2008-08-08 13:06:21

China: „Olympia wird Spuren hinterlassen“


RealAudioMP3 Mit einer Mega-Show starten in Peking die Olympischen Spiele. War es ein Fehler, „die größte Show der Welt“ an das kommunistische Riesenland zu vergeben? Nein, meint der Schweizer Kommunikationsberater Iwan Rickenbacher in einem Kommentar für uns. Olympia – das sei für China vor allem eine Chance.

„Menschenrechte und Demokratie sind nämlich Ergebnisse kollektiver Lernprozesse, die nie, auch in unseren alten Demokratien nicht, zu Ende sind. Die Diskussionen um Internet-Zensur, um den Umgang mit ausländischen Journalisten, um die Luftqualität über Peking und damit um den ökologischen Preis für den wirtschaftlichen Aufschwung bleiben der Bevölkerung Chinas nicht verborgen, beschäftigen die Autoritäten mit Bestimmtheit auch nach den Spielen. Kollektive Lernprozesse können durch Grossereignisse ausgelöst und gefördert werden.
Der Besuch der Sportwelt wird in China Spuren hinterlassen, positive, wenn die Spiele ohne gravierende Zwischenfälle abgeschlossen werden. Nur schon die Erfahrung, Tausende von Athleten, Betreuern, und Gästen, Medienschaffenden und Berichterstattern beherbergt zu haben, ohne gleich destabilisiert zu werden, kann die chinesischen Autoritäten gegenüber transnationaler Öffnung, auch für Demokratie und Menschenrechte gelassener werden lassen. Hoffen wir auf friedliche Spiele.“

(rv 08.08.2008 sk)

Lesen Sie hier den Volltext des Kommentars.

„Die olympischen Sommerspiele, die grösste Show der Welt, sind mit einer grandiosen Inszenierung vor den Augen von Millionen von Menschen an ihren Fernsehgeräten eröffnet worden.
Die Besten unter den Athletinnen und Athleten der Welt sollen sich im fairen Wettkampf messen, so geloben Athleten und Funktionäre im Rahmen der Eröffnungszeremonie feierlich. Niemand soll sich mit unerlaubten Mitteln und unfairen Methoden Vorteile verschaffen.
Nun, der Glaube an die allseitige Respektierung dieser Sportregeln ist bei vielen Zuschauerinnen und Zuschauer erheblich angekratzt. Im unmittelbaren Vorfeld der Spiele mussten Sportlerinnen und Sportler suspendiert werden, die in der Verbesserung ihrer Wettkampfstärke zu Doping gegriffen hatten, und es muss leider angenommen werden, dass weitere Übertretungen im Verlaufe der Spiele entlarvt werden.
Sind die Spiele deshalb überholt oder gar zu boykottieren? Sind besonders anfällige Sportarten zu suspendieren?

Im Vorfeld der olympischen Spiele in China ist viel von Verletzungen der Menschenrechte im grössten Land der Erde, von der mangelhaften Respektierung der Demokratie und des Rechtsstaates die Rede gewesen. Der olympische Fackellauf geriet in einigen Ländern zu einer Demonstration für die Rechte von Minderheiten im chinesischen Staat. Da und dort wurden gar Forderungen laut, die Teilnahme an den Spielen von einer Lösung der Tibetfrage abhängig zu machen und auf die Spiele hin im fernöstlichen Land westliche Grundsätze der Medien- und Informationsfreiheit durchzusetzen. Die Tibetfrage schwelt immer noch und Chinas Regeln im Umgang mit der Meinungsfreiheit entsprechen nicht indenen älterer Demokratien.

War es ein Fehlentscheid, die olympischen Sommerspiele 2008 durch China ausrichten zu lassen, wie Politiker da und dort und im Nachhinein mutmassen?

Ich meine, es sei zum einen richtig, trotz der Dopinggefahr sportliche Wettkämpfe dieses Ausmasses durchzuführen. Die Aufmerksamkeit, die weltweit diesem Anlass gewidmet wird, gilt auch den Übertretungen und Fehlentwicklungen im Sport, übrigens auch im Breitensport und deren Eindämmung. Es wird nach Olympia 2008 möglicherweise schwieriger werden, im Wettkampf zu betrügen.

Und es kann zum zweiten für China und die Welt eine Chance sein, die olympischen Spiele in einem Land durchzuführen, dessen Landmasse doppelt so gross ist wie die Europäische Union mit ihren 27 Staaten, in einem Land, in dem 1.3 Milliarden Menschen leben.
Menschenrechte und Demokratie sind nämlich Ergebnisse kollektiver Lernprozesse, die nie, auch in unseren alten Demokratien nicht, zu Ende sind. Die Diskussionen um Internet-Zensur, um den Umgang mit ausländischen Journalisten, um die Luftqualität über Peking und damit um den ökologischen Preis für den wirtschaftlichen Aufschwung bleiben der Bevölkerung Chinas nicht verborgen, beschäftigen die Autoritäten mit Bestimmtheit auch nach den Spielen. Kollektive Lernprozesse können durch Grossereignisse ausgelöst und gefördert werden.
Der Besuch der Sportwelt wird in China Spuren hinterlassen, positive, wenn die Spiele ohne gravierende Zwischenfälle abgeschlossen werden. Nur schon die Erfahrung, Tausende von Athleten, Betreuern, und Gästen, Medienschaffenden und Berichterstattern beherbergt zu haben, ohne gleich destabilisiert zu werden, kann die chinesischen Autoritäten gegenüber transnationaler Öffnung, auch für Demokratie und Menschenrechte gelassener werden lassen. Hoffen wir auf friedliche Spiele.“








All the contents on this site are copyrighted ©.