2008-09-12 20:42:00

Papstworte an die Jugend - Volltext


Papstworte beim kleinen Weltjugendtag: Jugendliche aus Frankreich haben sich zu einer Gebetswache auf dem Vorplatz der Kathedrale Notre Dame versammelt, Benedikt XVI. sprach nach der Vesper zu ihnen.

Wir dokumentieren die Ansprache in offizieller dt. Übersetzung:

Liebe Jugendliche!

Nach der inneren Sammlung beim Vespergottesdienst in Notre-Dame begrüßt ihr mich an diesem Abend voll Enthusiasmus und verleiht damit dieser Begegnung einen festlichen und sehr sympathischen Charakter. Das ruft mir jene unvergessliche Begegnung vom vergangenen Juli in Sydney in Erinnerung, an der einige von euch anlässlich des Weltjugendtages teilgenommen haben. Heute Abend möchte ich zu euch über zwei Punkte sprechen, die eng miteinander verknüpft sind und einen wahren Schatz darstellen, an den ihr euer Herz werdet hängen können (vgl. Mt 6,21).

Der erste Punkt bezieht sich auf das für Sydney gewählte Thema. Es ist auch das Thema eurer Gebetsvigil, die in wenigen Minuten beginnen wird. Es handelt sich um eine Stelle aus der Apostelgeschichte, dem Buch, das manche sehr zutreffend als das Evangelium des Heiligen Geistes bezeichnen: „Ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, der auf euch herabkommen wird; und ihr werdet meine Zeugen sein“ (Apg 1,8). Sydney hat vielen Jugendlichen die Bedeutung des Heiligen Geistes im Leben des Christen neu entdecken lassen. Der Geist bringt uns innerlich in Beziehung zu Gott, in dem die Quelle allen echten menschlichen Reichtums liegt. Ihr alle strebt danach, zu lieben und geliebt zu werden! Ihr müsst euch Gott zuwenden, um lieben zu lernen und die Kraft zum Lieben zu haben. Der Geist, der Liebe ist, vermag eure Herzen für den Empfang echter Liebe zu öffnen. Ihr sucht alle die Wahrheit und wollt von ihr leben! Diese Wahrheit ist Christus. Er ist der einzige Weg, die einzige Wahrheit und das wahre Leben. Christus nachfolgen bedeutet in der Tat „ins Weite hinausgehen“, wie es in den Psalmen an mehreren Stellen heißt. Der Weg der Wahrheit ist einer und zugleich vielfältig gemäß den verschiedenen Charismen, genau wie die Wahrheit eine ist und zugleich einen unerschöpflichen Reichtum darstellt. Vertraut euch dem Heiligen Geist an, um Christus zu entdecken. Der Geist muss unser Gebet leiten, er ist die Seele unserer Hoffnung und die Quelle wahrer Freude.

Ich ermuntere euch, diese Glaubenswahrheiten dadurch zu vertiefen, dass ihr über die Größe des Sakraments der Firmung nachdenkt, dass ihr empfangen habt und das euch in ein erwachsenes Glaubensleben einführt. Es muss dringend immer besser verstanden werden, um die Qualität und Tiefe eures Glaubens zu bestätigen und ihn zu stärken. Der Heilige Geist lässt euch dem Geheimnis Gottes näher kommen und begreifen, wer Gott ist. Er lädt euch ein, in eurem Nächsten den Bruder zu sehen, den Gott euch geschenkt hat, damit ihr mit ihm menschlich und geistlich in Gemeinschaft lebt, also in der Kirche lebt. Indem er euch enthüllt, wer der gestorbene und auferstandene Christus ist, spornt er euch dazu an, Zeugnis zu geben. Ihr müsst unbedingt von Christus reden – in eurer Umgebung, bei euren Familien und Freunden, an euren Studien- und Arbeitsplätzen oder in der Freizeit. Habt keine Angst! Habt „den Mut, das Evangelium zu leben, und die Beherztheit, es zu verkünden!“ (Botschaft zum 23. Weltjugendtag, 20. Juli 2007). Ich ermutige euch darum, die Worte bereit zu halten, die ihr braucht, um in eurer Umgebung Gott zu verkündigen, indem ihr euer Zeugnis auf die Kraft des Geistes stützt, um den ihr gebetet habt. Bringt den gleichaltrigen Jugendlichen und auch den anderen die Frohe Botschaft! Sie kennen die Turbolenzen in den Beziehungen, die Sorge und Unsicherheit angesichts von Arbeit und Studium. Sie sind mit Leiden konfrontiert und sie erleben einzigartige Freuden. Gebt Zeugnis von Gott, denn als Jugendliche gehört ihr auf Grund eurer Taufe und wegen des gemeinsamen Glaubensbekenntnisses voll zur katholischen Gemeinschaft (vgl. Eph 4,5). Die Kirche vertraut auf euch! Es ist mir wichtig, euch das zu sagen.

