte der Papst,
nenne Maria gern „Stern der Hoffnung“. „Auf den Wegen unseres Lebens,
die so oft dunkel sind, ist sie das Licht der Hoffnung, das uns erleuchtet und uns
auf unserm Pfad die Richtung weist. Durch ihr ,Ja’, durch das großherzige Geschenk
ihrer selbst hat sie Gott die Türen unserer Welt und unserer Geschichte geöffnet.
Und sie lädt uns ein, wie sie in einer unerschütterlichen Hoffnung zu leben und nicht
auf jene zu hören, die behaupten, wir seien Gefangene des Schicksals.“ Ihre
mütterliche Gegenwart begleite alle Männer und Frauen, die Familien und Nationen.
Auch im abschließenden Angelusgebet ging der Papst in seinen Grußworten darauf noch
einmal ein. Seine Worte auf Deutsch: „Von Herzen grüße ich die Pilger
deutscher Sprache hier in Lourdes, besonders die Kranken, sowie alle, die über Rundfunk
und Fernsehen mit uns verbunden sind. Maria ist unsere Mutter. Mit ihrer mütterlichen
Fürsorge ist sie uns nahe. Dies dürfen wir immer wieder erfahren, gerade auch an diesem
Wallfahrtsort. Als ihre Kinder wollen wir Maria unser Leben anvertrauen – Freuden
und Sorgen, Krankheit und Leid, all unsere Anliegen. Denn wir wissen: Maria führt
uns sicher zu ihrem Sohn Jesus Christus, dem Quell der Hoffnung und des Heils. Der
Herr schenke euch und euren Lieben die Fülle seiner Gnade.“