Die Reise des libanesischen
Präsidenten Suleiman nach Damaskus vor zwei Tagen wird international als Zeichen der
Entspannung gewertet (Radio Vatikan berichtete). Die beiden Staatsoberhäupter beschlossen,
ihre diplomatischen Beziehungen wieder aufzunehmen und sich langfristig auf eine gemeinsame
Grenze zu einigen. Das Attentat in Tripolis im Nord-Libanon Anfang der Woche zeigt
aber gleichzeitig, wie konfliktgeladen die Stimmung im Land noch immer ist. Um
eine Bewertung der politisch-religiösen Situation haben wir den maronitischen Bischof
von Byblos, Bechara Rai gebeten:
„Dieses Attentat wurde verübt, um die voranschreitende
Normalisierung der Beziehungen zwischen den beiden Ländern zu boykottieren. Vielleicht
handelte es sich auch um eine Aktion des libanesischen Heeres. Dieser Terrorismus
zielt darauf ab, die Einheit des Heeres zu destabilisieren, aber das Grundproblem
dabei bleibt aus meiner Sicht immer dasselbe: der berühmte Konflikt zwischen Sunniten
und Schiiten.“
Dass der religiöse Konflikt stets neu aufreißt, liege weniger
an den Libanesen selbst, als vielmehr an den internationalen Mächten, die sich im
Libanon austobten:
„Das ganze libanesische Volk möchte die Einheit. Es gibt
eigentlich keine Probleme unter den Libanesen; es ist ihnen viel wichtiger, mit all
dem abzuschließen. Aber wir dürfen nicht vergessen, dass die Ereignisse im Libanon
sozusagen „ferngesteuert“ werden durch regionale und internationale Kräfte: Hinter
den Sunniten stehen Saudi-Arabien, Ägypten und die USA; hinter den Schiiten der Iran
und Syrien. Der Libanon wird niemals wahre Autonomie und Unabhängigkeit erlangen,
wenn er nicht diese Kräfte zu bändigen vermag, die von außen kommen.“