In diesem Jahr, das dem heiligen Paulus gewidmet ist, möchte ich euch einen zweiten Schatz anvertrauen, der im Zentrum des Lebens dieses faszinierenden Apostels stand. Es handelt sich um das Geheimnis des Kreuzes. Am Sonntag werde ich in Lourdes zusammen mit unzähligen Pilgern das Fest der Kreuzerhöhung feiern. Viele von euch tragen eine Halskette mit einem Kreuz. Auch ich trage eine, wie übrigens alle Bischöfe. Das Kreuz ist weder Zierde noch Schmuck. Es ist das kostbare Symbol unseres Glaubens, das sichtbare und materielle Zeichen der Zugehörigkeit zu Christus. Der heilige Paulus spricht am Anfang seines ersten Briefes an die Korinther mit aller Klarheit vom Kreuz. In Korinth lebte eine unruhige und aufmüpfige Gemeinde, die den Gefahren der Verdorbenheit des Lebens um sie herum ausgesetzt war. Es sind ähnliche Gefahren, wie wir sie heute kennen. Ich nenne nur die folgenden: die Streitigkeiten und Auseinandersetzungen in der Gemeinschaft der Gläubigen, die von angeblichen religiösen oder philosophischen Weisheitslehren angebotene Verlockung, die Oberflächlichkeit des Glaubens und die moralische Zügellosigkeit. Der heilige Paulus schreibt zu Beginn seines Briefes: „Das Wort vom Kreuz ist denen, die verlorengehen, Torheit; uns aber, die gerettet werden, ist es Gottes Kraft“ (1 Kor 1,18). Dann zeigt der Apostel die einzigartige Gegensätzlichkeit auf, die gottgemäß und menschengemäß zwischen Weisheit und Torheit besteht. Er spricht davon, während er an die Gründung der Kirche in Korinth und an seine eigene Verkündigung erinnert. Abschließend legt er den Akzent auf die Schönheit der Weisheit Gottes, die Christus und in seiner Nachfolge die Apostel der Welt und den Christen verkündet haben. Diese geheimnisvolle und verborgene Weisheit (vgl. 1 Kor 2,7) ist uns vom Geist offenbart worden, denn „der irdisch gesinnte Mensch lässt sich nicht auf das ein, was vom Geist Gottes kommt. Torheit ist es für ihn, und er kann es nicht verstehen, weil es nur mit Hilfe des Geistes beurteilt werden kann“ (1 Kor 2,14).

Der Geist öffnet den menschlichen Verstand für neue Horizonte, die über ihn hinausgehen, und er lässt ihn erkennen, dass die einzige wahre Weisheit in der Größe Christi liegt. Für die Christen symbolisiert das Kreuz die Weisheit Gottes und seine unendliche Liebe, die offenbar wurde in der heilbringenden Hingabe des gestorbenen und auferstandenen Christus für das Leben der Welt, besonders für das Leben eines und einer jeden von euch. Möge euch diese aufregende Entdeckung Einladung zur Achtung und Verehrung des Kreuzes sein! Es ist nicht nur das Zeichen eures Lebens in Gott und eures Heils, sondern es ist auch – ihr versteht das – der stumme Zeuge der Leiden der Menschen und zugleich der einzigartige und kostbare Ausdruck aller ihrer Hoffnungen. Liebe Jugendliche, ich weiß, dass die Verehrung des Kreuzes mitunter auch Spott und sogar Verfolgung nach sich zieht. Das Kreuz gefährdet gewissermaßen die menschliche Sicherheit, aber es stärkt auch und vor allem die Gnade Gottes und bekräftigt unser Heil. Heute Abend möchte ich euch das Kreuz Christi anvertrauen. Der Heilige Geist wird euch dessen Geheimnisse der Liebe begreifen lassen, und ihr werdet dann mit dem heiligen Paulus rufen: „Ich aber will mich allein des Kreuzes Jesu Christi, unseres Herrn, rühmen, durch das mir die Welt gekreuzigt ist und ich der Welt“ (Gal 6,14). Paulus hat das – scheinbar widersprüchliche – Wort Jesu verstanden, gemäß dem wir das Leben nur dann gewinnen können, wenn wir es hingeben („verlieren“) (vgl. Mk 8,35; Joh 12,24), und er schloss daraus, dass das Kreuz das grundlegende Gesetz der Liebe ausdrückt, die vollkommene Formel des wahren Lebens. Möge die Vertiefung des Geheimnisses vom Kreuz einige unter euch den Ruf dazu entdecken lassen, im Priester- oder Ordensleben auf umfassendere Weise Christus zu dienen!
  Es ist nun Zeit, die Gebetsvigil zu beginnen, zu der ihr euch heute Abend hier versammelt habt. Vergesst nicht die beiden Schätze, die der Papst euch heute Abend dargelegt hat: den Heiligen Geist und das Kreuz! Zum Abschluss möchte ich euch noch einmal sagen, dass ich auf euch vertraue, liebe Jugendliche, und ich möchte, dass ihr heute und morgen die Achtung und Liebe der Kirche spürt! Gott begleite euch jeden Tag und segne euch sowie eure Familien und eure Freunde. Gern erteile ich euch sowie allen Jugendlichen Frankreichs den Apostolischen Segen.

(rv 12.09.2008)








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