Am 5. August des letzten
Jahres starb in Paris Kardinal Jean-Marie Lustiger, einer der großen Grenzgänger des
jüdisch-christlichen Gesprächs. Lustiger war vom Judentum zum Christentum übergetreten,
ein großer Teil seiner Familie kam in den Konzentrationslagern der Nazis ums Leben.
Auf dem Gelände des früheren KZ Auschwitz-Birkenau fand deswegen jetzt ein spezielles
Totengedenken für Lustiger und seine Angehörigen statt – ein interreligiöses Gebet
zunächst und dann eine Messfeier, zelebriert vom früheren Krakauer Erzbischof Kardinal
Frantiszek Macharski. „Ich denke mit tiefer Bewegung an Lustiger; er war ein
großer Freund von mir. 1983 hatte er Auschwitz besucht, brach seinen Rundgang dort
aber ab, weil ihn das alles zu sehr aufwühlte. Ich habe dann in einem Gespräch mit
ihm gemerkt, wie intensiv er an der Tragödie seiner Familie und seines jüdischen Volkes
Anteil nahm. Seitdem spürte ich eine Art verschworenen Einverständnisses und gleicher
Sensibilität mit ihm, was die Vergangenheit betraf. Er kam später doch wieder nach
Auschwitz, auch wenn ihm das schwerfiel. Bis zu seinen letzten Tagen hat er diese
Tragödie gelebt...“ (rv )