2008-09-08 13:22:25

Papst trifft Jugendliche auf Sardinien


RealAudioMP3 Benedikt XVI. hat am Sonntag Sardinien besucht. In der Hauptstadt Cagliari feierte er am Morgen eine große Messe; nachmittags traf er sich dann im Zentrum der Stadt mit Jugendlichen.

„Das ist ja wie ein kleiner Weltjugendtag, aber ganz auf sardisch“, scherzte der Papst, als Tausende von jungen Leuten, darunter viele in der typischen Tracht der Insel, ihn stürmisch empfingen. Auch die Musik erinnerte manchmal an die großen Weltjugendtage; manchmal wurde sie allerdings auch sehr „sardisch”. „Wir jungen Leute von Sardinien sind wie unsere Insel: schön und gleichzeitig schwierig“, meinte eine junge Sprecherin zur Begrüßung des Papstes. „Wir sind warm wie die Sonne hier und in Traditionen verwurzelt wie unsere Bäume. Aber unsere Insel hat an vielen Stellen auch eine harte, schwer zu bearbeitende Erde. Das erinnert an die Schwierigkeiten, die wir hier erleben: Jahre aufgeopfert für einen Arbeitsplatz, der niemals kommt; der Exodus von der Insel oder, schlimmer noch, die prekären Lebensverhältnisse. Die Perspektivlosigkeit. Die Unmöglichkeit, unter solchen Umständen eine Familie zu gründen. Das Meer, das uns umgibt, ist manchmal wie ein goldener Käfig – es isoliert uns von einer Welt, die bestimmt nicht schöner ist als unsere... aber größer. Und darum bietet sie auch mehr Möglichkeiten, zu studieren, zu arbeiten, sich auszutauschen.“

„Ich kenne die Schwierigkeiten und Probleme, die ihr habt: die Arbeitslosigkeit und prekäre Arbeitsverhältnisse, die Emigration, das Abwandern der frischeren und unternehmenden Kräfte und die psychologischen und moralischen, nicht nur sozialen Schäden, die das mit sich bringen kann. Und was soll man dann noch sagen von unserer heutigen Konsum-Gesellschaft, in der Verdienen und Erfolg die neuen Götzen sind, vor denen sich alle niederwerfen? Man misst doch heutzutage nur noch dem einen Wert bei, der gut verdient, nicht dem, der sich mühsam jeden Tag mit seinem Alltag herumschlagen muss.“

Das Besitzen und der „Applaus der Leute“ seien, so Benedikt, an die Stelle des Arbeitens an sich selbst getreten, an die Stelle der Ausbildung einer „authentischen Persönlichkeit“. Dem setzte der Papst drei Schlagworte entgegen: Famiglia, formazione e fede. Familie, Ausbildung und Glaube.

„Ihr kennt alle, als Kinder eurer Eltern oder als Geschwister, den Wert von Familie; aber die Fähigkeit, eine neue bilden zu können, wird einem nicht geschenkt. Man muss sich darauf vorbereiten. Früher half einem die traditionelle Gesellschaft mehr dabei, eine Familie zu bilden und zu beschützen. Heute ist das nicht mehr so – oder es ist vielleicht noch auf dem Papier so, aber de facto ist die herrschende Mentalität doch eine andere. Man erlaubt andere Arten des Zusammenlebens; manchmal gebraucht man den Begriff Familie für Verbindungen, die in Wirklichkeit keine Familie sind. Vor allem aber hat sich die Fähigkeit der Eheleute, die Einheit ihrer Familie auch unter großen Opfern zu verteidigen, im heutigen Umfeld doch sehr reduziert. Liebe junge Leute, eignet euch den Wert der Familie neu an! Liebt sie nicht nur um des Herkommens willen, sondern durch eine reife und bewusste Wahl! Liebt eure Ursprungsfamilie und bereitet euch darauf vor, die Familie zu lieben, die ihr mit Gottes Hilfe bilden werdet! Ich sage: Bereitet euch vor, denn bei echter Liebe wird nicht improvisiert. Liebe besteht nicht nur aus Gefühl, sondern auch aus Verantwortung, Beständigkeit und Pflichtgefühl. Und das alles kann man lernen...“

Apropos Lernen: Formazione, Ausbildung – das war das zweite Stichwort des Papstes. Die „Krise einer Gesellschaft“ beginne, wenn die Weitergabe ihres kulturellen Erbes und ihrer grundlegenden Werte an die kommenden Generationen nicht mehr klappe – „und das sage ich nicht nur mit Blick auf das Schulsystem“, so Benedikt. Die Wahrheit mache frei, auch wenn der „moderne Nihilismus“ das Gegenteil predige: nämlich dass die Freiheit auch wahr macht. Eine beißende Formulierung. Und das dritte Stichwort Benedikts hieß Fede, also Glauben – da sollten die jungen Sarden es mit dem heiligen Augustinus halten und sich auf die Entdeckungsreise nach Gott machen, bis sie ihn finden.

„Dann werdet ihr keine Angst mehr haben, eure Freiheit zu verlieren, weil er sie in Fülle leben werdet, indem ihr sie aus Liebe fahren lasst. Ihr werdet nicht mehr an die materiellen Güter gebunden sein, weil ihr in euch die Freude des Teilens spüren werdet. Ihr werdet nicht mehr traurig sein über die Traurigkeit der Welt, sondern Schmerz über das Böse spüren und Freude über das Gute, vor allem über Erbarmen und Vergebung. Und wenn das so ist, dann werdet ihr wirklich Gott gefunden haben... im Gesicht Christi. Dann werdet ihr in der Kirche keine starre Institution mehr sehen, sondern eure geistliche Familie – so wie wir sie auch jetzt, in diesem Moment, erleben. Das ist der Glaube, den eure Väter euch weitergegeben haben. Diesen Glauben sollt ihr heute, in ganz anderen Zeiten, leben.“

(rv 08.09.2008 sk)










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