Medien zu Papst-Besuch: Trennung von Kirche und Staat im Zentrum
Die französischen Medien haben am Samstag in großer Aufmachung über den ersten Tag
der Reise von Papst Benedikt XVI. in das Land berichtet. Für viele Zeitungen stand
in den Kommentaren die Debatte um die weltanschauliche Neutralität des Staates, die
französische „laicité“, im Mittelpunkt. In der Zeitung „Le Monde“ hieß es, die „laicité“
sei das Zentrum der Reden am ersten Tag der Papstreise gewesen. Ihr Kommentar verwies
zudem darauf, der für Samstag geplante Gottesdienst des Papstes vor dem Pariser Invalidendom
trage rückwärtsgewandte Akzente. So seien die liturgischen Gewänder von Benedikt XVI.
in einer den Traditionalisten nahestehenden Abtei geschneidert worden.
Die
Zeitung „Liberation“ vermerkte, Staatspräsident Nicolas Sarkozy habe bei der Begrüßung
des katholischen Kirchenoberhaupts zwar seine umstrittene Forderung nach einer „positiven
Laizität“ erneuert, diesmal aber kontroverse Äußerungen vermieden. Auch „La Depeche"
schrieb, der Präsident habe im Gegensatz zu früheren Reden keinen Lobgesang der Religionen
angestimmt, auch wenn er den Wunsch nach einer „positiven Laizität“ bekräftigt habe.
In der Zeitung „L'Alsace“ hieß es dagegen, Sarkozy habe mit seiner Begrüßungsrede
erneut die Verteidiger einer weltanschaulichen Neutralität des Staates beunruhigt.
Die Bürger erwarteten von ihrem Präsidenten vor allem, ihre Lebensbedingungen im Diesseits
zu verbessern.
Der Kommentator der Tageszeitung „France-Soir“ unterstrich,
bei den anstehenden Debatten über Fragen der Bioethik und der Genforschung werde sich
das Verhältnis von Kirche und Staat konkret überprüfen lassen. Dabei müsse aber die
Politik das letzte Wort haben. In „La Voix du Nord“ hieß es, die Debatte über die
Laizität habe mit den Reden vom Freitag etwas mehr Gelassenheit erfahren. Dazu habe
beigetragen, dass Benedikt XVI. noch während der Anreise im Flugzeug an das Bibelwort
erinnert habe, dass dem Kaiser zu geben sei, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes
ist.
Die katholische Tageszeitung „La Croix“ betonte, Benedikt XVI. habe die
Trennung von Kirche und Staat ausdrücklich gebilligt. Ihm sei aber ebenso wichtig
gewesen, darauf zu bestehen, dass die religiösen Führer die Möglichkeit haben müssten,
die Politik auf ihre Verantwortung hinzuweisen.
Die Tageszeitung „Le Figaro“
schrieb, der Papst habe es in der Zeit seit seinem Amtsantritt 2005 geschafft, seinen
Stil zu finden. Dabei sei er Pädagoge und Theologe, dem die großen Gesten seines Vorgängers
Johannes Paul II. fremd seien. Die Zeitung „Ouest-France“ kommentierte, der Papst
habe sich in seinen ersten Reden in Paris als „Sämann der Nächstenliebe und der Hoffnung“
gezeigt. Der Kommentator des Blattes begrüßte zudem die Absage von Benedikt XVI. an
jede Form des Fundamentalismus.