2008-08-20 14:43:17

D: Religionslehrer machen ihre Arbeit gerne


Ein guter, junge Christen aktivierender Religionsunterricht ist wesentlich für eine funktionierende Kirche und für gelebten Glauben. Religionsunterricht ist dabei in einer konfliktträchtigen Situation: Er ist einerseits eingebunden in das staatliche Schulsystem und wird gehalten von staatlichen Beamten. Andererseits ist er zugleich Kirche. Lothar Kuld ist katholischer Religionspädagoge, Professor an der Pädagogischen Hochschule im oberschwäbischen Weingarten und beschäftigt sich unter anderem mit den Haltungen von Religionslehrern, sowohl katholischen als auch evangelischen. Machen Religionslehrer ihren Beruf gerne? Lothar Kuld:

"Nach den Untersuchungen, die ich kenne und an denen ich auch beteiligt war: Ja! Auf die Frage, würden Sie den Job gerne aufgeben, sagen mehr als 80 Prozent eindeutig nein. Und vielleicht noch eine Zahl: In Baden-Württemberg sagten 53 Prozent aller Lehrkräfte, dass sie gerne mehr Religionsunterricht geben würden."

Was soll Religionsunterricht sein? Soll er eine religiöse Sozialisation versuchen, volkskirchliche Vollzüge in sich aufnehmen, Wissen vermitteln oder mehr ein unverbindliches Angebot sein, dass sich Kinder und Jugendliche zu Religion, Glaube und Kirche verhalten können? Worum geht es im Religionsunterricht in den Augen der Lehrer?

"Es geht um Verstehen und auch um Aufbau von Wissen, um an Religion teilnehmen zu können - oder auch begründet nicht teilnehmen zu müssen. Es geht immer um Verhalten zu Religion. Der Unterricht soll nicht überwältigen, er soll nicht überzeugen, sondern er soll argumentieren, er soll verstehen helfen. Und das ist letztlich das, was man mit Bildung meint. Selbst da, wo z.B. im Grundschulbereich ein Lehrer ein Gebet spricht, geht es immer darum zu zeigen, wie Religion funktioniert, wie man das macht. Es wird immer auch darüber gesprochen."

Nochmals Klartext: nach heutigem pädagogischem Verständnis ist Religionsunterricht nicht dazu da, die Kinder von Gott zu überzeugen, sondern ihnen Werkzeuge in die Hand zu geben, damit sie für sich entscheiden können, ob sie die kirchliche Lehre annehmen wollen. Freilich unterrichten auch Pfarrer, Diakone oder Pastoralreferentinnen Religion an deutschen Schulen. Sie haben im Vergleich zu ausgebildeten Lehrern erhebliche Schwierigkeiten mit diesem modernen Verständnis von Religionsunterricht. Lothar Kuld beobachtet,

"dass offensichtlich ein Teil dieser Lehrkräfte eher von ihrem gemeindekirchlichen Zugang her denkt und Schule eher als eine Pflicht wahrnimmt, und deswegen ist die Berufszufriedenheit in dieser Gruppe schwächer, vor allem wenn Sie im gymnasialen Bereich nachschauen. Bei den Katecheten, die in der Grundschule arbeiten, ist es nicht so stark."

Baden-Württemberg erprobt derzeit einen konfessionsübergreifenden Religionsunterricht. Dabei unterrichtet ein katholischer oder ein evangelischer Lehrer Kinder beider Konfessionen gemeinsam. Begleitende Untersuchungen zeigen, so Kuld, dass der Religionslehrer auch im integrierten Unterricht seinen eigenen konfessionellen Standort behält:

"Wenn zum Beispiel eine evangelische Lehrkraft über Maria spricht, dann ist das immer eher evangelisch getönt, selbst wenn sie weiß, die Katholiken haben hier eine andere Auffassung. Sie wird das mitteilen. Die Farbe, wie es gemacht wird, ist anders."

Religionsunterricht soll also, so das moderne Verständnis der Religionspädagogik, den Mittelweg zwischen religiöser Bildung und religiöser Erziehung gehen. Lothar Kuld denkt, dass sich eine solche Auffassung auch allmählich bei den Muslimen und im islamischen Religionsunterricht durchsetzen wird:

"Die gegenwärtigen Ausbildungsgänge, die in Deutschland aufgebaut werden, die ich kenne und die von den Muslimen auch akzeptiert sind, die gehen in diese Richtung. Und so werden sie die gleiche Bewegung im deutschen Schulwesen haben."

(rv 20.08.20998 mch)








All the contents on this site are copyrighted ©.